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Militante Kirche und Staat

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies: das Gesetz der Moral; Himmel; Erde; der Befehlshaber; Methode und Disziplin. Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so daß sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen. Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit. Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Pässe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod. Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge. Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt, und die Kontrolle der militärischen Ausgaben…Jede Kriegführung gründet auf Täuschung...

Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang führt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies: das Gesetz der Moral; Himmel; Erde; der Befehlshaber; Methode und Disziplin. Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so daß sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen. Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit. Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Pässe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod. Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge. Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt, und die Kontrolle der militärischen Ausgaben…Jede Kriegführung gründet auf Täuschung...

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Militant - <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> <strong>Staat</strong><br />

Auf diese Weise fand das Licht seinen Weg in viele der entlegensten Provinzen Frankreichs.<br />

Gott bereitete noch immer Mitarbeiter darauf vor, seine Sache auszudehnen. In einer der<br />

Schulen in Paris war ein tiefsinniger, ruhiger Jüngling, der bereits Beweise eines gewaltigen,<br />

durchdringenden Verstandes gegeben hatte <strong>und</strong> sich nicht weniger durch die Reinheit seines<br />

Lebens als durch vernünftigen Eifer <strong>und</strong> religiöse Hingabe auszeichnete. Seine Talente <strong>und</strong><br />

sein Fleiß machten ihn bald zum Stolz der Schule, <strong>und</strong> man sagte sich zuversichtlich, daß<br />

Johannes Calvin einer der tüchtigsten <strong>und</strong> geehrtesten Verteidiger der <strong>Kirche</strong> werden würde.<br />

Aber ein Strahl göttlichen Lichtes durchdrang sogar die Mauern der Schulweisheit <strong>und</strong> des<br />

Aberglaubens, von denen Clavin umgeben war. Mit Schaudern hörte er von den neuen<br />

Lehren, ohne den geringsten Zweifel zu hegen, daß die Ketzer das Feuer, dem sie übergeben<br />

wurden, vollständig verdienten. Ganz unwissentlich jedoch kam er mit der Ketzerei<br />

unmittelbar in Berührung <strong>und</strong> wurde gezwungen, die Macht der päpstlichen Theologie zu<br />

prüfen, um die protestantischen Lehren zu bekämpfen.<br />

Ein Vetter Calvins, der sich der Reformation angeschlossen hatte, befand sich in Paris.<br />

Die beiden Verwandten trafen sich oft <strong>und</strong> besprachen miteinander die Angelegenheiten,<br />

welche die Christenheit beunruhigten. „Es gibt nur zwei Religionen in der Welt“, sagte<br />

Olivetan, der Protestant, „die eine ist die, welche die Menschen erf<strong>und</strong>en haben <strong>und</strong> nach<br />

der die Menschen sich durch Zeremonien <strong>und</strong> gute Werke retten; die andere ist die Religion,<br />

welche in der Bibel offenbart ist <strong>und</strong> die lehrt, daß die Menschen nur durch die freie Gnade<br />

Gottes selig werden können.“<br />

„Weg mit euren neuen Lehren!“ rief Calvin. „Bildet ihr euch ein, daß ich mein ganzes<br />

Leben lang im Irrtum gewesen bin?“ Aber in ihm waren Gedanken erweckt worden, die er<br />

nicht willkürlich verbannen konnte. Allein in seinem Zimmer, dachte er über die Worte<br />

seines Vetters nach. Ein Bewußtsein der Sünde bemächtigte sich seiner; er sah sich ohne<br />

Mittler in der Gegenwart eines heiligen <strong>und</strong> gerechten Richters. Die Fürsprache der Heiligen,<br />

gute Werke, die Zeremonien der <strong>Kirche</strong>, sie alle waren machtlos, für die Sünde Genugtuung<br />

zu leisten. Calvin sah nichts vor sich als das Dunkel ewiger Verzweiflung. Vergebens<br />

bemühten sich die Gelehrten der <strong>Kirche</strong>, seiner Angst abzuhelfen, vergebens nahm er seine<br />

Zuflucht zu Beichte <strong>und</strong> Bußübungen: seine Seele konnten sie nicht mit Gott versöhnen.<br />

Während Calvin noch diese vergeblichen Kämpfe durchlebte, kam er eines Tages wie<br />

von ungefähr an einem der öffentlichen Plätze vorbei <strong>und</strong> wurde dort Augenzeuge der<br />

Verbrennung eines Ketzers. Er war betroffen über den Ausdruck des Friedens, der auf dem<br />

Angesicht des Märtyrers ruhte. Unter den Qualen jenes furchtbaren Todes <strong>und</strong> unter der<br />

noch schrecklicheren Verdammung der <strong>Kirche</strong> bek<strong>und</strong>ete er einen Glauben <strong>und</strong> Mut, den<br />

der junge Student schmerzlich mit seiner eigenen Verzweiflung <strong>und</strong> Finsternis verglich,<br />

während er doch in strengstem Gehorsam gegen die <strong>Kirche</strong> lebte. Auf die Bibel, so wußte er,<br />

stützten die Ketzer ihren Glauben, <strong>und</strong> er entschloß sich, die Heilige Schrift zu studieren,<br />

um womöglich das Geheimnis ihrer Freude zu entdecken.<br />

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