Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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II. Gruppierung der Vorwürfe<br />
1. Ausgangspunkt<br />
Die in Nürnberg gegen FS gerichteten Vorwürfe sind nicht leicht zu greifen. Die<br />
verschiedenen Quellen nennen nicht dieselben Fälle, auch wenn diese sich oft<br />
überschneiden. Allgemein wird genannt Hitlers Zufriedenheit mit der Arbeit von FS.<br />
Diese erweise sich in der FS anläßlich seines Ausscheidens aus dem Dienst mit<br />
ehrendem Schreiben zugeflossene Dotation von RM 100.000. v.Alten schreibt ( S. 132):<br />
1944 wandte sich <strong>Schlegelberger</strong> noch einmal direkt an Hitler, um die Genehmigung zu<br />
erhalten, entgegen den bestehenden Vorschriften, mit dem erhaltenen Geld ein<br />
landwirtschaftliches Anwesenin Baden 101 zu erwerben Hitler hat zwar seine Hilfe<br />
zugesichert, zu dem Kauf ist es aber nicht mehr gekommen. Diese Vorgänge<br />
verdeutlichen, dass er auch Hitler gegenüber als treu ergebener und verdienter<br />
Staatsdiener in den Ruhestand ging. Damit neigt sich die Waage gegen <strong>Schlegelberger</strong>.<br />
Das dürfte ein voreiliger Schluss sein. Eine solche Dotation war kein besonderes<br />
Zeichen von Hitlers Wohlwollen. Dotationen an herausragende Staatsdiener waren in<br />
Preußen seit jeher üblich. Bismarck erhielt vom Kaiser nach 1871 den noch heute der<br />
Familie Bismarck gehörenden Sachsenwald geschenkt; Helmut v. Moltke erhielt Geld,<br />
um sich das Gut Kreisau in Schlesien zu kaufen; Hindenburg war das Gut Neudeck/<br />
Ostpreußen als Ehrengabe des reiches geschenkt worden usw. Der Betrag von RM<br />
100.000 war übrigens eher karg, veglichen etwa mit der Dotation von RM 600.000<br />
plus Jagschlößchen, welche der Chef der Reichskanzlei Dr. Lammers erhalten hatte,<br />
Hätte Hitler FS sein Wohlwollen zeigen wollen, hätte er ihn, und nicht Thierack zum<br />
Reichsjustizminister gemacht. Aber Thierackwar gefügig und lenkbar, juristisch konnte<br />
er <strong>Schlegelberger</strong> nicht das Wasser reichen. <strong>Schlegelberger</strong> notiert in seinen<br />
Aufzeichnungen ( S. 68) Lammers sagte mir, dass der Führer ihn nach Theirack<br />
gefragt habe, er habe geantwortet, zum Landgerichtsdirektor werde es wohl gerade<br />
noch reichen. Der Luftglass-Fall und die Euthanasieaktion werden in Nürnberg nur<br />
inzidenter und ohne klare Subsumtion unter die Anklagepunkte behandelt. Das aber sind<br />
die einzigen Fälle, in denen FS unmittelbar mit einer konkreten Tötungsaktion in<br />
Zusammenhang gebracht werden kann. Die sonstigen Vorwürfe zielen auf den<br />
Schreibtischtäter. Sie sind gleichsam weicher, schwer fassbar und bei näherem Hinsehen<br />
scheinen sie völlig zu zerfallen, wie zu zeigen sein wird. Im Einzelnen lassen sich<br />
folgende Vorwurfsgruppen erschließen.<br />
101 Rheinweiler/Baden war Stammsitz der Familie v. Rotberg. Sohn Hartwig hatte 1942 Luise v.<br />
Rotberg geheiratet und lebte mit dieser in höchst beengten Verhältnissen in Berlin. Es war der Gedanke<br />
aufgekommen, in Rheinweiler eine Bleibe zu erwerben. Das „landwirtschaftiche Anwesen“ , um<br />
welches es wahrscheinlich ging, rd 1000 qm damaliger Weinberg, befindet sich jetzt <strong>im</strong> Eigentum von<br />
Hartwigs Tochter, wurde aber aus dem Gehalt von Hartwig erworben. Die Familie hat von den RM<br />
100.000 nicht gesehen.<br />
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