Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
. Aufforderung zu Sterilisierung<br />
<strong>Schlegelberger</strong> schrieb:....die Verhinderung der Fortpflanzung dieser Mischlinge ihrer<br />
Gleichschaltung mit den Volljuden und der damit verbundenen Abschiebung vorzuziehen<br />
ist. Es wäre schön gewesen, wenn <strong>Schlegelberger</strong> stattdessen etwa Folgendes<br />
geschrieben hätte:: Die gegen die Juden geplanten Maßnahmen verstoßen gegen alle<br />
Grundsätze der deutschen und europäischen Rechtstradition, sie sollten daher sehr<br />
sorgfältig auch <strong>im</strong> Hinblick auf die Bewertung durch künftige Generationen erwogen<br />
werden. Im übrigen wird darauf hingewiesen, dass solche Maßnahmen noch geltendem<br />
Recht als Freiheitsberaubung geahndet werden und daher einer gesetzlichen Grundlage<br />
bedürfen.<br />
Das Schl<strong>im</strong>mste, was <strong>Schlegelberger</strong> daraufhin hätte widerfahren können, wäre der<br />
Verlust seines Amtes gewesen. Ein solches Schreiben hätte allerdings wohl keine<br />
Wirkung erzielt, Vielleicht aber doch? Es hätte vielleicht dazu verholfen, den Akteuren<br />
in den mit der Durchführung der Judenaktion betrauten Ministerien vor Augen zu<br />
führen, was sie da eigentlich taten. Der Vorwurf, welcher <strong>Schlegelberger</strong> trifft, ist also<br />
derselbe, wie er vielen Männern in damaligen Spitzenpositionen zu machen ist, nämlich<br />
der der Unterlassung. Sie unterließen es, trotz richtiger Einsicht klar und deutlich zu<br />
sagen, was sie für richtig hielten, und sie unterließen es danach zu handeln. Vielleicht<br />
hätte viel Unglück verhindert werden können, wenn <strong>Schlegelberger</strong> und andere, die es<br />
besser wussten, zur rechten Zeit die St<strong>im</strong>me erhoben hätten. Der entscheidende Punkt ist<br />
allerdings das Vielleicht. Vielleicht hätte sich nämlich auch gar nichts geändert und die<br />
Opponenten wären kaltgestellt oder sonst erledigt worden, und so wäre auch das wenige,<br />
was diese Menschen <strong>im</strong>mer noch bewirken konnten, auch unterblieben. Das kann in der<br />
Rückschau aber kaum gültig abgewogen werden. So wenig heroisch <strong>Schlegelberger</strong>s<br />
Vorschlag, Halbjuden lieber zu sterilisieren als sie zu deportieren, daher erscheint, so<br />
ist ihm doch zuzugestehen, dass er in dem Bestreben, die Zahl der Deportationen so<br />
gering für möglich zu halten, das geringere Übel vorschlägt.<br />
VIII. Nacht- und Nebelerlass<br />
Das beklagte Land wirft <strong>Schlegelberger</strong> weiter seine Mitwirkung bei dem so genannten<br />
Nacht- und- Nebel- Erlass vor. Dieser war ohne Mitwirkung des<br />
<strong>Reichsjustizministerium</strong>s am 7. Dezember 1941 zur Bekämpfung von<br />
Widerstandsbewegungen in den besetzten Gebieten erlassen worden. Danach sollte in<br />
den Fällen, in welchen ausnahmsweise keine Todesstrafe zu erwarten war, die Täter<br />
nach Deutschland überführt und der Sicherheitspolizei zur Aburteilung und zur<br />
Strafvollstreckung übergeben werden. Hintergrund war die zunehmende<br />
Partisanentätigkeit in Russland. Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Keitel,<br />
übersandte den anscheinend von ihm gefertigten Erlass dem <strong>Reichsjustizministerium</strong> mit<br />
der Bitte, das Verfahren nach diesem Erlass in die Verantwortlichkeit der ordentlichen<br />
70