Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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wurde. Vom RMJ nahm <strong>Staatssekretär</strong> Roland Freisler teil. Die darüber hergestellte<br />
Niederschrift spricht davon, dass Juden in den Osten abgeschoben werden sollten, um<br />
ihnen dann auch Schl<strong>im</strong>meres zuzufügen. Von dieser Niederschrift scheint<br />
<strong>Schlegelberger</strong> keine Kenntnis bekommen zu haben, jedenfalls hat er das behauptet (S.<br />
32). In einer Folgesitzung am 6. März 1942, an welcher ein Referent des RMJ teilnahm,<br />
wurde über den von diesen Maßnahmen betroffenen Personenkreis gesprochen. Hierüber<br />
wurde <strong>Schlegelberger</strong> mündlich Bericht erstattet. Daraufhin richtete <strong>Schlegelberger</strong> am<br />
12. März 1942 an den Chef der Reichskanzlei, also praktisch zu Händen Hitlers,<br />
folgendes Schreiben (S. 32 ):<br />
Soeben wird mir von meinem Referenten über das Ergebnis der Sitzung vom 6. März<br />
betreffend Behandlung der Juden und Mischlinge vorgetragen. Nach dem Vortrage<br />
meines Referenten scheinen sich Entschlüsse vorzubereiten, die ich zum großen Teil für<br />
völlig unmöglich halten muss..... es wäre mir dringend erwünscht, sich mit Ihnen<br />
persönlich über die Angelegenheit zu unterhalten. Das Gespräch mit Lammers scheint<br />
nicht zu Stande gekommen zu sein. Am 5. April 1942 leitete <strong>Schlegelberger</strong> den<br />
Teilnehmern der Wannsee-Besprechung eine Stellungnahme zu, in der es unter anderem<br />
heißt ( S. 32/33): Die Endlösung der Judenfrage setzt eine klare .. Abgrenzung des<br />
Personenkreises voraus, für den die in Aussicht genommenen Maßnahmen getroffen<br />
werden sollen. Eine solche Abgrenzung ergibt sich nur, wenn von vorneherein davon<br />
abgesehen wird, die jüdischen Mischlinge zweiten Grades in die Regelung<br />
einzubeziehen. <strong>Schlegelberger</strong> sich in Bezug auf Halbjuden sonst der vom<br />
Reichsminister des Innern vertretenen Auffassung an, dass nämlich die Verhinderung<br />
der Fortpflanzung dieser Mischlinge ihrer Gleichschaltung mit den Volljuden und der<br />
damit verbundenen Abschiebung vorzuziehen ist. Dem würde es entsprechen, dass die<br />
Abschiebung bei denjenigen Halbjuden von vorneherein ausscheidet, die nicht mehr<br />
fortpflanzungsfähig sind.<br />
<strong>Schlegelberger</strong> war die bevorstehende Abschiebung der Juden in den Osten also<br />
bekannt, und er sprach sich für die Sterilisierung von Halbjuden aus. Die Abschiebung<br />
oder, wie es auch hieß, die Umsiedlung der Juden in den Osten war beschlossene Sache.<br />
Das RMJ hatte keine Macht, daran etwas zu ändern. Schegelbergers Vermerk, so<br />
schl<strong>im</strong>m er sich liest, besagt daher eigentlich: Es müssen aber doch nicht alle Juden<br />
abgeschoben werden!<br />
3. Abschiebung oder Vernichtung<br />
Umsiedlungsaktionen größeren Umfanges waren damals nichts Außergewöhnliches.<br />
Aufgrund der zwischen Hitler und Stalin 1939 getroffenen Vereinbarungen waren etwa<br />
150.000 Deutsche aus dem von der Sowjetunion besetzten Baltikum und Bessarabien ins<br />
Reich (Wartheland) umgesiedelt worden. Zwischen Hitler und Mussolini hatte es eine<br />
Verständigung gegeben, wonach die deutschsprachigen Südtiroler entscheiden mußten,<br />
sich entweder vollständig zu italianisieren oder ins Reich auszureise (Option). Etwa<br />
75.000 machten von dieser Option Gebrauch und wanderten „he<strong>im</strong> ins Reich“, zumeist<br />
ins Wartheland. An diesen Aktionen war das <strong>Reichsjustizministerium</strong> offenbar völlig<br />
unbeteiligt. Es finden sich auch keine einschlägigen Gesetze, über die Aus – und<br />
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