Aufsichtspflicht und Haftung: Kurz und bündig
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Nach Eckert, „Wenn Kinder Schaden anrichten“, S. 149, soll das Überlassen von<br />
Verhütungsmitteln an Aufsichtsbedürftige zur verantwortungsvollen Wahrnehmung<br />
der <strong>Aufsichtspflicht</strong> gehören.<br />
Diese Ansicht ist stark umstritten <strong>und</strong> nach dem Dafürhalten des Verfassers mit<br />
Vorsicht zu betrachten. Einerseits hat der Jugendleiter die generelle Pflicht, sexuelle<br />
Handlungen - von Petting bis hin zum Geschlechtsverkehr - zwischen seinen<br />
Aufsichtsbedürftigen zu verhindern. Durch das Überlassen von Verhütungsmitteln<br />
toleriert der Jugendleiter jedoch schon vorab derartige Handlungen, setzt sich damit<br />
in eklatanten Widerspruch zu seiner generellen Schutzverpflichtung. Daran ändert<br />
auch die Tatsache nichts, dass das Überlassen von Verhütungsmitteln nicht als<br />
Förderung sexueller Handlungen strafbar ist.<br />
Zudem kann das Fehlen von Verhütungsmitteln im betreffenden Moment für<br />
Jugendliche oftmals das ausschlaggebende Argument zum Unterlassen des -<br />
möglicherweise nicht gewollten - Geschlechtsverkehrs sein. Diese „letzte Hürde“, die<br />
v.a. für Mädchen oftmals die Rettung ist, darf nicht vom Jugendleiter beseitigt<br />
werden. Letztlich handelt es sich auch bei den überlassenen Mitteln in der Regel um<br />
Kondome oder chem. Mittel, deren hohe „Versagerquote“ bekannt ist. Schon vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> einer drohenden Schwangerschaft <strong>und</strong> einer sich möglicherweise<br />
ergebenden Unterhaltsverpflichtung des Jugendleiters sollte der Jugendleiter also<br />
zumindest von einer unkontrollierbaren Weitergabe von Verhütungsmitteln die Finger<br />
lassen.<br />
Allerdings lassen sich auch - vor dem Hintergr<strong>und</strong> der AIDS-Prävention –gewichtige<br />
Argumente für ein Bereithalten von Verhütungsmitteln finden. Dies jedoch nur dann,<br />
wenn der Jugendleiter sicher ist, dass es auch ohne Verhütungsmittel zum<br />
Geschlechtsverkehr kommt. Allerdings wird, so wenig einsichtig dies ist, bei einer<br />
ungewollten Schwangerschaft, etwa wegen falschem Gebrauch eines Kondomes etc.<br />
immer ein größerer Vorwurf den Jugendleiter treffen, als bei einer Infektion infolge<br />
ungeschütztem Geschlechtsverkehr.<br />
Sofern der Jugendleiter durch einen langjährigen oder sonst besonders intensiven<br />
Kontakt ein herausragendes Vertrauensverhältnis zu seinen “Kids” aufgebaut hat,<br />
kann vom hier vorgeschlagenen Verhalten abgewichen werden. Es kann dann<br />
sinnvoll sein, Kondome bereitzuhalten <strong>und</strong> diese im Einzelfall auf Anfrage, also nicht<br />
generell, an verantwortungsbewusste Pärchen herauszugeben. Der Jugendleiter hat<br />
dann die Möglichkeit, sich im Gespräch eine Meinung darüber zu verschaffen, ob<br />
beide Jugendlichen freiwillig <strong>und</strong> in Kenntnis der möglichen Risiken handeln. Zudem<br />
wird sich der Jugendleiter, sofern er von einem Pärchengezielt darauf angesprochen<br />
wird, sicher sein dürfen, dass beide Jugendlichen sich letztlich nicht vom<br />
Geschlechtsverkehr abhalten lassen. In diesem Fall sind die mit einem<br />
ungeschützten Verkehr verb<strong>und</strong>enen Risiken (Schwangerschaft, Krankheit) weitaus<br />
gewichtiger einzustufen, als das sture Verhindern wollen von sexuellen Handlungen.<br />
Unter dem (zivilrechtlichen) Gesichtspunkt der möglichen Verurteilung zu<br />
30.11.2001 4/85