PDF (27.2 Mbyte) - Shinguz.ch

mit schwarzäugigen Mädchen aus dem benachbarten
Italien im Reigen drehen. Bis zum
Morgengrauen spornt die Fidel mit wilden
Klängen die Tänzer immer von neuem an, unablässig
füllt der Schankwirt die Becher mit billigem
Wein, französische, deutsche und
italienische Trinklieder verschmelzen mit dem
Gelächter und Stimmengewirr der Trunkenen.
Von Zeit zu Zeit drängt die Kutsche eines Ingenieurs
oder Inspektors, eines schmerbäuchigen
Aktionärs in Begleitung einer eleganten
Pariser Dame die Menge der Tanzenden auseinander;
die Herrschaften spendieren wohl
eine Runde, führen den Champagnerkelch an
die Lippen und verfügen sich dann zu irgendeinem
der Empfänge in den vornehmen Stadtteilen
Comos. Selbst die Einheimischen, die an
den Vergnügungen nicht teilnehmen, werden
von der Ausgelassenheit angesteckt, die in ihrem
Dorf herrscht. Gondo, vor kurzem noch ein
unbedeutendes Bergnest an der Simplonstrasse,
ist mittlerweile in ganz Europa ein Begriff.
Es hat seine eigene Zeitung, "L'avenir du
Simplon“ ("Die Zukunft des Simplons“), in welcher
regelmässig der Stand der
Goldminenaktien an der Börse verzeichnet ist,
ebenso wie sein Postbüro und sein Telegraphenamt.
Zahlreiche begüterte Reisende
verlassen den Ort um einige Taler leichter, und
die Geschäftsleute haben ihre liebe Mühe, den
vielfältigen und kostspieligen Wünschen der
Mineneigentümer Genüge zu leisten. Das
goldene Zeitalter scheint angebrochen zu sein,
und schon glaubt man, dass hier, wie in Kalifornien,
bald eine Stadt aus dem Erdboden
wachsen wird.
Der Direktor blättert, an seinem Schreibtisch
sitzend, im wöchentlichen Arbeitsbericht. Er erinnert
sich an die Rede, welche er in Paris
anlässlich der Gründung der
Eine Stampfmühle zum Zerschlagen des
Erzes. Diese Maschine, 1507 vom Deutschen
Sigmund von Maltiz erfunden, wurde besonders
in Gondo verwendet.
Schweizer Goldminengesellschaft gehalten
hat:
"Messieurs, ich bin glücklich, Ihnen nach dreimonatigen
Untersuchungen der Goldvorkommen
in Gondo bestätigen zu können, dass
diese unseren Erwartungen vollauf entsprechen
...
Frühere Schürfungen haben, trotz primitiver
Arbeitsmethoden, grosse Gewinne gebracht;
die Familie Maffiola zum Beispiel hat aus der
Mine, die nach ihr benannt ist, enorme Summen
herausgeholt.
Die zahlreichen Gesteinsproben, die ich untersucht
habe, ergaben einen durchschnittlichen
Goldgehalt von mehr als 40 Gramm pro Tonne
Erz. Selbstverständlich werden wir einige Monate
für die Schürf­ und Bohrarbeiten benötigen,
bevor wir die ersten Goldbarren
schmelzen können.
Zuerst werden wir nur eine kleine Bearbeitungsfabrik
einrichten; sobald die Stollen
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