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Fussballfans und Feuerwerk Eine qualitative Untersuchung zum ...

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Grossbritannien, dem Mutterland des Fussballs, die Sicherheitsmassnahmen verbessert <strong>und</strong><br />

ein Überwachungssystem zur Bekämpfung des Hooliganismus installiert. Die getroffenen<br />

Massnahmen in England hatten auch eine internationale Signalwirkung. In der Folge davon<br />

wurden neue Stadien nur noch als Sitzplatz-Arenen konzipiert. Diese Modernisierung der<br />

Infrastruktur hatte einen massiven Anstieg der Eintrittspreise zur Folge <strong>und</strong> trug zu einem<br />

erheblichen Wandel der Zuschauer bei. Die unüberdachte Stehrampe, die seit jeher Symbol<br />

sowohl für die Verwurzelung des Fussballs in der Arbeiterkultur als auch für die emotionale<br />

Verb<strong>und</strong>enheit des Fans mit seinem Verein stand, verschwand weitgehend.<br />

Neben diesen fussballinternen Gründen für den Wandel in den 90-er Jahren wirkte auch eine<br />

ganze Reihe externer Faktoren, die mit der neoliberalen Gr<strong>und</strong>strömung im Zusammenhang<br />

standen, welche die wirtschafts- <strong>und</strong> sozialpolitischen Debatten beherrschte. Folgende Wor-<br />

te von Bill Shankly (o. J.; zit. nach Brändle & Koller, 2002, S. 98), dem legendären Manager<br />

des FC Liverpool, fanden weder in Politik noch im Sport weiter Beachtung: „The socialism I<br />

belive in is everyone working for each other, everyone having a share of the rewards. It`s the<br />

way I see football, the way I see life“ 6 . Die Spitzenclubs in England forderten eine Reform der<br />

Umverteilungsmechanismen 7 , die später bei der Einführung der ‘Premier League’, die mit<br />

den unteren Profiligen nur noch locker durch den Auf-Abstiegsmechanismus verb<strong>und</strong>en<br />

blieb, ganz abgeschafft wurden.<br />

Ähnliche Vorgänge spielten sich auch in anderen führenden Profiligen ab. Die Hauptursache<br />

lag in der Liberalisierung der elektronischen Medien, welche die TV-Einnahmen in astrono-<br />

mische Höhen trieb. Ein weiterer Schlüsselpunkt war wohl das so genannte Bosman-Urteil.<br />

Der belgische Fussballspieler Jean-Marc Bosman klagte im Jahre 1990 beim Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH), weil sein Transfer an den finanziellen Forderungen seines Vereins ge-<br />

scheitert war. Fünf Jahre später entschied der EuGH, Ablösesummen für vertragsfreie Spie-<br />

ler seien illegal <strong>und</strong> ordnete gleichzeitig an, dass aufgr<strong>und</strong> des in europäischen Ländern gel-<br />

tenden Prinzips der Personenfreizügigkeit in einer Mannschaft beliebig viele EU-Ausländer<br />

spielberechtigt sind. Dadurch wurden die Spieler von Transferobjekten zu Vertragspartnern<br />

der Vereine <strong>und</strong> die Gehälter der Stars stiegen übermässig an. Die europäischen Spitzenli-<br />

gen verloren nun definitiv ihren nationalen Charakter <strong>und</strong> näherten sich immer mehr dem<br />

Leitbild des durchkommerzialisierten amerikanischen Profisports. Die hohen Löhne konnten<br />

bezahlt werden, indem neue Einnahmequellen wie Pay-TV, Merchandising <strong>und</strong> Catering<br />

erschlossen wurden. Von dieser Entwicklung profitierten vor allem die wenigen Grossklubs,<br />

welche die Quellen auch auszuschöpfen verstanden <strong>und</strong> denen die Umwandlung des Euro-<br />

6 „Im Sozialismus, wie ich an ihn glaube, arbeitet jeder für jeden. Jeder kriegt einen gleich grossen Anteil der<br />

Entlöhnung. So sehe ich Fussball; so sehe ich das Leben.“<br />

7 Damals gaben alle 96 Profivereine 4% ihrer Zuschauereinnahmen in einen gemeinsamen Topf ab, der dann<br />

zusammen mit den TV-Einnahmen gleichmässig wieder verteilt wurde.<br />

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