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Fussballfans und Feuerwerk Eine qualitative Untersuchung zum ...

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passiert, bezeichnen sie als sehr klein, weil nur ausgewählte Leute zünden, die mit den Fa-<br />

ckeln umgehen können. Ein weiterer Punkt, weshalb die Ultras das Risiko als sehr gering<br />

einschätzen ist die Tatsache, dass es in den Fankurven Selbstregulierungsprozesse gibt, mit<br />

denen sie unter anderem sicherstellen wollen, dass keine Pyro-Aktionen von einzelnen Per-<br />

sonen ausgehen. Die Selbstregulation im Bezug auf das Abbrennen von pyrotechnischem<br />

Material orientiert sich dabei an den bereits genannten Verhaltenscodes. Verstösst bei-<br />

spielsweise jemand gegen den Code des Fackelwerfens, kommt es in der Gruppe zu einem<br />

Prozess, der jedes Mal gleich abläuft. Die Gruppierung geht sofort auf diesen zu <strong>und</strong> weist<br />

ihn verbal zurecht. Je nach Schwere des Verstosses bekommt er die Möglichkeit, im Stadion<br />

zu bleiben <strong>und</strong> sich an die Regeln zu halten oder, im Falle eines groben Verstosses, wird er<br />

von den Fans aus dem Stadion verwiesen <strong>und</strong> somit der Polizei übergeben. Ein Ultra aus<br />

dem Szenekern erklärte, dass in der Regel versucht wird, ’Abtrünnige’ im Stadion zu behal-<br />

ten, da von den Ultras ein integrativer Ansatz verfolgt wird <strong>und</strong> ’schwierige Fälle’ auch lieber<br />

in der Nähe behalten werden, damit sie besser kontrolliert werden können. Wenn sich je-<br />

mand weiterhin nicht nach den Verhaltenscodes verhält, kann es so weit kommen, dass kör-<br />

perliche Gewalt eingesetzt wird um demjenigen klar zu machen, dass sein Verhalten nicht<br />

erwünscht ist. Dieses Sanktionierungsmittel steht unserer Ansicht nach im Widerspruch zur<br />

’nur verteidigenden’ Gewalt der Ultras. An ihre Grenzen stösst die Selbstregulierung dann,<br />

wenn eine grössere Gruppe auftaucht, welche gegen die Verhaltenscodes der Ultras ver-<br />

stösst. In diesem Fall greifen die Mechanismen nicht mehr <strong>und</strong> es kann dadurch zu Gewalt-<br />

eskalationen kommen. Ein Beispiel für die Grenzen der Selbstregulation ist der Vorfall vom<br />

2. Mai 2008 in Basel, als eine Gruppierung von Zürcher Fans unerwartet brennende Fackeln<br />

in den Familiensektor der Basler Fans geworfen hat. Die Gruppierung hatte bereits zuvor<br />

mehrmals gegen die selbst auferlegten Codes innerhalb der Zürcher Südkurve verstossen.<br />

Deshalb gab es mehrmals Auseinandersetzungen in den eigenen Reihen, worauf die<br />

Gruppierung von der Kurve ausgeschlossen wurde. Die darauf folgende Abspaltung von<br />

dieser mündete schliesslich im Vorfall in Basel. Die Tat hatte negative Auswirkungen auf<br />

die gesamte Fanszene. Unsere Befragten haben sich alle klar von diesem Vorfall distan-<br />

ziert <strong>und</strong> ihn verurteilt. Sie sind der Ansicht, dass auch in Zukunft der Ausschluss eines der-<br />

artigen Vorkommnisses nicht garantiert werden kann. Ein Ultra bezeichnet den Anspruch<br />

der Gesellschaft, dass solche Taten in einer Fankurve nicht passieren dürfen, als unrealis-<br />

tisch, da man von einer Fankurve nicht erwarten darf, was in der Gesellschaft ebenfalls<br />

nicht funktioniert.<br />

Über die Falltypen hinweg betrachtet fällt auf, dass die Ultras sich den Gefahren von pyro-<br />

technischem Material bewusst sind <strong>und</strong> eine differenzierte Meinung zu diesem Thema ha-<br />

ben. Durch den oben beschriebenen Verhaltenscodex wird deutlich, dass versucht wird, dem<br />

Problem gegenüberzutreten <strong>und</strong> das Risiko einzudämmen. Jedoch stösst auch dieses Sys-<br />

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