Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4. Hinrichtung des „Juden Luftglass“ ( S. 19 ff)<br />
a. Führerbefehle<br />
Der Luftglass-Fall spielte bei der Verurteilung <strong>Schlegelberger</strong>s in Nürnberg eine eher<br />
beiläufige Rolle. Er fand erst später größere Beachtung. Es wird FS vorgeworfen, bei<br />
der von Hitler geforderten Erschießung des „Juden Luftglass“ besonders willfährig seine<br />
Hand gereicht zu haben. Eingriffe Hitlers oder unter Berufung auf ihn durch andere<br />
Stellen, wie die SS in die Rechtsprechung waren üblich geworden. Das geschah in<br />
zweifacher Weise. Einmal durch die Paralleljustiz der Gestapo und SS. Ohne<br />
Rechtsgrundlage und in der Regel ohne Verfahren wurden Missliebige oder Verdächtige<br />
unter einem Vorwand festgesetzt und erschossen, oder wenn sie Glück hatten in ein KZ<br />
eingewiesen. Zum andern wurde das Ansehen der ordentlichen Gerichtsbarkeit stetig<br />
dadurch untergraben, dass ihre Urteile durch schlichten telefonisch erteilten<br />
Führerbefehl aufgehoben und verschärft werden sollten. Das RMJ bzw die ordentliche<br />
Gerichtsbarkeit hatten sich mit der Paralleljustiz der Gestapo der SS <strong>im</strong> Grunde<br />
abgefunden. Hier konnte auch der Schein des Rechts dadurch aufrechterhalten werden,<br />
dass die Gestapo und SS besondere staatsschützende und daher<br />
gehe<strong>im</strong>haltungsbedürftige Aufgaben hätten, deren Beurteilung durch die normale<br />
Gerichtsbarkeit nicht angängig sei. Selbst ein solcher schwacher Schein des Rechtes war<br />
aber nicht mehr aufrechtzuerhalten, wenn Hitler ohne nähere Sachverhaltskenntnis die<br />
rechtskräftige Urteile änderte, d. h in Erschießungen umwandelte. Das war 1939 <strong>im</strong> Fall<br />
der Teltower Bankräuber geschehen. Diese waren gerichtlich zu je 10 Jahren Zuchthaus<br />
verurteilt worden, was in etwa der üblichen taxte für solche Verbrechen entsprach.<br />
H<strong>im</strong>mler fand das Urteil zu milde und verlangte von Justizminister Gürtner, deren<br />
sofortige Erschießung zu veranlassen. Gürtner machte Gegenvorstellungen, indem er auf<br />
die vor kurzem eingeführte gesetzliche Möglichkeit hinwies, dass der Führer über den<br />
„außerordentlichen Einspruch“ das rechtskräftige Urteil aufzuheben und neu<br />
verhandeln zu lassen. Hitler verlangte aber, dass die beiden Täter noch heute erschossen<br />
werden würden. Daraufhin verlangte H<strong>im</strong>mler, die beiden Verurteilten sofort zu<br />
überstellen, und zwar wie er vortäuschte , „zur Vernehmung“. Gürtner knickte ein. Die<br />
beiden Täter wurden noch in derselben Nacht erschossen. 123<br />
Nach dem Tode Gürtners versuchte <strong>Schlegelberger</strong> über den Chef der Präsidialkanzlei<br />
Meissner zu erreichen, dass keine Überstellung von Strafgefangenen zur Gestapo mehr<br />
erfolgen sollte, bevor Hitler nicht wenigstens einen Bericht des Justizministeriums<br />
vorgelegen habe. Hitler aber ließ durch Bormann antworten, dass er die Beiziehung von<br />
Stellungnahmen des <strong>Reichsjustizministerium</strong>s zu Urteilen, die ihn zur Nachprüfung<br />
vorgelegt werden, nicht für notwendig halte. Meißner, der bereits unter den<br />
Reichspräsidenten Ebert und Hindenburg die Präsidialkanzlei geleitet hatte, also<br />
rechtsstaatliche Zustände kannte, wußte <strong>Schlegelberger</strong> nichts anderes zu antworten als,<br />
dass er ihm anhe<strong>im</strong> stellte, vor Übergabe des Gefangenen an die Gestapo den Sach- und<br />
Rechtsstand mit größter Beschleunigung kurz zu unterbreiten, damit er sie, soweit der<br />
123 Gruchmann S. 675 ff nennt mehrere Beispiele dieser Art<br />
59