10.10.2013 Aufrufe

Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Sachlich wird man gegen diese Aussagen kaum etwas einwenden können. Angesichts<br />

der heutigen Diskussionen über Vor- und Nachteile des freien Kapitalverkehrs sind<br />

sie fast hellsichtig. Die Durchsetzung der von HV- Beschlüssen unabhängigen<br />

selbstverantwortlichen Geschäftsleiterkompetenz des Vorstandes war gerade in<br />

Deutschland umso unbedenklicher, als hier die in anderen Staaten noch weithin<br />

unbekannte GmbH eine Gesellschaftsform anbot, in welcher die<br />

Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung eine viel stärkere Stellung<br />

einehmen kann. Nationalsozialistisch ist an dem allem wohl nur, dass hier als<br />

„Führerprinzip“ bezeichnet wird, was andernorst schlicht als sachgerecht angesehen<br />

wurde. FS könnte hier eine Gelegenheit genutzt haben, sich als Parteigänger der NS-<br />

Ideologie herauszustellen. Das hätte er freilich überzeugender haben können, wenn er<br />

zugleich mit dem Inkrafttreten dieser Gesetze in die NSDAP eingetreten wäre. Näher<br />

liegt daher, dass FS einen von ihm als sachlich richtig angesehen Grundsatz politisch<br />

aufgeschönt hat.<br />

Mertens hält auch § 288 AktG für nationalsozialistisch. Danach konnte das<br />

Reichswirtschaftsgericht auf Antrag des Reichswirtschaftsministers eine<br />

Aktiengesellschaft auflösen, wenn sie oder das Verhalten ihrer Verwaltungsträger das<br />

Gemeinwohl gefährdet. Der Begriff Gemeinwohl ist als Allgemeinbegriff in einer<br />

Diktatur besonders gefährlich. Es ist denkbar, dass FS aus Unterwürfigkeit damit<br />

bezweckt hat, dem Reg<strong>im</strong>e den Zugriff auf Großunternehmen zu erleichtern, wie<br />

Mertens offenbar vermutet. Näher liegt aber, hier eine für FS geradezu typische List zu<br />

sehen. Die Auflösung einer AG war an sich schon nach Vereinsrecht möglich; vgl.<br />

auch heute § 17 VereinsG. Durch die Spezialvorschrift § 288 AktG wurde nun<br />

Vereinsrecht für die AG verdrängt. Der nach Vereinsrecht an keine besonderen<br />

Voraussetzungen gebundene Weg, eine missliebige AG aufzulösen, war damit also<br />

verbaut. Aber § 288 AktG sieht aus Sicht des Reg<strong>im</strong>es pr<strong>im</strong>a aus! Er statuiert den<br />

nationalsozialistischen 80 Grundsatz Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Allerdings konnte<br />

§ 288 eigentlich gar nicht angewendet werden, weil dazu die Entscheidung des<br />

Reichswirtschaftsgerichts nötig war. Das Reichswirtschaftsgericht war ein 1920<br />

gegründetes Sondergericht des Reiches, das ua über Entschädigungsstreitfälle infolge<br />

der staatlichen Wirtschaftslenkung entschied. Es wurde mit anderen Sondergerichten<br />

und Spruchstellen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit dem durch Führererlass v.<br />

3. April 1941 gegründeten Reichsverwaltungsgericht zusammengefasst. Dieses ist aber<br />

nicht mehr praktisch geworden. § 288 AktG konnte also gar nicht angewendet werden.<br />

Es hätte gemäß § 293 AktG erst einer Durchführungsvorschrift bedurft, welche vom<br />

<strong>Reichsjustizministerium</strong> und dem Reichswirtschaftsministerium erlassen werden<br />

musste. Die Auflösung einer AG konnte also, entgegen den üblichen Regeln, letztlich<br />

nur mit Zust<strong>im</strong>mung des <strong>Reichsjustizministerium</strong>s geschehen. nach allem, was man von<br />

FS weiß, sahen so seine harmlos daher kommenden Schachzüge aus, um seinen<br />

Vorstellungen in der Diktatur Freiräume zu erhalten.<br />

80 Natürlich ist dieses auch ein Grundsatz des Bolschewismus und, wenn man ehrlich ist, auch der<br />

US- Verfassung wie einer jeden staatlichen Gemeinschaft.<br />

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!