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Franz Schlegelberger - Staatssekretär im Reichsjustizministerium

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IX. Mitwirkung am rückwirkendem Strafgesetz<br />

1. Vorwurf<br />

<strong>Schlegelberger</strong> wird vorgeworfen, an dem Gesetz zur Ergänzung der Vorschriften<br />

gegen Landesverrat vom 22. November 1942 mitgewirkt zu haben. Am 27. Mai 1942<br />

leitete <strong>Schlegelberger</strong> den zuständigen Ressorts den Entwurf eines Gesetzes zu, in<br />

welchen die Strafbest<strong>im</strong>mungen zur Vorbereitung des Landesverrates rückwirkend<br />

verschärft wurden. Zu Grunde lagen zwei Strafverfahren wegen Landesverrats einmal<br />

gegen den Juden Leo Sklarek zum andern gegen einen Deutschen. Die Taten lagen vor<br />

Hitlers Machtantritt. Das Gesetz vom 24. April 1934, in welchem die Strafen für<br />

Landesverrat verschärft worden waren, konnte daher nicht angewendet werden.<br />

<strong>Schlegelberger</strong>s Gesetzentwurf, der nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst als<br />

Gesetz verkündet wurde, sah rückwirkende Anwendung der Strafvorschriften vor.<br />

Auch hier hat <strong>Schlegelberger</strong> sich dahin eingelassen, dass er mit dieser Maßnahme<br />

Schl<strong>im</strong>meres habe verhüten wollen. H<strong>im</strong>mler habe verlangt, bei Landesverrat die allein<br />

gerechte Bestrafung, also Erschießen, durch die Polizei durchführen zu lassen. Um eine<br />

solche generelle Ermächtigung der Polizei zu vermeiden, habe er angeregt, die<br />

Strafandrohung für das Delikt rückwirkend zu verschärfen, um so die Ahndung dieser<br />

Fälle in den Händen der Justiz zu lassen.<br />

2. Rückwirkung als Rechtsstaatswidrigkeit<br />

Die Rückwirkung einer Strafandrohung verstieß gegen § 2a des damaligen<br />

Strafgesetzbuches: Die Strafbarkeit einer Tat und die Strafe best<strong>im</strong>men sich nach dem<br />

Recht, das zur Zeit der Tat gilt. Der Vorschlag widersprach anscheinend auch der<br />

deutschen und europäischen Rechtstradition, wie sie z. B. Art. 103 II GG formuliert<br />

ist: Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich best<strong>im</strong>mt war,<br />

bevor die Tat begangen wurde.<br />

In Art. 103 GG fällt allerdings auf, dass nur von der Strafbarkeit einer Tat die Rede ist,<br />

nicht von der Strafhöhe oder Strafart. Landesverrat war <strong>im</strong>mer strafbar. Was sich<br />

rückwirkend ändern sollte, war nur das Strafmaß. Man kann zwar mit guten Gründen<br />

der Meinung sein, dass die rückwirkende Verschärfung der Strafandrohung<br />

grundsätzlich unzulässig ist. <strong>Schlegelberger</strong>s damalige Gegenmeinung dürfte aber noch<br />

innerhalb des unter verfassungstreuen Juristen möglichen Meinungsspektrums liegen.<br />

Dieses umso mehr angesichts der Tatsache, dass wenig später, in den Nürnberger<br />

Prozessen, die Verurteilungen auf Rechtsnormen gegründet wurden, welche es zum<br />

Zeitpunkt der Begehung der Taten noh gar nicht gab, wo also auch die Strafbarkeit 8<br />

nicht nur die Strafart-und höhe) rückwirkend festgelegt wurden. <strong>Schlegelberger</strong> berief<br />

sich vor dem Oberverwaltungsgericht auch auf das österreichische Recht, welches für<br />

Landesverrat ebenfalls rückwirkende Strafverschärfungen eingeführt hatte. Er hätte auch<br />

auf das holländische Recht hinweisen können. Nach 1945 führte die holländische<br />

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