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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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überstellt. Die Gestapo war eine Polizeibehörde und war für die Vollstreckung von<br />

(Todes-) Urteilen keinesfalls zuständig, erst recht nicht, zur Erschießung von<br />

Menschen, die gar nicht verurteilt waren. Wenn es überhaupt noch eine Möglichkeit der<br />

Rettung für Luftglass gab, dann diese, wo der geschäftsführende Reichsjustizminister<br />

persönlich dem Chef der Staatskanzlei unter die Nase rieb: Will der Führer wirklich<br />

einen Mann, der zu einer relativ geringen Freiheitsstrafe von 2 ½ Jahren verurteilt<br />

wurde, ohne Prüfung des Falles, ohne erneute Verhandlung, erschießen lassen? Will er<br />

diesen Rechtsbruch wirklich begehen? Was hätte FS tun sollen, den armen Markus<br />

Luftglass vor der rechtswidrigen Exekution zu schützen? Den Befehl Hitlers, seines<br />

wie allbekannt zu allem fähigen Dienstvorgesetzten, zu missachten? Das hätte Hitler zu<br />

unkontrollierten Maßnahmen gegen FS selbst und die schwachen Restzuständigkeiten<br />

des RMJ führen können. Dem armen L. hätte das einige Stunden, bestenfalls einige<br />

Tage Aufschub gewährt, ihm aber gewiss nicht geholfen. Die Gestapo hätte ihn, wie sie<br />

es tausendfach gemacht hatte, unter Berufung auf den Führerbefehl aus dem<br />

Gewahrsam des RMJ bzw. des Gefängnisses geholt und erschossen.<br />

Im Sinne heutiger Rechtsstaatlichkeit handelte <strong>Schlegelberger</strong> eindeutig rechtswidrig.<br />

Rechtmäßig wäre gewesen, wenn er auf die Weisung, Luftglass zu überstellen, etwa wie<br />

folgt geantwortet hätte: Da L. rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde,<br />

habe ich ihn zur Verbüßung der Freiheitsstrafe in ein Gefängnis einweisen lassen. Eine<br />

Überstellung an die Gestapo erübrigt sich daher. Er hätte dann noch hinzufügen<br />

können: Es ist bekannt, dass die Gestapo widerrechtliche Erschießungen durchführt.<br />

Dieser Gefahr war durch die von mir angeordnete Maßnahme vorzubeugen. Vielleicht<br />

wäre in diesem Falle nun endlich einmal, ein tapferes Wort angebracht gewesen!<br />

Männer wie Luther in Worms (1521) und Yorck von Wartenburg in der Konvention<br />

von Tauroggen (1812) hatten den Mut, ohne Rücksicht auf ihr Leben, nur ihrem<br />

Gewissen getreu, das größere Ziel zu verfolgen. Die Geschichte ehrt sie dafür. Vielleicht<br />

hätte Hitler vor solchen oder ähnlichen Worten <strong>Schlegelberger</strong>s erstaunt und<br />

anerkennend eingelenkt. So etwas kam vor. Wahrscheinlich aber hätte Hitler ihn mit<br />

Pension nachhause geschickt. Wenn es <strong>Schlegelberger</strong> aber auch jetzt noch darum ging,<br />

der Justiz einen Rest von Mitwirkungsmöglichkeit gegen das <strong>im</strong>mer weiter um sich<br />

greifende Unrecht zu erhalten, dann durfte er wohl nicht anders handeln, als wie er es<br />

tat. Der aus einer etwaigen Befehlsverweigerung <strong>Schlegelberger</strong>s zu erwartende<br />

Schaden bestand in der Gefahr, dass der Führer endgültig die Geduld mit einer Justiz<br />

verlieren würde, welche ihn mit leeren Formalitäten daran zu hindern zu suchte, das zu<br />

tun, was er als Führer des Großdeutschen Reiches für erforderlich hielt.<br />

c. Kritik<br />

In der hier vorgetragenen Sicht hat <strong>Schlegelberger</strong> alles getan, was unter den gegebenen<br />

Umständen möglich war, um die gesetzwidrige Exekution zu verhindern. Anzumerken<br />

ist allerdings, dass <strong>Schlegelberger</strong>, soweit bekannt, sich auf diese Entschuldigung nie<br />

berufen hat. Das kann dafür sprechen, dass die hier gegebene Erklärung falsch ist, dass<br />

also der Schuldvorwurf nicht beseitigt ist. Es lassen sich aber auch Gegenüberlegungen<br />

anstellen. Der Luftglassfall war nur einer von mehreren, welche <strong>im</strong> Rahmen des<br />

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