Unternehmensnachfolge - Handwerkskammer Aachen
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Achtung: Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und<br />
der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG werden<br />
nur einmal im Leben gewährt. Unternehmer mit<br />
zwei oder mehreren unterschiedlichen Betrieben<br />
müssen sich entscheiden, für welchen Veräußerungserlös<br />
sie die Anwendung dieser Steuervergünstigung<br />
beantragen wollen. Dies gilt selbst dann, wenn sie alle<br />
Betriebe zum gleichen Zeitpunkt in einem einheitlichen<br />
Vorgang veräußern. Sind die Voraussetzungen<br />
für die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG nicht<br />
erfüllt, wird auf den Veräußerungsgewinn, der nach<br />
der so genannten Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG<br />
ermittelte ermäßigte Steuersatz angewendet.<br />
Im oben genannten Fallbeispiel zahlt der Erwerber<br />
einen Kaufpreis von insgesamt 750.000 Euro.<br />
Dieser Kaufpreis übersteigt die Summe der bisherigen<br />
Buchwerte um insgesamt 200.000 Euro. In seiner Buchhaltung<br />
kann der Käufer das Betriebsgrundstück mit<br />
300.000 Euro, die Betriebsausstattung mit 100.000<br />
Euro, die Waren und Vorräte mit 250.000 Euro und<br />
den Firmenwert mit 100.000 Euro ansetzen. Diese<br />
Werte bilden für den Käufer die Ausgangsgröße zur<br />
Berechnung der jährlichen Abschreibung. Zum Beispiel<br />
kann der Firmenwert von 100.000 Euro über<br />
15 Jahre abgeschrieben werden.<br />
Mit dem Unternehmen hat unser Käufer auch<br />
eine Betriebsimmobilie übernommen. Bei der Betriebsimmobilie<br />
ist zwischen dem Gebäudewert und<br />
dem Wert für Grund und Boden zu unterscheiden.<br />
Grund und Boden sind nicht abnutzbar und deshalb<br />
auch nicht abschreibungsfähig. Das Betriebsgebäude<br />
wird hingegen mit drei Prozent jährlich abgeschrieben,<br />
wenn der Bauantrag dafür nach dem 31. März<br />
1985 gestellt wurde. Bei Anschaffungskosten von<br />
200.000 Euro für das Gebäude ergibt sich eine jährliche<br />
Abschreibung von 6.000 Euro. Die Abschreibungsdauer<br />
der Betriebs- und Geschäftsausstattung<br />
liegt zwischen fünf und zehn Jahren.<br />
Soweit der Erwerber den Kaufpreis fremdfinanzieren<br />
muss, zum Beispiel durch Kreditaufnahme bei<br />
einer Bank, stellen die Zinsaufwendungen bei der<br />
Ermittlung der gewerblichen Einkünfte grundsätzlich<br />
Betriebsausgaben dar, die er steuerlich absetzen kann.<br />
Fallbeispiel 2:<br />
Verkauf einer Freiberuflerpraxis<br />
Der 62-jährige Arzt A betreibt seit 30 Jahren eine<br />
Arztpraxis. Der junge Arzt B und die angehende Ärztin<br />
C wollen zukünftig die Praxis von A gemeinsam<br />
fortführen. A will durch eine überleitende Tätigkeit<br />
in der Praxis sicherstellen, dass der Patientenstamm<br />
auf seine Nachfolger übergeht und der Praxiswert<br />
erhalten bleibt. Der Wert der Arztpraxis bzw. der<br />
Kaufpreis, den B und C für die Übernahme der Praxis<br />
an A zahlen werden, beträgt 200.000 Euro, die<br />
Summe der Buchwerte der Wirtschaftsgüter beläuft<br />
sich auf 50.000 Euro.<br />
Die Aufnahme eines oder mehrerer neuer Ärzte<br />
in die bisherige Praxis stellt steuerrechtlich die Einbringung<br />
einer Einzelpraxis in eine Personengesellschaft<br />
dar. Auch wenn der Gewinn der Arztpraxis stets<br />
durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs.<br />
3 EStG ermittelt wurde, ist auf den Zeitpunkt der Aufnahme<br />
der neuen Partner zur Gewinnermittlung<br />
nach Bestandsvergleich überzugehen und eine Bilanz<br />
zu erstellen. Nach erfolgter Einbringung kann in der<br />
Regel wieder zur Überschussrechnung übergegangen<br />
werden.<br />
In unserem Beispiel ergibt sich ein Veräußerungsgewinn<br />
in Höhe von 150.000 Euro (Veräußerungspreis<br />
200.000 Euro abzüglich Buchwert 50.000 Euro).<br />
Gut zu wissen:<br />
Grundsätzlich wird die Praxisübertragung eines Freiberuflers<br />
wie die Veräußerung eines Gewerbebetriebes behandelt. Ein<br />
eventuell entstehender Veräußerungsgewinn unterliegt<br />
beim Übergeber der Einkommensteuer.<br />
Die beiden jungen Ärzte haben für ihre Praxis<br />
Anschaffungskosten in Höhe von 200.000 Euro. Der<br />
die Buchwerte übersteigende Betrag von 150.000<br />
Euro wurde für den ideellen Praxiswert, den „good<br />
will“, gezahlt. Da sich der Kundenstamm einer freiberuflichen<br />
Praxis rascher verflüchtigt als der Geschäftswert<br />
einer gewerblichen Unternehmung, stimmt die<br />
Finanzverwaltung einer Abschreibung des bezahlten<br />
Praxiswertes über sechs bis zehn Jahre zu.*<br />
i<br />
* Drei bis fünf Jahre für Einzelpraxis, sechs bis zehn Jahre für Sozietät