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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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Unrechtshandlungen,, sodass sich, wie in anderen Verläufen dieser Art, das<br />

Terrorreg<strong>im</strong>e selbst nährte, indem es sich <strong>im</strong>mer neue Feinde schuf.<br />

Der eigentliche NS-Terror begann aber <strong>im</strong> Krieg. In der nachträglichen Betrachtung der<br />

Unrechtstaten des Reg<strong>im</strong>es wird nicht <strong>im</strong>mer berücksichtigt, dass Kriegszeiten stets und<br />

überall zur Verkürzung von Freiheitsrechten und auch zu offenem Unrecht führen. Die<br />

meisten und größten Unrechtshandlungen des Reg<strong>im</strong>es, auch die Judenmorde, fanden<br />

während des Krieges statt. So liegt auch fast alles, was <strong>Schlegelberger</strong> vorgeworfen<br />

wird, in dieser Zeit. Die Brutalität des Unrechts nahm dabei in dem Maße zu, wie sich<br />

das Kriegsglück gegen Deutschland gewendet hatte. Es ist also bei der Betrachtung der<br />

Unrechtshandlungen des NS-Reg<strong>im</strong>es nicht <strong>im</strong>mer leicht festzustellen, was auf das<br />

Konto einer rechtsfeindlichen Gesinnung des Reg<strong>im</strong>es geht, und daher auch in<br />

Friedenszeiten geschehen wäre, und was den Kriegsumständen zuzuschreiben ist, was<br />

also z.B. auch in der Schweiz unter Kriegsbedingungen hätte geschehen können.<br />

Diktatoren und Revolutionäre, was meist identisch ist, rechtfertigen ihre zu Unrecht<br />

erlangte oder unter Rechtsbrüchen aufrecht erhaltene Macht dadurch, dass sie<br />

versprechen, eine neue, bessere, gerechtere usw. gesellschaftliche Ordnung aufzurichten.<br />

Jede Revolution pflegt daher den Hass auf die vorgefundene Rechtsordnung, deren<br />

Beseitigung sie als ihr politisches Ziel verkündet. In der Regel erweisen sich Diktatur<br />

und Unrechtsreg<strong>im</strong>e daher nicht durch ungerechte Gerichtsurteile, sondern dadurch,<br />

dass unter Mißachtung des bestehenden Rechtes Gerichte gar nicht erst angerufen<br />

werden, ihre Anrufung erschwert wird und deren etwaige Urteile nicht vollstreckt<br />

werden. Revolutionen schaffen ihr eigenes neues Recht. Die innere Logik von<br />

Revolutionen zwingt zu raschem Handeln. Endlich soll die alte Ordnung beseitigt<br />

werden. Die Folge sind oft überstürzte Ausnahmegesetze, die nicht notwendig bösartig<br />

sein müssen. Aber sie werden in den Händen rechtsfeindlicher oder oft auch nur<br />

schwacher Amtsträger leicht dazu. Ein Ausnahmezustand in Permanenz ist ein<br />

Widerspruch in sich. Je länger das Revolutionsreg<strong>im</strong>e dauert, desto öfter bricht das<br />

Reg<strong>im</strong>e auch das von ihm selbst gesetzte Recht oder weicht in allumfassende<br />

Allgemeingesetze aus.<br />

Krieg macht Angst, und Angst macht blind, auch rechtsblind. Auch <strong>im</strong> Rechtsstaat kann<br />

nicht alles gesetzlich geregelt sein, und es kommen auch schwere Rechtsbrüche vor.<br />

Polizeigesetze ermächtigen die zuständigen Behörden allgemein, gegen die abstrakte,<br />

also noch nicht eingetretene Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung<br />

zweckdienliche Maßnahmen zu ergreifen. Was aber ist eine solche Gefährdung? Die<br />

Anwesenheit von Polen, Kommunisten, Deutschen, Juden- oder Japanstämmlingen auf<br />

dem Staatsgebiet? In Friedenszeiten nicht. Aber Verschiebungen der politischen<br />

Rahmenbedingungen können die Bewertungen völlig umkehren. Nach dem japanischen<br />

Angriff auf Pearl Harbour sah die Regierung der USA in der Anwesenheit von<br />

amerikanischen Staatsangehörigen japanischen Geblüts in Kalifornien jedenfalls eine<br />

solche Gefahr, der mit Deportation begegnet wurde. Die Tatsache, dass Schlesien<br />

deutsch besiedelt war, stellte natürlich keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit<br />

und Ordnung in diesem Gebieten dar. Als aber nach 1945 Polen die deutschen<br />

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