Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium
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fachliches Wissen, sondern auch die Vornehmheit der Gesinnung, die unter Verachtung<br />
jeder Hinterhältigkeit <strong>im</strong> Geiste wahrer Kameradschaft das Letzte einsetzen läßt für die<br />
Erfüllung der gestellten Aufgaben.<br />
Ich wünsche Ihnen, Herr Reichsminister, daß, wenn Sie einmal aus diesem Amte<br />
scheiden, Sie die Gewißheit der Liebe und Verehrung dieser Ihrer Gefolgschaft haben<br />
mögen, die der letzte Reichsjustizminister Dr. Gürtner in so hohem Maße genossen hat,<br />
und die ich mit Stolz in den Ruhestand herübernehme.<br />
III. Nach der Entlassung<br />
(Weiter aus den Aufzeichnungen) Es bleibt mir nur übrig, über meine Tätigkeit als<br />
<strong>Staatssekretär</strong> und geschäftsführender Minister abschließend folgendes zu sagen: In<br />
einer Ansprache in der Gesellschaft der Berliner Freunde der deutschen Akademie vom<br />
9. Dezember 1937 über Kunstschaffen und Gesetzgebung habe ich folgendes ausgeführt:<br />
Wer je ein Buch geschrieben hat, weiß, daß der Autor sein fertiges Werk nicht liest. Hat<br />
er, und das gleiche gilt für den Künstler, den Stoff bezwungen, so bindet ihn nicht mehr<br />
allzu sehr die Liebe des Erzeugers zu seinem Werk, ja, es tritt ein Zustand der<br />
Entfremdung ein: Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag 158 . Ganz anders der<br />
Gesetzgeber, jedenfalls der Gesetzgeber unserer Zeit.<br />
Seine Aufgabe ist nicht damit erfüllt, daß das Gesetz <strong>im</strong> Reichsgesetzblatt steht, nein,<br />
seine schwere Aufgabe beginnt dann erst, und diese besteht darin, das Gesetz mit Leben<br />
zu erfüllen. Er muß die Gedanken des Gesetzes hinaustragen in die beteiligten Kreise<br />
des Volkes, muß werben für das Verständnis, muß acht darauf geben, daß das Leben<br />
nicht aus der Bahn weicht, die das Gesetz vorschreibt, muß mahnen, ermuntern und<br />
belehren. Er trägt die Verantwortung dafür, daß das Gesetz befolgt wird.<br />
Dieser Aufgabe wird der Gesetzgeber nur dann gerecht werden können, wenn er sich<br />
übt in der großen Kunst, die das Gehe<strong>im</strong>nis der Volksführung ist, der Kunst der<br />
Menschenbehandlung......<br />
Auf dieser Erkenntnis beruhen die vielen von mir erwähnten Vorträge, aus dieser<br />
Überzeugung bin ich nicht müde geworden, in die Bezirke hinauszufahren und mit<br />
meinen Richtern und Staatsanwälten über die dienstlichen Aufgaben und über ihre<br />
persönlichen Schicksale zu sprechen. Und wenn meine Tätigkeit für die Justiz<br />
segensreich gewesen ist, so weiß ich, daß das Gehe<strong>im</strong>nis des Erfolges nicht in erster<br />
Reihe in dem Ersinnen neuer Normen, sondern gerade in dieser Fühlungnahme von<br />
Mensch zu Mensch, in der sorgfältigen Auswahl der Persönlichkeiten und dem Vorbild<br />
gelegen hat.<br />
158 Zitat aus Goethes Faust<br />
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