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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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Rechtsordnungen (fortgeltendes polnisches und neues deutsches Recht) war es geradezu<br />

zwingend, über eine Auffangvorschrift eine gewisse Flexibilität bei der<br />

Gesetzesanwendung vorzusehen. Dieses umso mehr, als es ein einheitliches polnisches<br />

Recht gar nicht gab. 127 Förster stellt übrigens selber fest, dass die Richter von der<br />

Möglichkeit zur Ungleichbehandlung von Polen und Deutschen, die ihnen § 4<br />

theoretisch bot, nur zurückhaltend Gebrauch machten (S. 136). Hätte <strong>Schlegelberger</strong><br />

eine Ungleichbehandlung gewollt, hätte er in einer Rundverfügung entsprechende<br />

„Auslegungshinweise“ geben können, die bei dem Reg<strong>im</strong>e sicherlich Wohlwollen<br />

gefunden hätten.<br />

2. Strafrecht<br />

Die Einführung des deutschen bürgerlichen Rechtes in den eingegliederten aus Gebieten<br />

kann einigermaßen rechtsstaatlich angesehen werden. Das galt für das Strafrecht nicht.<br />

Da es sich nun aus deutscher Sicht um deutsches Reichsgebiet handelte, galt an sich das<br />

sonst <strong>im</strong> Reich geltende Straf-und Strafprozessrecht. Dieses wurde aber durch<br />

Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten<br />

Ostgebieten v. 4. Dezember 1941 massiv verschärft, sofern es sich um polnische oder<br />

jüdische Täter handelte. Es wird <strong>Schlegelberger</strong> vorgeworfen, diese Verordnung<br />

vorgeschlagen zu haben. Die VO v. 4. Dezember 1941 ist für sich genommen<br />

schlechthin bösartig. Sie sieht drakonische Strafen für Nichtigkeiten vor. Todesstrafe<br />

ist zwingend für eine Gewalttat gegen einen Deutschen wegen seiner Zugehörigkeit zum<br />

deutschen Volkstum ( Art. I Nr. 2 ). Sie ist auch die Regelstrafe die Aufforderung zum<br />

Widerstand gegen eine von den deutschen Behörden erlassene Anordnung (Art. I, 4 Nr.<br />

3) , den Besitz einer Waffe (Art. I , 4 Nr. 5) usw.<br />

Zugrunde lag der VO Folgendes. Nach der Annexion von Teilen Polens kam es gegen<br />

Polen vielfach zu Übergriffen und willkürlichen Exekutionen durch SS bzw. Polizei.<br />

Die Justiz war dagegen machtlos, denn SS und Polizei unterstanden nicht der Justiz.<br />

Einen Verwaltungsrechtsschutz gegen Polize<strong>im</strong>aßnahmen gab es nicht. Wurde ein Pole<br />

mit oder ohne Grund verdächtigt, eine deutsche Frau vergewaltigt zu haben, war das an<br />

sich ein Fall für die Justiz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und erhob ggfs Anklage und<br />

das Gericht verurteilte oder sprach frei. Das war der SS viel zu langwierig. Ein<br />

Vergewaltigungsverdacht gegen einen Polen konnte als Hinweis auf eine allgemein von<br />

Polen ausgehende Gefahr für deutsche Frauen angesehen werden, sodaß SS oder Polizei<br />

mit einem Schein des Rechts ein Eingriffsrecht kraft Polizeirechts gegen alle Polen <strong>im</strong><br />

Umfeld konstruieren konnten. Wer einmal in den Fängen dieser Behörden war, überlebte<br />

selten. Die Erschießungen wurden als Reaktion auf angebliche Fluchtversuche getarnt.<br />

Es kam ständig zu Reibereien zwischen der Gerichtsbarkeit und der Polizeigewalt,<br />

insbesondere der von H<strong>im</strong>mler kommandierten SS. Am 22. Juni 1941 kam es zu einem<br />

127 Polen, bestehend aus Gebieten, welche bis 1920 zu Russland, Österreich und Preußen gehört hatten,<br />

zerfiel in verschiedene Rechtszonen:, in denen die alten Rechte z.T. fortgalten.<br />

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