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»Die jung<strong>en</strong><br />
Leute hatt<strong>en</strong><br />
die Nase voll<br />
v<strong>om</strong> ›Muff<br />
von 1000 Jahr<strong>en</strong><br />
unter d<strong>en</strong><br />
Talar<strong>en</strong>‹«.<br />
erwarb<strong>en</strong>. Pop war angesagt, weil Pop alles Überk<strong>om</strong>m<strong>en</strong>e infrage stellte,<br />
alle Eingr<strong>en</strong>zung<strong>en</strong> aufhob – sogar das berühmte »U« und »E«. Alle Tabus<br />
wollt<strong>en</strong> gebroch<strong>en</strong> sein. Nichts war zu kurz, zu knapp o<strong>de</strong>r zu gemustert.<br />
Je<strong>de</strong> Übertreibung war erlaubt – bis hin zu Mustern, die aussah<strong>en</strong> wie<br />
billige, abwaschbare Tischtücher o<strong>de</strong>r Küch<strong>en</strong>-Resopalplatt<strong>en</strong>.<br />
In dieser Zeit wollt<strong>en</strong> sich alle verkleid<strong>en</strong>, nur um nicht d<strong>en</strong> graumäusig<strong>en</strong><br />
und in ihr<strong>en</strong> Aug<strong>en</strong> verlog<strong>en</strong><strong>en</strong> Spießern zu gleich<strong>en</strong>, die ihre<br />
Erziehungsberechtigt<strong>en</strong> war<strong>en</strong> (die sich ums Wirtschaftswun<strong>de</strong>r kümmert<strong>en</strong><br />
und nicht bereit war<strong>en</strong>, über ihre dunkl<strong>en</strong> Geheimnisse <strong>de</strong>r Vergang<strong>en</strong>heit<br />
zu sprech<strong>en</strong>): Es gab d<strong>en</strong> China- und d<strong>en</strong> Russ<strong>en</strong>-Look, die aus<br />
<strong>de</strong>r Ökobewegung stamm<strong>en</strong><strong>de</strong> Patchwork-Mo<strong>de</strong>, Batik<strong>en</strong> und Stickerei<strong>en</strong>,<br />
Overalls, natürliche Fasern und selbstgestrickte Pullover (<strong>en</strong>g o<strong>de</strong>r<br />
im Schlabberlook) – alles war erlaubt, w<strong>en</strong>n es nur »an<strong>de</strong>rs« war. Aber an<br />
einem hielt<strong>en</strong> alle jung<strong>en</strong> (und nicht nur die) Frau<strong>en</strong> fest: am Mini.<br />
Im Winter 1970/71 dacht<strong>en</strong> nicht nur die Pariser Mo<strong>de</strong>macher,<br />
son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Folge auch die Chefeinkäufer <strong>de</strong>r War<strong>en</strong>häuser, jetzt sei<br />
Schluss mit <strong>de</strong>m Mini. Es wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r knielang geor<strong>de</strong>rt. Aber schon im<br />
darauffolg<strong>en</strong>d<strong>en</strong> S<strong>om</strong>mer war<strong>en</strong> alle wie<strong>de</strong>r mit d<strong>en</strong> Minis unterwegs –<br />
egal was die Schlaumeier auf Lager gelegt hatt<strong>en</strong>.<br />
Erst 1974 setzte das Mo<strong>de</strong>diktat die Geg<strong>en</strong>bewegung – die Maxi-<br />
Mo<strong>de</strong> – durch. Frau folgte ihr, aber zögerlich und wi<strong>de</strong>rwillig: Sie machte<br />
sich <strong>de</strong>shalb kurz<strong>en</strong>tschloss<strong>en</strong> »ein<strong>en</strong> Schlitz ins (lange) Kleid und fand es<br />
(erst dann) wun<strong>de</strong>rbar«. Nun trug man zwar pfl ichtschuldigst Maxi, aber<br />
Mini<br />
165<br />
Der Mini ist in<br />
Paris angek<strong>om</strong>m<strong>en</strong>.<br />
Drei Mo<strong>de</strong>ls<br />
mit Rabanne-Gürteln<br />
– und einem<br />
Windhund.