Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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Weg, als eine große Konferenz. Eine Protest- oder Widerstandsveranstaltung kam<br />
aber nicht in Betracht, es mußte nach politischer Fügsamkeit aussehen. Das vorgegebene<br />
Ziel der Sitzung war, die Behördenleiter über die Euthanasieaktion zu informieren,<br />
damit diese die ihnen unterstehenden Stellen, insbesondere die mit Personenstands- und<br />
Unterbringungsfragen befassten Amtsgerichte informieren und entsprechende<br />
Ausführungsregeln erlassen konnten. Es müssen mindestens 50 Personen<br />
teilgenommen haben. Es ist auszuschließen, dass ein so großer Kreis und dann auch<br />
noch die zu informierenden über tausende Amtsgerichten dieses Thema vertraulich<br />
behandeln würden.<br />
FS begrüßte die illustre Runde mit einer längeren Ansprache (Gruchmann S. 528), in<br />
welcher er forderte, dass die Justiz bewusst und kompromisslos <strong>im</strong>mer mehr in den<br />
nationalsozialistischen Staat eingefügt werden müsse. Es sei daher seine Aufgabe, die<br />
versammelten Herren mit den Entschließungen des Führers bekannt zu machen.<br />
Tatsachen, nicht nur Gerüchte müssen Ihnen bekannt werden. Es gebe Zweifel, welche<br />
Bewandtnis es mit der Vernichtung lebensunwerten Lebens hat. Damit erteilte er dem<br />
Reichsamtsleiter Brack und Professor Heyde das Wort. Eine anscheinend besonders<br />
beflissene Ansprache. FS war aber nicht naiv. Dieses Programm war vor dem deutschen<br />
Volk nicht gehe<strong>im</strong> zu halten, und es war ihm auch nicht zu vermitteln. Es in dieser<br />
Weise öffentlich zu machen, hieß es zu beenden. Schon in seiner Rundverfügung v. 22.<br />
4. 41 an alle OLG-Präsidenten und Generalstaatsanwälte hatte FS geschrieben: Betrifft:<br />
Vernichtung lebensunwerten Lebens. Brack stellte richtig: Es handele sich nicht um die<br />
Vernichtung lebensunwerten Lebens, sondern um die Durchführung eines<br />
Erlösungsaktes für Schwer- und Schwerstleidende und ihre angehörigen. FS wird sich<br />
für das Missverständnis entschuldigt haben, aber jeder Zuhörer wusste nun, welche<br />
D<strong>im</strong>ensionen sich hier eröffneten. 145 Als Brack und Prof. Heyde geendet hatten,<br />
herrschte (nach dem Bericht des damaligen Generalstaatsanwalts be<strong>im</strong> Kammergericht)<br />
bei den Teilnehmern eisiges Schweigen. .. ich war über die Ungeheuerlichkeit des<br />
Gehörten ...schwer erschüttert ( Gruchmann, S. 529).<br />
Man wirft <strong>Schlegelberger</strong> vor, dass er nicht diskutieren ließ. Aber was sollte diskutiert<br />
werden? Es gab den Führerbefehl. Die Rechtsgrundlage der Euthanasieaktion zu<br />
diskutieren, hätte zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Rechtsqualität des<br />
Füherbefehls geführt. Das wäre unter den gegebenen Umständen aber als Hochverrat<br />
angesehen worden und hätte nicht nur FS, sondern auch alle Teilnehmer der Sitzung in<br />
größte Gefahr gebracht. Überdies hätte es die Gefahr heraufbeschworen, dass das RJM<br />
von der Aktion ausgeschlossen werden und die Aktion <strong>im</strong> Verwaltungswege erledigt<br />
werden würde. Damit wäre aber nichts gewonnen gewesen. Es musste <strong>im</strong> Gegenteil der<br />
Eindruck erweckt werden, dass das Justizministerium die Wünsche der NS-Führung auf<br />
der Grundlage des geltenden Rechts umsetzen könne und werde. Dazu mussten eben<br />
Verwaltungsanweisungen für die Tötungsaktion erlassen werden. Die preußische<br />
Bürokratie war schließlich die beste der Welt Alles ganz genau. Mehrere tausend<br />
Standesämter <strong>im</strong> ganzen Reich mußten instruiert werden. Alles sollte seinen gehörigen<br />
145 H<strong>im</strong>melmann, S. 10 .<br />
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