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Militante Kirche und Staat

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies: das Gesetz der Moral; Himmel; Erde; der Befehlshaber; Methode und Disziplin. Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so daß sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen. Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit. Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Pässe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod. Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge. Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt, und die Kontrolle der militärischen Ausgaben…Jede Kriegführung gründet auf Täuschung...

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies: das Gesetz der Moral; Himmel; Erde; der Befehlshaber; Methode und Disziplin. Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so daß sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen. Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit. Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Pässe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod. Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge. Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt, und die Kontrolle der militärischen Ausgaben…Jede Kriegführung gründet auf Täuschung...

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Militant - <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> <strong>Staat</strong><br />

Abend die Beweisführungen auf. Zwei andere Studenten übernahmen es, diesen<br />

Verhandlungsbericht sowie die brieflichen Anfragen Ökolampads <strong>und</strong> seiner<br />

Glaubensbrüder an Zwingli zu befördern. Die Antworten des Reformators, die Ratschläge<br />

<strong>und</strong> Winke enthielten, mußten nachts geschrieben werden. Frühmorgens kehrten dann die<br />

Boten nach Baden zurück. Um der Wachsamkeit der an den Stadttoren postierten Hüter zu<br />

entgehen, trugen sie auf ihren Köpfen Körbe mit Federvieh <strong>und</strong> konnten so ungehindert<br />

durchgehen.<br />

Auf diese Weise kämpfte Zwingli mit seinen verschlagenen Gegnern. „Er hat“, schreibt<br />

Myconius, „während des Gesprächs durch Nachdenken, Wachen, Raten, Ermahnen <strong>und</strong><br />

Schreiben mehr gearbeitet, als wenn er der Disputation selbst beigewohnt hätte.“ Die<br />

Römlinge hatten sich im Vorgefühl ihres vermeintlichen Triumphes in ihren schönsten<br />

Kleidern <strong>und</strong> funkelndsten Juwelen nach Baden begeben. Sie lebten schwelgerisch; ihre<br />

Tafeln waren mit den köstlichsten Leckerbissen <strong>und</strong> ausgesuchtesten Weinen besetzt. Die<br />

Last ihrer geistlichen Pflichten wurde durch Schmausen <strong>und</strong> Lustbarkeiten erleichtert. In<br />

bezeichnendem Gegensatz dazu erschienen die Reformatoren, die vom Volk kaum höher<br />

angesehen wurden denn eine Schar von Bettlern, <strong>und</strong> deren anspruchslose Mahlzeiten sie<br />

nur kurze Zeit bei Tische hielten. Ökolampads Hauswirt, der den Anhänger Zwinglis auf<br />

seinem Zimmer zu überwachen suchte, fand ihn stets beim Studium oder im Gebet <strong>und</strong><br />

sagte sehr verw<strong>und</strong>ert: „Man muß gestehen, das ist ein sehr frommer Ketzer.“<br />

Bei der Versammlung betrat Eck „eine prächtig verzierte Kanzel, der einfach gekleidete<br />

Ökolampad mußte ihm gegenüber auf ein grobgearbeitetes Gerüste treten“. Ecks mächtige<br />

Stimme <strong>und</strong> unbegrenzte Zuversicht ließen ihn nie im Stich. Sein Eifer wurde durch die<br />

Aussicht auf Gold <strong>und</strong> Ruhm angespornt, war doch dem Verteidiger des Glaubens eine<br />

ansehnliche Belohnung zugesichert. Wo es ihm an besseren Belegen mangelte, überschrie er<br />

seinen Gegner <strong>und</strong> griff zu Schimpf-<strong>und</strong> Schandworten. Der bescheidene Ökolampad, der<br />

kein Selbstvertrauen hatte, war vor dem Streit zurückgeschreckt <strong>und</strong> erklärte am Anfang<br />

feierlich, daß alles nach Gottes Wort als Richtschnur ausgemacht werden sollte. Sein<br />

Auftreten war bescheiden <strong>und</strong> geduldig, doch erwies er sich als fähig <strong>und</strong> tapfer. „Eck, der<br />

mit der Schrift nicht zurechtkommen konnte, berief sich immer wieder auf Überlieferung<br />

<strong>und</strong> Herkommen. Ökolampad antwortete: ‚Über allen Übungen steht in unserem<br />

Schweizerlande das Landrecht. Unser Landbuch aber (in Glaubenssachen) ist die<br />

Bibel.‘“ Der Gegensatz zwischen den beiden Hauptrednern verfehlte seine Wirkung nicht.<br />

Die ruhige, klare Beweisführung Ökolampads <strong>und</strong> sein bescheidenes Betragen gewannen<br />

die Gemüter für ihn, die sich mit Widerwillen von den prahlerischen <strong>und</strong> lauten<br />

Behauptungen Ecks abwandten. Das Religionsgespräch dauerte 18 Tage. Am Ende<br />

beanspruchten die Anhänger Roms zuversichtlich den Sieg. Die meisten Abgesandten<br />

standen auf Roms Seite, <strong>und</strong> die Versammelten erklärten die Reformatoren für unterlegen<br />

<strong>und</strong> einschließlich ihres Oberhauptes Zwingli für aus der <strong>Kirche</strong> ausgeschlossen. Die<br />

Früchte dieses Religionsgespräches offenbarten jedoch, auf welcher Seite die Überlegenheit<br />

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