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Seit dem 1. Ok<strong>to</strong>ber ist die Zeit der<br />
Ungewissheit und des Bangens<br />
vorbei: Nach drei <strong>Jahre</strong>n ist das Insolvenzverfahren<br />
bei SPV, einer der<br />
international renommiertesten deutschen<br />
Indie-Plattenfirmen, abgeschlossen. Mit<br />
neuen Gesellschaftern und Errol Rennalls als<br />
Geschäftsführer legt das inzwischen enorm<br />
geschrumpfte, aber immer noch sehr effektiv<br />
arbeitende Unternehmen wieder voll los,<br />
um an alte Erfolgszeiten anzuknüpfen und<br />
in eineinhalb <strong>Jahre</strong>n das 30-jährige Firmenjubiläum<br />
als Schallplatten, Produktion und<br />
Vertrieb GmbH zu feiern.<br />
SPV ist die Company aus Hannover, deren Künstlerriege<br />
der letzten drei Jahrzehnte sich wie ein<br />
Lexikon der Rockmusik liest: The Who, Jimmy Page<br />
& The Black Crowes, Motörhead, Lynyrd Skynyrd,<br />
Judas Priest, Paul Rodgers, Dio, Molly Hatchet,<br />
Alice Cooper, Whitesnake, Helloween,<br />
Glenn Hughes haben dort Tonträger<br />
veröffentlicht, ebenso Robin Gibb,<br />
Xavier Naidoo, Simply Red und Type<br />
O-Negative. Nicht zu vergessen Acts<br />
wie Axel Rudi Pell, Sodom, Magnum,<br />
UFO, Lita Ford, Running Wild und<br />
Freedom Call, die SPV auch während<br />
des Insolvenzverfahrens<br />
die Treue gehalten haben oder<br />
in dieser Zeit dazustießen. „Eigentlich<br />
hatte SPV alle wichtigen<br />
Bands außer AC/DC und Kiss irgendwann<br />
mal unter Vertrag", bringt es Olly<br />
Hahn auf den Punkt, der seit 2001 in Hannover<br />
mit an Bord und heute beim angesehenen<br />
SPV-Label Steamhammer als A&R- und<br />
Product-Manager tätig ist.<br />
Der Name SPV steht als Synonym für Hard<br />
Rock und Heavy Metal, auch wenn das Unternehmen<br />
während seines Bestehens Platten<br />
von Punk-, Gothic-,<br />
New-Wave-,<br />
EBM- und Pop-<br />
Interpreten<br />
veröffentlicht<br />
hat. Olly Hahn<br />
schildert die<br />
Firmengeschichte<br />
im<br />
Schnelldurchlauf:<br />
„SPV<br />
entstand<br />
am 1.<br />
Januar<br />
Alice Cooper<br />
Olly Hahn<br />
Weiter geht's –<br />
mit schwarzen Zahlen<br />
Frank Uhle<br />
1984 aus den Überresten des Boots-Vertriebes und<br />
wurde von Manfred Schütz gegründet" (siehe auch<br />
das Labelporträt von Schütz' neuer Company MiG<br />
in <strong>GoodTimes</strong> 2011/2). Der Macher bewies schon<br />
damals ein Näschen für kommende Trends und<br />
übernahm früh den deutschlandweiten<br />
Vertrieb von US-Labels wie<br />
Metal Blade, Roadrunner, <strong>Music</strong> For<br />
Nations und auch Noise aus Berlin –<br />
er schob so den Heavy-Metal-Boom<br />
der frühen 80er<br />
<strong>Jahre</strong> kräftig mit<br />
an. „Manfred hat<br />
aber auch sehr<br />
schnell eigene<br />
Labels gegründet.<br />
Steamhammer war nicht<br />
das erste, denn die Debüt-EP 'In<br />
The Sign Of Devil' der Gelsenkirchener<br />
Thrash-Band Sodom<br />
erschien auf Devil Records, erst<br />
danach lief alles über Steamhammer."<br />
