Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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Nr. 11: Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens. Hierzu<br />
vergleiche man die heutige Diskussion zu überhöhten Bonifikationen für<br />
Investmentbanker.<br />
Nr. 14: Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben. Seit Jahren eine, heute<br />
zT verwirklichte Forderung aller Parteien unter dem Grundgesetz.<br />
Nr. 15: Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine<br />
Erhaltung. Ständige Forderung in Sonntagsreden der CDU/FDP.<br />
Nr.20: Ausbau des gesamten Volksbildungswesens, um jedem Deutschen das<br />
Einrücken in führende Stellungen zu ermöglichen. Ewiges Thema der deutschen<br />
Kulturpolitik unter dem GG.<br />
Nr. 20: Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politisch Lüge<br />
und ihre Verbreitung durch die Presse. Beachte heute die Landespressegesetze,<br />
die Einrichtung des deutschen Presserates usw.<br />
Nr. 24 Abs. 2 S. 2: Gemeinnutz vor Eigennutz. vgl. Art. 14 Abs. 2 und 3 GG:<br />
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der<br />
Allgemeinheit dienen.(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit<br />
zulässig.<br />
Nr. 25: Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlamentes.<br />
Es wird gesagt, dass diese Rede nach dem Empfängerhorizont als ein eindeutiges<br />
Bekenntnis zum NS-Staat habe verstanden werden müssen und verstanden werden<br />
sollte. Es sei nicht bekannt, dass sie damals anders aufgefasst wurde. Als<br />
Empfängerhorizont wird beschrieben das Gesamt der Umstände, die einen redlichen<br />
Bürger zu einem best<strong>im</strong>mten Verständnis einer Aussage bringen. <strong>Schlegelberger</strong>s<br />
Empfängerhorizont bei dieser Rede bestand aus erfahrenen Richter, die zwischen der<br />
Norm und der Auslegung einer Norm unterscheiden konnten; diesen war das prekäre<br />
politische Umfeld, in welchem <strong>Schlegelberger</strong> sprach, bewußt. Man konnte nicht offen<br />
sprechen. Es ist zwar möglich, dass <strong>Schlegelberger</strong> sein Auditorium auf den NS-Staat<br />
einschwören wollte. Es ist aber auch möglich, dass seine Zuhörer genau zuhörten und<br />
sich fragten, was <strong>Schlegelberger</strong> denn wohl damit meinte, wenn er das Parteiprogramm,<br />
welches in der Rechtspraxis doch überhaupt keine Rolle spielte, so hervorhob. Dieses<br />
war 1941 doch in keiner Weise verwirklicht worden. Nr. 20 und 25 waren besonderes<br />
prekär: Alle Deutschen, mochten sie Dr. Goebbels und seine geschickte Propaganda<br />
auch bewundern, wußten, dass die gleichgeschaltete Presse bewußte politische Lügen<br />
verbreitete. Die Autorität des Zentralparlamentes, des Reichstags, der kaum noch tagte,<br />
war völlig untergraben. <strong>Schlegelberger</strong>s Rede konnte also durchaus den Inhalt gehabt<br />
haben und konnte auch so verstanden werden: Liebe Kollegen, wohin sind wir <strong>im</strong><br />
Deutschen Reich heute gekommen! Schaut euch doch das Parteiprogramm einmal<br />
wirklich an und nützt die darin enthaltenen rechtsstaatlichen Element, indem ihr <strong>im</strong><br />
Schutz dieses NS-Programm, gegen die NS- Reg<strong>im</strong>e Urteile macht.<br />
Als zweite Auslegungsquelle hatte FS die Willensäußerungen ihres Schöpfers und<br />
berufensten Künders, des Führers, genannt. Auch diese Worte müssen nicht das<br />
bedeuten, was sie heute scheinen. In der Eröffnungsrede zum Nürnberger Parteitag 1935<br />
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