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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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3. Führerbefehl als Gesetz<br />

Die damals in Deutschland aufkommende Lehre von der unmittelbaren Normqualität des<br />

Führerbefehls ist eine bleibende Schande. 66 Die Justiz und namentlich <strong>Schlegelberger</strong>,<br />

haben diesen Unsinn aber weder erfunden noch jemals mitgemacht. Diese Lehre trat<br />

erstmals ins praktische Licht anläßlich der Morde <strong>im</strong> sogenannten Röhmputsch am 30.<br />

Juni 1934 und wurde theoretisch fundiert in einem Aufsatz von Carl Schmitt, in<br />

welchem diese Mordtaten gebilligt wurden: Der Führer schützt das Recht, wenn er<br />

kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft... ..Die Tat<br />

des Führers war echte Gerichtsbarkeit. Sie untersteht nicht der Justiz. 67 Ungeachtet des<br />

rhetorischen oder auch juristischen Aufwandes scheint es, wenn überhaupt nur wenige,<br />

Führerbefehle zu geben, die als Gesetz formuliert wurden und als solche in Kraft traten.<br />

Die Unterscheidung zwischen Gesetz, Rechtsverordnung und Verwaltungsakt hatte sich<br />

verwischt (Gruchmann, S.751). Die Gesetzgebungstätigkeit verlagerte sich infolge des<br />

Ermächtigungsgesetzes vom ursprünglich zuständigen Reichskabinett <strong>im</strong>mer mehr auf<br />

den Reichskanzler/ Führer. Da dieser aber nur in kurzen Leitgedanken mit<br />

Gesetzesvorhaben befasst zu werden wünschte, wurden die Fachministerien aufgrund<br />

von mehr oder weniger ausdrücklich erteilten Führerbefehlen bzw. – ermächtigungen<br />

tätig. Diese bedienten sich der klassischen Gesetzesform. Im Sinne des We<strong>im</strong>arer<br />

Verfassungsrechtes waren diese Rechtssetzungen nun allerdings weder Gesetze, noch<br />

Verordnungen. Aber nach dem Verfassungsrecht fragte niemand.<br />

In der Praxis scheint sich Führerbefehl fast <strong>im</strong>mer auf die Regelung einzelner Fälle<br />

bezogen zu haben und hatte damit die Qualität eines Verwaltungsaktes, dessen<br />

Ermächtigungsgrundlage sich aus der „Sendung des Führers“ ergab. Die juristischen<br />

Lobhudler hätten es auch etwas weniger bombastisch ausdrücken können und wären<br />

damit noch einigermaßen <strong>im</strong> Bereich des damaligen und auch heutigen Staatsrechts<br />

geblieben. Der Regierungschef hat die originäre Befugnis, nicht justiziable<br />

Regierungsakte vorzunehmen. Auf eine „Ermächtigungsgrundlage“ kam es nur dann an,<br />

wenn in Rechte Einzelner eingegriffen wurde, wenn also der Führerbefehl als<br />

Verwaltungsakt zu qualifizieren war. Das war der Fall, als Hitler anordnete, den<br />

Präsidenten des LG Neisse, Fabig, des Dienstes zu entheben, weil dieser völlig zu Recht<br />

gesagt hatte, dass der Führer zu einer best<strong>im</strong>mten justiziellen Maßnahme „nicht befugt“<br />

sei. (Gruchmann S. 193). Es gab daher wohl nicht allzu viele Führerbefehle, welche als<br />

Gesetz/ Norm <strong>im</strong> klassischen Sinne galten und daher bestehendes Gesetzesrecht<br />

änderten oder aufhoben.<br />

66 Bundesminister der Justiz, Justiz und Nationalsozialismus, Hrg. Katalog zur Ausstellung des<br />

Bundesministers der Justiz, Verlag Wissenschaft und Politik Köln 1989 ISBN 3-8046-8731-8, S. 108<br />

Im Folgenden zitiert als: JuN<br />

67 DJZ 34, 945 f. vgl. allg. Gruchmann, S. 453. - Die Anordnung des US-Präsidenten (2011) , Osama<br />

bin Laden, welcher verdächtig aber nicht verurteilt war, zu erschießen, bietet sich als Parallele an.<br />

Fast alle deutschen Politiker, auch die Kirchen, hießen das gut. Nichts aus der Geschichte gelernt?<br />

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