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Die Goldminen auf dem Dent de Vaulion<br />
Erstaunli<strong>ch</strong>erweise hat die Goldsu<strong>ch</strong>erei im<br />
waadtländis<strong>ch</strong>en Jura, die für viele ni<strong>ch</strong>ts als<br />
Enttäus<strong>ch</strong>ungen und fru<strong>ch</strong>tlose Arbeit bedeutete,<br />
bisher no<strong>ch</strong> keinen Di<strong>ch</strong>ter zu melan<strong>ch</strong>olis<strong>ch</strong>en<br />
oder ironis<strong>ch</strong>en Versen über die Unvernunft<br />
des Mens<strong>ch</strong>en inspiriert. Dabei böte ihre<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te genügend Stoff für eine ganze Reihe<br />
von Strophen: "Goldsu<strong>ch</strong>ende Meute“ würde<br />
si<strong>ch</strong> gut auf „Grosse Pleite“ reimen.<br />
Aber urteilen Sie selbst:<br />
Das "Dictionnaire géographique et statistique<br />
du canton de Vaud“ (1867) s<strong>ch</strong>reibt unter dem<br />
Sti<strong>ch</strong>wort „Dent de Vaulion“: ... Der Dent de<br />
Vaulion stand bei der Bevölkerung lange Zeit<br />
im Ruf, Goldvorräte zu bergen. Vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Volkssagen beri<strong>ch</strong>ten, vom Glück begünstigte<br />
Goldsu<strong>ch</strong>er hätten dort S<strong>ch</strong>ätze entdeckt, die<br />
ihnen grossen Rei<strong>ch</strong>tum bra<strong>ch</strong>ten ...<br />
Diese Legenden die von den Erzählern zweifellos<br />
no<strong>ch</strong> ausges<strong>ch</strong>mückt wurden, erregten die<br />
Phantasie zahlrei<strong>ch</strong>er Mens<strong>ch</strong>en und lockten<br />
immer neue Goldgräber an, die si<strong>ch</strong> zu oft sehr<br />
grossen Verbänden zusammens<strong>ch</strong>lossen. Es<br />
kam vor, dass si<strong>ch</strong> fast alle männli<strong>ch</strong>en Einwohner<br />
eines Dorfes ges<strong>ch</strong>lossen zur Goldsu<strong>ch</strong>e<br />
auf dem Dent de Vaulion meldeten und<br />
dort ihre Zeit und ihr Geld verloren. Kaum eine<br />
Stelle des Berges blieb von den Hacken der<br />
Gräber unberührt.<br />
Die dem Dorf Vallorbe zugewandte Bergseite<br />
ist von sehr tiefen Stollen dur<strong>ch</strong>fur<strong>ch</strong>t, die oft<br />
bis zum gewa<strong>ch</strong>senen Fels vorstossen.<br />
Trotz unzähligen Enttäus<strong>ch</strong>ungen liessen si<strong>ch</strong><br />
man<strong>ch</strong>e Goldgräber ni<strong>ch</strong>t entmutigen. Vergebli<strong>ch</strong><br />
versu<strong>ch</strong>ten boshafte Spötter, ihre Geduld<br />
und ihre Anstrengungen der<br />
Lä<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong>keit preiszugeben; ihr Glaube blieb<br />
unbeirrbar. Sie vertrauen auf die magis<strong>ch</strong>e<br />
Kraft der Wüns<strong>ch</strong>elrute, wel<strong>ch</strong>e den Weg zu<br />
den Goldvorkommen weist, und auf den Spiegel<br />
Salomons, mit dem man ins Innere der Erde<br />
blicken kann ... No<strong>ch</strong> vor ni<strong>ch</strong>t allzu langer<br />
Zeit hat eine Französin die Gutgläubigkeit dieser<br />
Mens<strong>ch</strong>en auf s<strong>ch</strong>äbige Weise ausgenutzt<br />
und viele von ihnen in den Ruin getrieben. Hoffentli<strong>ch</strong><br />
werden die Verbreitung der Aufklärung<br />
und die Erkenntnisse der Wissens<strong>ch</strong>aft der töri<strong>ch</strong>ten<br />
Goldgräberei bald ein Ende bereiten;<br />
s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> gilt es als wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> erwiesen,<br />
dass Goldminen von Bedeutung in erdges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
jungen Kalks<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten – und aus sol<strong>ch</strong>en<br />
besteht der Dent de Vaulion – gar ni<strong>ch</strong>t<br />
vorkommen.<br />
Marc Weidmann hat kürzli<strong>ch</strong> versu<strong>ch</strong>t, dur<strong>ch</strong><br />
Na<strong>ch</strong>fors<strong>ch</strong>ungen an Ort und Stelle sowie<br />
dur<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>en im kantonalen Ar<strong>ch</strong>iv die<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Goldgräber auf dem Dent de<br />
Vaulion zu rekonstruieren und ausfindig zu ma<strong>ch</strong>en,<br />
was Tatsa<strong>ch</strong>e und was Legende ist. Hier<br />
einige Auss<strong>ch</strong>nitte aus seinem Artikel "Une<br />
ruée vers l'or vaudoise" ("Ein Goldraus<strong>ch</strong> im<br />
Waadtland“), der im August 1973 in der Zeits<strong>ch</strong>rift<br />
„Cristalier suisse" ers<strong>ch</strong>ienen ist:<br />
„Zur Erweiterung unseres Wissens über dieses<br />
Thema haben wir im Vallée de Joux eine Untersu<strong>ch</strong>ung<br />
dur<strong>ch</strong>geführt. Ihre Ergebnisse bestätigten<br />
die Sage von den Goldminen; sie<br />
wiesen au<strong>ch</strong> darauf hin, dass no<strong>ch</strong> vor<br />
wenigen Jahrzehnten Goldsu<strong>ch</strong>er am Werke<br />
waren, die si<strong>ch</strong> bemühten, ihre Absi<strong>ch</strong>ten zu<br />
verheimli<strong>ch</strong>en.<br />
Frau Léonie ReymondRo<strong>ch</strong>at von Piguet<br />
Dessous, die im Jahre 1878 geboren ist, beri<strong>ch</strong>tet<br />
etwa:<br />
„In meiner Kindheit hat unsere Mutter uns die<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten erzählt, die damals im Umlauf waren.<br />
Es handelte si<strong>ch</strong> um das Gold<br />
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