Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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Sachlich wird man gegen diese Aussagen kaum etwas einwenden können. Angesichts<br />
der heutigen Diskussionen über Vor- und Nachteile des freien Kapitalverkehrs sind<br />
sie fast hellsichtig. Die Durchsetzung der von HV- Beschlüssen unabhängigen<br />
selbstverantwortlichen Geschäftsleiterkompetenz des Vorstandes war gerade in<br />
Deutschland umso unbedenklicher, als hier die in anderen Staaten noch weithin<br />
unbekannte GmbH eine Gesellschaftsform anbot, in welcher die<br />
Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung eine viel stärkere Stellung<br />
einehmen kann. Nationalsozialistisch ist an dem allem wohl nur, dass hier als<br />
„Führerprinzip“ bezeichnet wird, was andernorst schlicht als sachgerecht angesehen<br />
wurde. FS könnte hier eine Gelegenheit genutzt haben, sich als Parteigänger der NS-<br />
Ideologie herauszustellen. Das hätte er freilich überzeugender haben können, wenn er<br />
zugleich mit dem Inkrafttreten dieser Gesetze in die NSDAP eingetreten wäre. Näher<br />
liegt daher, dass FS einen von ihm als sachlich richtig angesehen Grundsatz politisch<br />
aufgeschönt hat.<br />
Mertens hält auch § 288 AktG für nationalsozialistisch. Danach konnte das<br />
Reichswirtschaftsgericht auf Antrag des Reichswirtschaftsministers eine<br />
Aktiengesellschaft auflösen, wenn sie oder das Verhalten ihrer Verwaltungsträger das<br />
Gemeinwohl gefährdet. Der Begriff Gemeinwohl ist als Allgemeinbegriff in einer<br />
Diktatur besonders gefährlich. Es ist denkbar, dass FS aus Unterwürfigkeit damit<br />
bezweckt hat, dem Reg<strong>im</strong>e den Zugriff auf Großunternehmen zu erleichtern, wie<br />
Mertens offenbar vermutet. Näher liegt aber, hier eine für FS geradezu typische List zu<br />
sehen. Die Auflösung einer AG war an sich schon nach Vereinsrecht möglich; vgl.<br />
auch heute § 17 VereinsG. Durch die Spezialvorschrift § 288 AktG wurde nun<br />
Vereinsrecht für die AG verdrängt. Der nach Vereinsrecht an keine besonderen<br />
Voraussetzungen gebundene Weg, eine missliebige AG aufzulösen, war damit also<br />
verbaut. Aber § 288 AktG sieht aus Sicht des Reg<strong>im</strong>es pr<strong>im</strong>a aus! Er statuiert den<br />
nationalsozialistischen 80 Grundsatz Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Allerdings konnte<br />
§ 288 eigentlich gar nicht angewendet werden, weil dazu die Entscheidung des<br />
Reichswirtschaftsgerichts nötig war. Das Reichswirtschaftsgericht war ein 1920<br />
gegründetes Sondergericht des Reiches, das ua über Entschädigungsstreitfälle infolge<br />
der staatlichen Wirtschaftslenkung entschied. Es wurde mit anderen Sondergerichten<br />
und Spruchstellen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit dem durch Führererlass v.<br />
3. April 1941 gegründeten Reichsverwaltungsgericht zusammengefasst. Dieses ist aber<br />
nicht mehr praktisch geworden. § 288 AktG konnte also gar nicht angewendet werden.<br />
Es hätte gemäß § 293 AktG erst einer Durchführungsvorschrift bedurft, welche vom<br />
<strong>Reichsjustizministerium</strong> und dem Reichswirtschaftsministerium erlassen werden<br />
musste. Die Auflösung einer AG konnte also, entgegen den üblichen Regeln, letztlich<br />
nur mit Zust<strong>im</strong>mung des <strong>Reichsjustizministerium</strong>s geschehen. nach allem, was man von<br />
FS weiß, sahen so seine harmlos daher kommenden Schachzüge aus, um seinen<br />
Vorstellungen in der Diktatur Freiräume zu erhalten.<br />
80 Natürlich ist dieses auch ein Grundsatz des Bolschewismus und, wenn man ehrlich ist, auch der<br />
US- Verfassung wie einer jeden staatlichen Gemeinschaft.<br />
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