Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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empfunden. 55 FS berichtet über den mündlichen Teil seiner 2. Staatsprüfung: Ich<br />
wünschte, daß man jetzt anders prüft. Es hat doch keinen Sinn, ....den Prüfling<br />
antworten zu lassen, daß, wer eine Flasche Wein, wissend, daß sie gestohlen ist, mit<br />
nach Hause n<strong>im</strong>mt, als Hehler zu betrachten ist (er n<strong>im</strong>mt sie an sich), daß dagegen<br />
straflos ausgeht, wer sie am Tatort mit dem Dieb austrinkt, weil er sie nicht an sich,<br />
sondern in sich bringt. Gott Lob kam ich damals zur großen Befriedigung der<br />
Kommission auf diese Lösung, die tatsächlich damals höchster richterlicher<br />
Rechtsprechung entsprach, ohne daß ich das natürlich ahnte. Heute wird solcher<br />
Unsinn mit Hilfe der entsprechend angewendeten Strafnorm vermieden.<br />
II. Normative Nacheile des RMJ<br />
Der Positivismusvorwurf geht mithin fehl. Er geht auch dann fehl, wenn damit gesagt<br />
werden soll, die deutsche Justiz habe sich blind dem als Gesetz verstandenen<br />
Führerbefehl gebeugt. Es drängt sich <strong>im</strong> Gegenteil der auf, dass sich das<br />
<strong>Reichsjustizministerium</strong> unter Gürtner seit dem 30. Januar 1933, dem Tag der<br />
Machtergreifung, sich in einer <strong>im</strong>mer gehetzter wirkenden „normativen Nacheile“<br />
befand. Die ständigen und <strong>im</strong>mer gröber werdenden Ein – und Übergriffe des NS -<br />
Staates in die Gerichtsbarkeit veranlaßten Reichsjustizminister Gürtner, dem fait<br />
accompli nacheilend einen normativen Schleier umzuhängen, um den Anschein der<br />
Rechtsstaatlichkeit der rechtswidrigen Maßnahmen der Regierung zu wahren und damit<br />
das Ansehen der Justiz. Das zeigte sich an dem, gegen <strong>Schlegelberger</strong>s ausdrückliche<br />
Warnung erlassenen, Gesetz, mit welchem Hitlers Forderung, den angeblichen<br />
Brandstifter des Reichstagsbrandes mit dem Tode zu bestrafen, rückwirkend<br />
Rechnung getragen wurde. ( Gruchmann S. 828).<br />
Schl<strong>im</strong>mer noch war das Gesetz, mit welchem Gürtner die Morde <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit dem so genannten Röhmputsch wider besseres Wissen rückwirkend legalisierte<br />
(Gruchmann, S. 433 ff). Das Gesetz über Maßnahmen zur Staatsnotwehr v. 3. Juli 1934,<br />
mit welchem die Morde nachträglich als rechtens gebilligt und der normalen<br />
Strafverfolgung entzogen wurden, trug Gürtners Unterschrift. Der Reichsjustizminister<br />
habe so die ungesetzliche Aktion normativ aufgefangen und mit dem positiven<br />
Rechtssystem in Einklang gebracht. (Gruchmann S.451). Der Aktion wurde so ein<br />
Schleier von Rechtsstaatlichkeit umgehängt, in welchen Carl Schmitt durch seinen<br />
berüchtigten Aufsatz „Der Führer schützt das Recht“ noch rechtswissenschaftliche<br />
55 § 2 StGB lautete nun: Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder<br />
die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung<br />
verdient. Findet auf die Tat kein best<strong>im</strong>mtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat<br />
nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten zutrifft.<br />
Diese Vorschrift wurde von der „positivistischen“ deutschen Rechtsprechung übrigens kaum<br />
angewendet.<br />
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