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Unternehmensnachfolge - Handwerkskammer Aachen

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Kombination von Ertrags- und<br />

Substanzwertverfahren<br />

In der Praxis werden Ertragswert- und Substanzwertverfahren<br />

meist kombiniert, wobei der Ertragswert<br />

– in der Regel – zu 90 Prozent den Kaufpreis<br />

bestimmt, der Substanzwert dagegen nur zu 10<br />

Prozent. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, deren<br />

Substanz tatsächlich von besonders hohem Wert ist<br />

wie beispielsweise Immobiliengesellschaften.<br />

Welche Methoden zur Kombination der beiden<br />

Verfahren angewandt werden, ist sehr verschieden.<br />

Auch wenn für Banken allgemein die Ertragskraft<br />

eines Unternehmens entscheidend ist, so wird die<br />

Einschätzung der zukünftigen Erträge oder die<br />

Berücksichtigung der Unternehmenssubstanz doch<br />

von Bank zu Bank unterschiedlich gehandhabt.<br />

Kombiniert werden die beiden Verfahren dabei<br />

auch zu anderen Zwecken als dem der Kaufpreisfindung.<br />

Die Finanzverwaltung wendet bei nicht-börsennotierten<br />

Kapitalgesellschaften beispielsweise das<br />

so genannte „Stuttgarter Verfahren“ als Berechnungsgrundlage<br />

der Erbschaft- und Schenkungsteuer an.<br />

Ein ganz anderer Wert, nämlich der Verkehrswert,<br />

dient wiederum als Grundlage zur Berechnung von<br />

Pflichtteilsansprüchen oder Abfindungsansprüchen<br />

für weichende Gesellschafter. Wenn also ein Erbe<br />

wegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel im<br />

Gesellschaftsvertrag nicht Gesellschafter werden kann.<br />

Weitere Methoden (nicht vollständig):<br />

3 Multiplikatorverfahren: für freie Berufe<br />

(Steuerberater, Rechtsanwälte, Ärzte,<br />

Architekten). Der Kaufpreis wird ermittelt, indem<br />

der Umsatz mit einem branchenüblichen Faktor<br />

multipliziert wird.<br />

3 Übergewinnmethode: wenn für Bilanzierungszwecke<br />

die Wertansätze der einzelnen Aktiva<br />

und Passiva benötigt werden.<br />

3 Stuttgarter Verfahren: nur für Abfindungszwecke<br />

bei nicht notierten Kapitalgesellschaften,<br />

nicht für Kaufpreisbildung, da Nachfolger nicht<br />

auf Vergangenheitswerten aufbauen.<br />

3 Liquidationswert: wenn einzelne Vermögenswerte<br />

verkauft werden. Es handelt sich um den<br />

Wert zum Zeitpunkt der Liquidation (Zerschlagung)<br />

des Unternehmens. Letztendlich entscheidet<br />

die Nachfrage am Markt und damit der so<br />

genannte Verkehrswert.<br />

3 Stichtagsprinzip: bei familienrechtlichen<br />

Auseinandersetzungen, insbesondere bei<br />

Beendigung der Zugewinngemeinschaft.<br />

Anfangs- und Endvermögen werden zu einem<br />

bestimmten Stichtag ermittelt.<br />

Festzuhalten bleibt:<br />

Es gibt zwar eine Reihe von Methoden, um den<br />

Wert von Unternehmen zu ermitteln, es gibt aber<br />

kein für alle Unternehmen und Branchen einheitliches<br />

Verfahren. Wann welches Bewertungsverfahren<br />

angewendet werden soll, hängt vom Bewertungszweck,<br />

der Unternehmensgröße und vom vorhandenen<br />

Datenmaterial ab. Die Rechtssprechung wendet<br />

beispielsweise die Ertragswertmethode an, wenn ausscheidende<br />

Gesellschafter abgefunden werden müssen.<br />

Familiengerichte berechnen wiederum für<br />

Zugewinnansprüche den Unternehmenswert aus der<br />

Hälfte von Substanz- und Ertragswert. An diese<br />

Vorgaben halten sich beauftragte Gutachter (i. d. R.<br />

Wirtschaftsprüfer). Die Vielzahl der Bewertungsmethode<br />

und ihrer Variationen verleitet kritische<br />

Stimmen nicht selten zu der Meinung, dass es sich bei<br />

den Ergebnissen meist nur um Scheingenauigkeiten<br />

handelt – sieht man einmal vom Vergleichswertverfahren<br />

ab. Welche Bewertungsmethode letztlich<br />

im konkreten Fall angewandt wird, entscheidet letztlich<br />

der Markt. Die Handwerks-, Industrie- und<br />

Handelskammern und Branchenverbände informieren<br />

mit Kennzahlen und Hinweisen über branchenübliche<br />

Verfahren.<br />

Unternehmensbewertung bei Erbschaften<br />

Der Wert des Unternehmens spielt nicht nur<br />

beim Verkauf eine zentrale Rolle, sondern auch bei<br />

Übertragungen im Rahmen von Erbschaften. Die<br />

Berechnung von Pflichtteilsansprüchen oder<br />

Abfindungsansprüchen für Erben des ausscheidenden<br />

(verstorbenen) Gesellschafters, wenn also Erben<br />

wegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel im<br />

Gesellschaftsvertrag nicht Gesellschafter werden<br />

können, richtet sich immer nach dem Verkehrswert.<br />

Im Erbrecht kann der Erblasser den Unternehmenswert<br />

festlegen bzw. ein bestimmtes Bewertungsverfahrens<br />

vorgeben. Dennoch sollte sich die Unternehmensbewertung<br />

an folgenden Punkten orientieren:<br />

3 Ertragsbewertung<br />

3 Gesonderte Bewertung des neutralen Vermögens<br />

3 Ggf. Ansatz des Liquidationswertes.

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