Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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Justiz von der Monarchie bis zur Demokratie in der Bundesrepublik“. Das zentrale<br />
Thema der Dissertation ist der Nürnberger Prozess gegen <strong>Schlegelberger</strong> – Hitlers Top-<br />
Juristen. Arne Wulff listet jedoch – neben den Anklagepunkten und jeweils der<br />
Entgegnung der Verteidigung – fast nur wohlwollende Zeugenaussagen und entlastende<br />
Dokumente auf. In Wulffs Traktat erscheint <strong>Schlegelberger</strong> als Bollwerk gegen die<br />
Angriffe der Nazis auf das Rechtssystem, als Hüter einer unabhängigen Justiz. Als ein<br />
solches Bollwerk stellte <strong>Schlegelberger</strong> sich auch selbst dar: Hitler, so erklärt<br />
<strong>Schlegelberger</strong> bei den Nürnberger Prozessen unter Eid, „war der erklärte Gegner“.<br />
Dieser Gegner beruft ihn 1941, nach acht Jahren angeblicher Widerständigkeit, zum<br />
geschäftsführenden Reichsjustizminister und gewährt ihm bei seiner Pensionierung eine<br />
Donation von 100 000 Mark. 1944 bittet der Beschenkte Hitler um Genehmigung, mit<br />
diesem Geld ein Grundstück kaufen zu dürfen. Arne Wulff freilich führt in seiner<br />
Dissertation aus, der Mann habe das Geld aus Hitlers Hand nie angerührt und das<br />
Grundstück mit anderem Geld kaufen wollen. Dessen vom Führer genehmigte Bitte,<br />
auch <strong>im</strong> Ruhestand seine Dienstuniform tragen zu dürfen, wird von Arne Wulff nicht<br />
erwähnt. Gewiss war <strong>Schlegelberger</strong> kein fanatischer Faschist. Er war, wie das Gericht<br />
anerkennt, eine tragische Figur. Doch wie ein bürgerlich konservativer und<br />
pflichtbewusster Beamter lavierend von Kompromiss zu Kompromiss zum<br />
Mitverantwortlichen wird für Barbarei und für nicht wenige Morde, das gibt diesem Fall<br />
paradigmatische Brisanz. Doch Arne Wulff findet kein Wort der kritischen Reflexion<br />
und Distanz. Wann geht ein von Verantwortung getragenes Verhinderungs-Mitwirken<br />
über in verbrecherische Mittäterschaft? Wo setzt die Sittlichkeit dem Gehorsam<br />
Grenzen? Wann müssen Beamte künftig die Reißleine ziehen, wo ihren Dienstherrn<br />
ausbremsen oder aufkündigen? Dazu bietet Arne Wulffs Traktat keinen einzigen<br />
Gedanken. Statt dessen verliert sich dieses intellektuell auffallend dürftige Papier in<br />
mitfühlendem Verständnis und in biografischen und familiären Details.Ist Arne mit<br />
dieser distanzlosen Doktorarbeit <strong>im</strong> Amt des Chefs einer Staatskanzlei in unserer<br />
Demokratie tragbar? Kann sich Schleswig-Holstein einen solchen Spitzenbeamten<br />
leisten?<br />
1 OVGE 18, 446 ff<br />
Anhang 2 Kontrollratsgesetz Nr. 10 <br />
Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden<br />
oder gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben.<br />
vom 20. Dezember 1945<br />
lm die Best<strong>im</strong>mungen der Moskauer Deklaration vom 30. Oktober 1943 und des<br />
Londoner Abkommens vom 8. August 1945, sowie des <strong>im</strong> Anschluß daran erlassenen<br />
Grundgesetzes zur Ausführung zu bringen, und um in Deutschland eine einheitliche<br />
Rechtsgrundlage zu schaffen, welche die Strafverfolgung von Kriegsverbrechern und<br />
anderen Missetätern dieser Art - mit Ausnahme derer, die von dem Internationalen<br />
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