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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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XII. Nazifizierung des BGB<br />

Es wird FS der Vorwurf gemacht, er habe das Zivilrecht nazifizieren zu wollen. 149 In<br />

seiner früh und oft erhobenen Forderung, das BGB abzuschaffen bzw. völlig neu zu<br />

gestalten, wurde die Ausprägung seiner NS-treuen Gesinnung gesehen. FS sprach<br />

mehrfach davon, das Ziel des Rechtes sei die Suche nach der wahren Seele des<br />

Volkes. Er verwendete dabei Formulierungen, welche sich aus heutiger Sicht<br />

fragwürdig anhören. Er sagt etwa einmal: Das ist das Wunderbare und Erhebende<br />

unserer Zeit, dass wir wieder frei geworden sind vom Kultus des eigenen Ich und der<br />

Sorge um die Meinung der Masse, dass wir uns wieder besonnen haben auf die Wurzeln<br />

unserer Kraft, auf unsere Verbundenheit mit dem Volke <strong>im</strong> Volke.... Das Bewusstsein<br />

der Blutsverbundenheit lässt uns vordringen zu der Seele des eigenen Volkes. Diese<br />

Worte erinnern an völkische Gedanken der NS-Ideologie. Dieses Pathos entstammt<br />

aber einer Gedankenwelt, welche die Nationalsozialisten nur auch nutzten. In<br />

Wahrheit entsprang es einem romantischen Lebensgefühl, welchem kaum 50 Jahre vor<br />

<strong>Schlegelberger</strong> Otto v. Gierke in folgenden Worten Ausdruck gegeben hatte: Wahrhaft<br />

Lebendiges wird kein Gesetzgeber schaffen, der sich gegen den frischen Lebensquell<br />

allen Rechtes verschließt. Der sich abkehrt von der Seele des Volkes und den<br />

Pulsschlag seiner Zeit überhört..... 150<br />

Die Forderung, das BGB zu einem volkstümlichen Rechtsbuch umzuschreiben, ist so<br />

alt wie das BGB selbst und wurde von Juristen aller politischen Lager erhoben, z. B.<br />

zuletzt von der kommunistischen DDR, welche das dort bis dahin geltende BGB durch<br />

das Zivilgesetzbuch 1975 ersetzte. Es gilt hier, was J. Fest allgemein sagt: Es zählt zu<br />

den Täuschungen eines nachgeholten Widerstands, wenn man nur auf die Gegensätze<br />

zwischen NSDAP-Programm und den legit<strong>im</strong>en politischen Zielen hinweist, während<br />

es doch eine ganze Anzahl übereinst<strong>im</strong>mender Gefühle und Interessen gab. 151 FS<br />

wollte das BGB offenbar aus ernsthaften Gründen umschreiben, welche gleichsam<br />

zufällig dieselben waren, welche das NS- und später das DDR zu demselben Wunsch<br />

leiteten. Es fällt vielmehr auf, dass FS in einem Umfeld, welches bereits fast<br />

vollständig in den Lobpreis der Bewegung und ihres Führers eingefallen war, mit den<br />

oben zitierten Worten so gar nicht den Führerwillen betont. Er fordert eine Aufwertung<br />

des Richteramtes, er spricht, was wiederum pathetisch etwas überzogen, aber gewiss<br />

nicht nationalsozialistisch ist, vom Richter als dem Priester des Rechts. Hier wie sonst<br />

warnt FS davor, durch Schaffung von Sondergerichten wichtige Teile des Lebens der<br />

richterlichen Erkenntnis fernzuhalten.<br />

149 vgl. Göppinger S. 170 und S. 392 der letzte Satz des Buches.<br />

150 Otto v. Gierke, Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches und das deutsche Recht, Leipzig<br />

1889. Rechts S. 3<br />

151 Fest, Joach<strong>im</strong> , Hitler Propyläen 1973 , S. 668; dort richtig: zwischen Hitler und Europa<br />

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