23.01.2014 Aufrufe

Tätigkeitsbericht 2002/2003 - IGPP

Tätigkeitsbericht 2002/2003 - IGPP

Tätigkeitsbericht 2002/2003 - IGPP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Cultural Studies and Social Research 43<br />

Modus zu kommunizieren. Eine weiterführende Hypothese<br />

dazu könnte lauten: Die Exkludierung solcher<br />

Erfahrungen aus der alltäglichen Lebenswelt verfolgt<br />

ein soziales Kontrollinteresse. Diesem geht es<br />

um die wissenschaftliche Zurichtung des lebensweltlichen<br />

Denkens und die Eliminierung sozial<br />

und/oder politisch unerwünschter kollektiver Wissensbestände.<br />

Ideelle Basis ist die Unterscheidung<br />

des wissenschaftlich-rationalen von einem magischirrationalen<br />

Wissen. Durch die soziale Stigmatisierung<br />

(Stichwort: Aberglaube) des Letzteren wird die<br />

Hegemonie des wissenschaftlichen über das lebensweltliche<br />

Denken historisch zunächst her- und dann<br />

sichergestellt. (Dieser vorläufigen These ist im Rahmen<br />

der weiteren Untersuchungen nachzugehen.)<br />

Schetsche<br />

Publikationen: Schetsche (<strong>2003</strong>a);<br />

Schetsche, Schmied-Knittel (<strong>2003</strong>)<br />

The exclusion of such experiences from everyday life<br />

is procured in the interest of social control, whereby<br />

the intend is the scientific curbing of this type of everday<br />

knowledge, and to eliminate socially or politically<br />

undesirable collective knowledge. The ideal basis is<br />

the distinction between scientific-rational and magicirrational<br />

knowledge. As a result of the societal stigmatization<br />

of magic-irrational knowledge (keyword: superstition)<br />

the dominance of scientific-thinking over<br />

the everyday has been constituted and guaranteed.<br />

(This provisional hypothesis will be checked in the context<br />

of further investigations).<br />

Schetsche<br />

Publications: Schetsche (<strong>2003</strong>a);<br />

Schetsche, Schmied-Knittel (<strong>2003</strong>)<br />

Projekt W3: Gesellschaftliche Diskurse zu okkulten<br />

Gefahren – das Beispiel “satanisch-ritueller Missbrauch”<br />

Seit Anfang der achtziger Jahre wurde – zunächst in<br />

den USA und Kanada – im Zusammenhang mit sexueller<br />

Gewalt gegen Kinder immer wieder auch über<br />

die Misshandlung und Ermordung von Kindern in satanistischen<br />

Gruppen und Kulten berichtet. Die fachlichen<br />

und öffentlichen Debatten über den so genannten<br />

satanisch-rituellen Missbrauch (SRA – satanic ritual<br />

abuse) erreichten kurze Zeit später die Bundesrepublik<br />

und leiteten in einigen spektakulären Fällen<br />

auch die strafrechtliche Praxis an. Sowohl unter Fachleuten<br />

als auch innerhalb der breiten Öffentlichkeit ist<br />

das Ausmaß dieses Problems jedoch bis heute umstritten.<br />

Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen,<br />

dass die meisten der Erfahrungsberichte und Zeugenaussagen<br />

von Personen stammen, die sich erst nach<br />

Jahren – oftmals im Rahmen einer Psychotherapie – an<br />

die furchtbaren Erlebnisse ihrer Kindheit “wiedererinnert”<br />

haben.<br />

Obwohl die meisten Aussagen nicht gerichtsfest<br />

nachprüfbar sind, haben sie auch in Deutschland<br />

zu einer Beunruhigung der Öffentlichkeit und zu<br />

Forderungen nach speziellen staatlichen Maßnahmen<br />

gegen kultischen bzw. rituellen Missbrauch<br />

geführt. Dazu beigetragen haben sowohl die Ungeheuerlichkeit<br />

der jeweils geschilderten Missbrauchs-,<br />

Indoktrinierungs- und Gewalterlebnisse als auch ihr<br />

angenommener weltanschaulich-organisatorischer Hintergrund:<br />

die Existenz einer (neuen) okkulten Gefahr<br />

in Form nationaler und internationaler satanischer<br />

Netzwerke.<br />

Aufgabe des Forschungsprojekts ist es, die Entstehung<br />

und Verbreitung dieser Gefahrenwahrnehmung<br />

in Deutschland im Rahmen einer Diskursanalyse umfassend<br />

zu rekonstruieren. Dabei soll es nicht nur um<br />

die ideellen Bestandteile des Gefahrendiskurses (seine<br />

Project W3: Social Discourses on Occult Dangers<br />

– the Example ‘Satanic-Ritual Abuse’<br />

Since the beginning of the eighties, in the context of<br />

violence against children reports have been published<br />

– at first in the United States and Canada – about<br />

abuse and homicide of children in satanic groups and<br />

cults. The public and experts’ discussions about the<br />

so-called satanic ritual abuse (SRA) reached Germany<br />

shortly afterwards and led the way in some spectacular<br />

cases with regard to the legal penalty system.<br />

However, the extent of this problem is controversial<br />

among both the experts and the public. This is not<br />

related to the fact that most of the field reports and<br />

testimonies come from people who have brought these<br />

dreadful experiences back to mind after years – often<br />

in the context of psychotherapy.<br />

Although most statements are not judicially verifiable,<br />

they have led to anxiety in the German public and<br />

to a call for special state-run measures against ritual<br />

abuse in cults, both because of the inhumanity of<br />

the reported experiences, the indoctrination and the<br />

violence, and because of their supposed ideological and<br />

organizational background – the existence of a new<br />

occult danger in terms of national and international<br />

satanic networks.<br />

The aim of this research project is to extensively reconstruct<br />

the emergence and spreading of this anxiety in<br />

Germany by means of discourse-analysis. Hereby not<br />

only the ideational parts of the discourse (its background<br />

presumptions, ideological premises and lines

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!