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CD<br />
REVIEWS<br />
Im bekannten gelben Outfit präsentiert die<br />
Reclam Musik Edition in einer Neuauflage<br />
des 1994er Best-Of-Albums (KÖNIG VON<br />
DEUTSCHLAND – DAS BESTE VON<br />
RIO REISER) die wichtigsten Titel aus<br />
seinen Solo-<strong>Jahre</strong>n. Nach seiner Zeit bei<br />
Ton Steine Scherben (“Macht kaputt was<br />
euch kaputt macht”) erschien 1986 RIO I.,<br />
das mit den Hits “Alles Lüge”, “Für immer<br />
und dich”, “Junimond” und “König von<br />
Deutschland” einerseits den Grundstein für<br />
seinen enormen Erfolg beim breiten Publikum<br />
legte, andererseits aber auch viele aus<br />
seinem alten Gefolge vergraulte, die ihm<br />
„kommerziell getriebene Anbiederung an<br />
den Massengeschmack” vorwarfen. Einer<br />
der Höhepunkte dieser Zeit war das legendäre<br />
Anti-WAAhnsinns-Festival 1986, bei<br />
dem Reiser gemeinsam mit Kollegen wie<br />
Herbert Grönemeyer, den Toten Hosen,<br />
Bap und Udo Lindenberg die über 100.000<br />
A<strong>to</strong>mkraftgegner begeisterte. BLINDER<br />
PASSAGIER zeigte Rio Reiser dann ein<br />
Jahr später als Schöpfer wunderbarer Melodien,<br />
stellte träumerische Poesie vor blinde<br />
Wut. Qualitativ nicht viel schlechter, aber<br />
aus kommerzieller Sicht deutlich nachlassender<br />
dann seine Veröffentlichungen der<br />
90er <strong>Jahre</strong>; unter dem Strich bieten die 18<br />
Songs von ALL TIME BEST aber genau<br />
das, was im Titel genannt wird: die besten<br />
Songs aus dieser Zeit. Weiterhin sind aktuell<br />
in der Reclam Musik Edition noch ALL<br />
TIME BEST-Zusammenstellungen von Karat,<br />
Aretha Franklin, Nena sowie von Earth,<br />
Wind & Fire erschienen. Wie bei dieser<br />
Reihe gewohnt, geht das Booklet auf einem<br />
Zeitstrahl kurz auf die wichtigsten Alben<br />
der Protagonisten ein und stellt sie wichtigen<br />
Daten der Weltgeschichte gegenüber.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 1994,<br />
18/69:53) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
DELTA SWAMP ROCK – VOL. 2<br />
Freunde des Sou<strong>the</strong>rn<br />
Rock, aufgepasst:<br />
Die Reihe<br />
DELTA<br />
SWAMP<br />
ROCK findet nach<br />
ihrem<br />
großartigen<br />
Auftakt (siehe Good-<br />
Times 3/2011) eine Fortsetzung. Auf Teil<br />
zwei, die den Hörer erneut – so der Untertitel<br />
– zu den „Crossroads Of Rock,<br />
Country And Soul” führt, gibt es, für Kenner<br />
wie Neueinsteiger, wieder jede Menge<br />
an Entdeckungen aus den späten Sixties<br />
und frühen Seventies machen. Neben<br />
Genre-Größen wie Lynyrd Skynyrd (“Free<br />
Bird”), Gregg Allman (“Midnight Rider”)<br />
und der Marshall Tucker Band (“Fire On<br />
The Mountain”) sind auch unbekanntere<br />
Interpreten zu hören wie Grinderswitch,<br />
Barefoot Jerry oder die wunderbaren Area<br />
Code 615 (die schon auf Folge eins glänzten).<br />
Die Sammlung fokussiert nicht alleine<br />
auf Rock, auch benachbarte Stile wie<br />
Bluegrass (wunderbar: Banjo-Spieler Earl<br />
