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Fussballfans und Feuerwerk Eine qualitative Untersuchung zum ...

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erfüllt. Da die westliche Gesellschaft hochgradig formalisiert <strong>und</strong> zivilisiert ist <strong>und</strong> die Men-<br />

schen gezwungen sind, in ihrem Alltagsleben ständig einen hohen Grad an emotionaler Kon-<br />

trolle auszuüben, wird das Verlangen nach entformalisierenden Freizeitbeschäftigungen wie<br />

Sport besonders stark. Der Wesenszug des Sports, dass jeweils zwei oder mehr Mannschaf-<br />

ten bzw. Individuen gegeneinander antreten, eignet sich besonders gut zur Bildung von Ei-<br />

gengruppen <strong>und</strong> Fremdgruppen, also als Mittel der ‘kollektiven Identifikation’. Der Sinn für<br />

die Zusammengehörigkeit <strong>und</strong> Einheit der eigenen Gruppe wird durch die Anwesenheit einer<br />

zweiten Gruppe gestärkt. Genau genommen bietet der Sport „die einzige Gelegenheit, bei<br />

der grosse, komplexe <strong>und</strong> unpersönliche soziale Gebilde wie Städte eine Einheit bilden kön-<br />

nen“ (ebd., S. 395). Des Weiteren beschreiben sie die Annahme als plausibel, dass durch<br />

die Erzeugung einer kollektiven Ekstase der Sport mittlerweile für einen Teil der Gesellschaft<br />

zu einer quasi-religiösen Betätigung geworden ist <strong>und</strong> die Lücke im sozialen Leben gefüllt<br />

hat, welche der Bedeutungsverlust der Religion hinterlassen hat. Diese These lässt sich all-<br />

gemein auf Sportanhänger übertragen, was beim Fussball besonders gut sichtbar wird. Der<br />

Ausdruck ‘heiliger Rasen’ für einen Fussballplatz <strong>und</strong> die Tradition, dass verstorbene Fans<br />

(beispielsweise des FC Liverpools) ihre Asche über dem Rasen ihres Stadions verstreuen<br />

lassen, unterstreicht diese These. Das Stadion wird gewissermassen <strong>zum</strong> Tempel <strong>und</strong> das<br />

Spiel <strong>zum</strong> Gottesdienst.<br />

3.1 Kategorisierung der <strong>Fussballfans</strong><br />

Wie bereits eingangs dieser Arbeit erwähnt, handelt es sich bei den Zuschauern eines Fuss-<br />

ballspiels nicht um eine homogene Masse, sondern um diverse Gruppen, die aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

Verhaltens während des Spiels, der Kleidung <strong>und</strong> des Aufenthaltsortes im Stadion voneinan-<br />

der abgegrenzt werden können (Illi, 2004, S. 17). Da in dieser Arbeit eine kleine Teilmenge<br />

der Stadionbesucher analysiert wird, macht zunächst eine Kategorisierung der <strong>Fussballfans</strong><br />

Sinn, um später gezielt auf die beschriebene Gruppe einzugehen <strong>und</strong> deren besondere Kul-<br />

tur zu erläutern.<br />

Zur Differenzierung von <strong>Fussballfans</strong> versuchen sowohl Fachkreise, Medien als auch Fuss-<br />

ballfans selbst die Einteilung in verschiedene Kategorien. In den folgenden Kapiteln werden<br />

zwei bekannte Kategorisierungsmodelle beschrieben, die einerseits ähnlich sind, denen aber<br />

andererseits unterschiedliche Betrachtungsweisen zu Gr<strong>und</strong>e liegen. Da beide Modelle für<br />

die sozioprofessionelle Fanarbeit eher ungeeignet sind, wird im weiteren Verlauf ein Katego-<br />

risierungs-Vorschlag von Zimmermann vorgestellt (2008, S. 12), der sich am theoretischen<br />

Konzept der Szene nach Hitzler et al. orientiert, bedauerlicherweise aber noch wenig<br />

erforscht ist.<br />

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