Ausgabe 06/2022
| Der Entwickler: Coverinterview mit Wolfgang Scheibenpflug | Zu Tisch mit ... Hans Jörg Ulreich | Kommentare von unter anderem Louis Obrowsky, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Frank Brün, Philipp Kaufmann, Walter Hammertinger, Jenni Wenkel, Martin Prunbauer, Klauf Baringer, Stefan Wernhart, Anita Körbler | Der Real Circle: Logistik- und Retailimmobilien | Über den Tellerrand: Vom Rüssel bis zum Schwanzerl | Energieoptimierung im Quartier | Logistik & ESG | Fuilmstadt reloaded |
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Zum Autor
Sebastian Beiglböck ist Geschäftsführer der Vereinigung
der gewerblichen Projektentwickler in Österreich.
(VÖPE).
Neue Regeln für Immobilienkredite rauben
der Jugend ihre Chancen auf Eigenheim
Kommentar: Sebastian Beiglböck
Seit 1. August dieses Jahres gelten neue Kriterien für Wohnbaukredite.
Für den Kauf einer Immobilie müssen nun 20 Prozent des Kaufpreises in
Form von Eigenkapital nachgewiesen werden. Darüber hinaus darf die
monatliche Kreditrate nur noch höchstens 40 Prozent des monatlich
verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen und die Laufzeit
der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen. In der öffentlichen Debatte
getarnt als „Umsetzung einer neuen EU-Richtlinie zur Vergabe von Immobilienkrediten“,
handelt es sich in Wirklichkeit um „gold plating“,
eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014 auf Basis der Empfehlungen von
diversen Gremien. Treibende Kraft dahinter war das von Nationalbank
und Finanzministerium beschickte Finanzmarktstabilitätsgremium.
Niemand von außen hat Österreich diesen Schritt vorgeschrieben.
Keine Überhitzung
Die „Überhitzung“ des österreichischen Immobilienmarkts als seinerzeitiges
Hauptargument für die neuen Regeln ist nicht nachvollziehbar und
entspricht nicht der Realität. Steigende Zinsen und explodierende Baukosten
sorgen schon jetzt für ein deutlich geringeres Bauvolumen, das
nicht noch durch unrealistische Kreditvergaberichtlinien weiter eingeschränkt
werden soll. Wir brauchen dringend ein praxisorientiertes Gremium
zur Neubewertung der Lage, in dem Regierungsverantwortliche,
Immobilienprojektentwickler, Geschäftsbanken und die Nationalbank
eine zeitgemäße Regelung erarbeiten, die es auch der jungen Generation
ermöglicht, sich ein Eigenheim zu schaffen.
Alle unzufrieden
Alle scheinen mit diesen Regeln unzufrieden – Bevölkerung, Politik
(sogar der Finanzminister), Bankensektor und auch die österreichischen
Projektentwickler. Nennen wir die Regeln doch beim Namen: Sie sind
eine weitere – leider typisch österreichische – eigentumsfeindliche
Maßnahme und ein Zukunftsraub an der Jugend. Denn welcher 30- oder
auch 40-Jährige kann angesichts der seit vielen Jahren sinkenden Realeinkommen
unter diesen Voraussetzungen noch eine Immobilie für die
eigene Familie finanzieren?
In der Schweiz sind zur Unterstützung des Eigentumserwerbs anfänglich
tilgungsfreie Wohnkredite mit sehr langer Laufzeit üblich. Sie ermöglichen
der jungen Generation unter überschaubarem Kapitaleinsatz
etwas aufzubauen, um dann erst bei steigendem Einkommen im Zuge
des beruflichen Fortkommens Tilgungen des Kredites vornehmen zu
können. So ein Modell bräuchten wir zur höheren Resilienz gegen Wirtschaftskrisen
und zur Schaffung von Eigentum als Vorsorge! Darüber
hinaus wären Entlastungen bei den Nebenkosten, insbesondere der
Grundbuchgebühr ein Gebot der Stunde, die schon morgen von der Politik
angegangen werden könnten.
Fotos: Alba Communications, Stephan Huger, Adobe Stock
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