Scruggs mit “Lonesome And A Long Way<br />
From Home”) oder die Pop-Lady Cher (mit<br />
einer gelungen Cover-Version der Buffalo-Springfield-Nummer<br />
“For What It’s<br />
Worth”) sind vertreten. Die CD kommt in<br />
gewohnt guter Souljazz-Records-Aufmachung<br />
samt buchdickem Booklet.<br />
(Souljazz/Indigo, 2012, 20/76:30) frs<br />
ELECTRIC LIGHT<br />
ORCHESTRA<br />
MR. BLUE SKY – THE VERY<br />
BEST OF ELECTRIC LIGHT<br />
ORCHESTRA<br />
Die aktuelle „Very Best”-Kompilation<br />
des Electric Light Orchestra ist eigentlich<br />
ein bisschen Schummelei. Denn da einige<br />
der größten Nummern der Band nicht nur<br />
überarbeitet, sondern von Nachlassverwalter<br />
Jeff Lynne gleich mal neu aufgenommen<br />
wurden (interessant “Don’t Bring<br />
Me Down”, “Turn To S<strong>to</strong>ne” oder “Livin’<br />
Thing”, merkwürdig “Do Ya”), bekommt<br />
der geneigte Fan hier nicht ausschließlich<br />
das im Titel geführte Orchester zu<br />
hören, sondern vor allem Soundtüfteleien<br />
des Masterminds. Lynne ging mit seinen<br />
Songs allerdings derart behutsam um, dass<br />
MR. BLUE SKY – THE VERY BEST OF<br />
ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA nicht<br />
etwa für eine peinliche Modernisierung<br />
sorgte, sondern den Stücken lediglich<br />
kleine neue Nuancen verpasste. Wem eine<br />
„Best Of” von ELO genügt, wird nicht<br />
merken, dass hier gar nicht die Originale zu<br />
hören sind. Fans können vergleichen und<br />
die Modifizierungen entdecken, was als<br />
Kaufanreiz meist ganz gut funktioniert. Zusätzlich<br />
gibt es mit “10538 Overture (<strong>40</strong>th<br />
Anniversary)” und dem bisher unveröffentlichten<br />
“Point Of No Return” noch etwas<br />
für die Sammler.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 12/49:28) jub<br />
MANFRED MANN<br />
THE BEST OF MANFRED MANN<br />
(50TH ANNIVERSARY) SPECIAL<br />
EDITION<br />
Für ihr 50-Jähriges<br />
geht die Band zurück<br />
zu den Originaltakes<br />
1962–1969: Die<br />
Hits von “5-4-3-2-1”<br />
über “Do Wah Diddy<br />
Diddy” zu “Pretty<br />
Flamingo” (Jones-Ära) und zwischen<br />
“Just Like A Woman”, “Mighty Quinn”<br />
und “Ragamuffin Man” sind chronologisch<br />
enthalten und beweisen erneut, wie man<br />
mit Jazzsensibilität die bessere Popmusik<br />
bastelte. Für das Jubiläum passender: Die<br />
Manfreds nahmen 1998, sieben <strong>Jahre</strong> nach<br />
der Wiedervereinigung, 19 ihrer Klassiker<br />
neu auf, mit beiden Leadsängern, Paul<br />
Jones und Mike d’Abo sowie Mike Hugg<br />
(dr, jetzt keys), Tom McGuinness (g) und<br />
Mike Vickers (fl, sax) – mithin fünf Sixties-<br />
Mitgliedern, wenn auch ohne Boss Mann.<br />
Sie präsentierten sie auf dem mehr als eine<br />
Stunde laufenden Album 5-4-3-2-1 (Camden/BMG),<br />
samt genauen Besetzungsangaben,<br />
etwa „Mike Vickers: Wind Controller”<br />
bei “Sha-La-La”. Dieses Booklet enthält<br />
engagierte Liner-Notes von Jones & d’Abo.<br />
Die DVD bringt drei Hits in schwammigem<br />
Schwarzweiß (“Diddy” läuft 43 Sekunden),<br />