Heute teilweise in Vergessenheit<br />
geratene Namen wie Destruction, Iron Angel,<br />
Metal Church, Laaz Rockit oder Zed Yago fallen im<br />
Gespräch, aber auch die Hannoveraner Band Fury In<br />
The Slaughterhouse. Die hatte zwar mit Metal nichts<br />
im Sinn, avancierte<br />
aber ab<br />
Ende der 80er<br />
<strong>Jahre</strong> zum erfolgreichsten<br />
SPV-Act überhaupt<br />
– neben<br />
den internationalen<br />
Topverkäufern<br />
Jimmy<br />
Page & The<br />
Olly Hahn mit UFO: Manager Peter Knorn,<br />
Vinnie Moore & Phil Mogg (v.l.)<br />
Black Crowes:<br />
„Fury haben<br />
hier bei SPV fast fünf Millionen Einheiten verkauft",<br />
konstatiert Frank Uhle, der SPV als General Manager<br />
durch die unruhigen Zeiten des Insolvenzverfahrens<br />
gesteuert hat.<br />
Heute sind 14 Mitarbeiter bei SPV tätig – 150<br />
waren es zu Hoch-Zeiten Mitte der 90er <strong>Jahre</strong><br />
Seite 110 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
weltweit, ehe die wirtschaftliche Schlagseite<br />
kam. „Wir mussten richtig abspecken und<br />
umstrukturieren, können aber heute sagen,<br />
dass wir mit 15 Prozent der damaligen Mitarbeiter<br />
in 2009 durch Umstrukturierung<br />
und Auslagerung bestimmter Arbeitsbereiche<br />
heute sogar mehr Services anbieten, ohne an<br />
Schlagkraft eingebüßt zu haben", sagt Uhle<br />
mit S<strong>to</strong>lz.<br />
„Es ist uns<br />
gelungen,<br />
nicht nur<br />
unsere Partner<br />
davon<br />
zu überzeugen<br />
- mit den Kollegen,<br />
die im Team<br />
verblieben sind,<br />
haben wir die Qualität<br />
gehalten, wenn nicht sogar verbessert", zieht<br />
er Bilanz.<br />
Warum das Unternehmen überhaupt an den Rand<br />
des Abgrunds geraten war? Ein aufgeblasener<br />
Personalapparat, zu viel Geld für namhafte Acts, die<br />
die Ausgaben nicht<br />
einspielen konnten<br />
– so wollen<br />
es Uhle und Hahn<br />
nicht formulieren,<br />
sie stellen einfach<br />
fest: „Es wurden<br />
Fehler gemacht."<br />
Uhle: „Das haut<br />
bei einem mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
wie uns<br />
gleich ins Kon<strong>to</strong>r.<br />
Ein Major verkraftet schon mal den ein oder anderen<br />
Flop im Geschäftshalbjahr, weil andere Produkte genug<br />
Umsatz und Gewinn einbringen; aber bei einem<br />
Mittelständler bringt das eben gleich das ganze Geschäftsjahr<br />
in die roten Zahlen." Doch<br />
die haben die heute Verantwortlichen<br />
schon einige Monate nach der Insolvenzeröffnung<br />
in den schwarzen<br />
Sek<strong>to</strong>r gelenkt. Außerdem war Pech<br />
im Spiel, wie Hahn an einem konkreten<br />
Beispiel schildert: „Robin<br />
Gibbs Album sollte im Januar<br />
2003 erscheinen. Es war alles<br />
geplant mit Fernsehsendungen,<br />
Tageszeitungen,<br />
das volle<br />
Programm. Und<br />
dann starb drei Wochen vor<br />
der Veröffentlichung Maurice<br />
Gibb – da machte Robin<br />
drei Monate lang keine Promotion,<br />
und schon war das ganze<br />
Thema hinfällig geworden<br />
und unrentabel."<br />
Labelporträt<br />
Lita Ford