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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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Verwaltungsprozesses behandelt wurden. Qui s`excuse, s`accuse! Das Gericht kann in<br />

freier Beweiswürdigung sagen: das glauben wir – und das nicht. Es konnten taktische<br />

Gründe bestanden haben, diesem Fall nicht durch „Überverteidigung“ ein zu großes<br />

Gewicht beizulegen. Es kann prozesstaktisch sinnvoll sein, ein zwar mögliches, aber<br />

keinen sicheren Erfolg versprechendes Argument nicht zu bringen. Das alles ist aus<br />

heutiger Sicht Spekulation. Das einzige, was wirklich zwingend folgt, ist, dass die<br />

Wahrheit anders sein kann, als sie später aussieht.<br />

VI. Strafrecht gegen Polen ( S. 27 ff)<br />

1. Allgemeine Rechtspflege<br />

In den nach der Niederwerfung Polens durch Deutschland und Russland 125 mit dem<br />

Deutschen Reich vereinigten Gebietsteilen Danzig-Westpreußen und Wartheland ( etwa<br />

entsprechend der ehemaligen Provinz Posen) blieb gem. § 7 des Erlasses des Führers<br />

und Reichskanzlers vom 8. Oktober 1939 das bis dahin geltende Recht bis auf weiteres<br />

in Kraft. 126 § 8 des Erlasses sah vor, dass der Reichsminister des Inneren deutsches<br />

Reichsrecht durch VO einführen konnte. Es entstand daher die Frage, ob die Polen<br />

unter ein besonderes Recht gestellt werden sollten. Der Plan des Justizministeriums, das<br />

deutsche bürgerliche Recht und das Handelsrecht ohne weiteres einzuführen und damit<br />

Polen und Deutsche gleich zu behandeln, stieß auf Widerstand. Offenbar war geplant,<br />

die Polen weitgehend zu entrechten und sie der Polizeigewalt zu unterstellen.<br />

<strong>Schlegelberger</strong> hielt dagegen. Er schrieb am 18. September 1940 an den Chef der<br />

Reichskanzlei: Es ist davon auszugehen, dass es nicht möglich ist, die polnische<br />

Bevölkerung vom privaten Rechtsverkehr gänzlich auszuschalten, und dass die Polen<br />

demgemäß auch in Zukunft von der Rechtsordnung als Träger privater Rechte und<br />

Verpflichtete zu berücksichtigen sein werden....<br />

Unter dem 25. September 1941 wurde die VO über die bürgerliche Rechtspflege in den<br />

eingegliederten Ostgebieten verkündet. Diese Verordnung enthielt in § 4 eine<br />

Best<strong>im</strong>mung, wonach bei Auslegung und Anwendung des Rechtes den besonderen<br />

Erfordernissen, die sich aus der Eingliederung der Gebiete ergeben, Rechnung getragen<br />

werden sollte. Förster meint, diese Vorschrift stelle eine Art Freibrief für die Richter<br />

dar, ohne Bindung an das Recht nach Gutdünken zu verfahren. Diese Schlussfolgerung<br />

ist nicht nachvollziehbar. Angesichts der Überschneidung von verschiedenen<br />

125 Vgl. Kaiser, S. 38f . Die an die UdSSR gefallenen Teile Polens wurden ohne Umstände zu<br />

Weißrußland bzw Ukraine geschlagen. Es handelte sich um 200.000 qkm mit 13,4 Mio Einwohnern,<br />

davon nur rd. 5 Mio Polen. Dieses Gebiet hatte Polen der damals zeitweise handlungsunfähigen<br />

jungen UdSSR 1925 entrissen. Stalin veranlasste umgehend die Deportation von<br />

hunderttausenden von Polen ins Innere der Sowjetunion, z. B. Kasachstan.<br />

126 Etwas anderes galt für das sogen. Generalgouvernement. Gem. § 4 des Erlasses des Führers und<br />

Reichskanzlers über die Verwaltung der besetzten polnischen Gebiete vom 12. Oktober 1939, mit<br />

dem Zusatz: soweit es nicht der Übernahme der Verwaltung durch das Deutsche Reich widerspricht.<br />

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