“Fox On The Run” in Farbe und zwei lohnenswerte<br />
Livecuts der Manfreds anno<br />
2007: “Watermelon Man” in einer sehr<br />
lebendigen Neun-Minuten-Fassung, “I’m<br />
You Kingpin” mit hinreißenden Soli von<br />
Mike Hugg (p), Simon Currie (sax), und<br />
Tom McGuinness (g). Fans brauchen auch<br />
die Re-Recordings.<br />
(Creature <strong>Music</strong>/Umbrella <strong>Music</strong>,<br />
CD 12/45:01, DVD 6/24:00) utw<br />
Rock<br />
DOKKEN<br />
BROKEN BONES<br />
Dokken gehörten in den 80ern ganz klar zu<br />
den ganz dicken Fischen im US-Melodic-<br />
Metal-Teich. Ihre Alben waren durchweg<br />
meisterlich geschmiedet. Daran hatten<br />
zwar Leute wie Gitarrist George Lynch<br />
oder Basser Jeff Pilson ihre Anteile, der<br />
kreative Kopf blieb allerdings bis heute<br />
Sänger Don Dokken, weshalb auch Alben<br />
nach den goldenen 80ern wie ERASE THE<br />
SLATE (1999) oder HELL TO PAY (2004)<br />
trefflich ausfielen. BROKEN BONES steht<br />
dieser Qualitätsserie in Nichts nach. Don<br />
Dokken, mit dem alten Mitstreiter Mick<br />
Brown (dr) an seiner Seite und verstärkt<br />
durch Jon Levin (g, Ex-Doro) und Sean<br />
McNabb (b, Ex-Great White), lässt es mit<br />
“Empire” oder “Tonight” krachen, hat mit<br />
dem dynamischen “For The Last Time” ein<br />
Karriere-Highlight am Start und spielt mit<br />
dem Titelsong und “The Best Of Me” die<br />
AOR-Karte aus. Ein Füller wie “Victim Of<br />
The Crime” stört da nicht.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 11/46:49) jub<br />
MADNESS<br />
OUI, OUI, SI, SI, JA, JA,<br />
DA, DA<br />
Drei <strong>Jahre</strong> nach ihrem<br />
letzten Studio-<br />
Album THE LIBER-<br />
TY OF NORTON<br />
FOLGATE kommen<br />
Madness mit ihrem<br />
unverwechselbaren<br />
Nutty-Sound und einem ungewöhnlichen<br />
Albumtitel, mit dessen Worten sie gleichzeitig<br />
den ersten Song “My Girl 2” eröffnen,<br />
zurück. Das mittlerweile zehnte Studiowerk<br />
von Graham McPherson (voc),<br />
Mike Barson (keys), Lee Thompson (sax),<br />
Chris Foreman (g) und Carl Smyth (voc,<br />
tr) spüht wieder einmal nur so vor Lebenslust,<br />
steckt mit seinen Ska-Rhythmen von<br />
der ersten Sekunde zum Mittanzen an. Und<br />
ganz egal, ob sie wie in “Leon” von den<br />
Tagträumen eines desillusionierten Lehrers<br />
singen oder wie bei “Powder Blue”<br />
eine rauch- und alkoholgeschwängerte<br />
Nacht voller Aretha-Franklin-R&B <strong>the</strong>matisieren,<br />
letztendlich siegt in ihren Songs<br />
das Gute, gewinnt die Einsicht Oberhand,<br />
dass sie mit ihrer Band und ihrer Musik auf<br />
der Sonnenseite des Lebens stehen – und<br />
dieses Gefühl mit OUI, OUI, SI, SI, JA,<br />
JA, DA, DA deutlich hörbar allen anderen<br />
mitteilen.<br />
(Embassy Of <strong>Music</strong>/Warner,<br />
2012, 14/47:32) tk<br />
DEAN BROWN<br />
UNFINISHED BUSINESS<br />
Der Jazz-Rock/Fusion-Gitarrenvirtuose<br />
Dean Brown bietet mit seinem neuen Album<br />
ein intensives Hörvergnügen von hohem<br />
spieltechnischem Format. Die neun<br />
zwischen fünf und elf Minuten langen<br />
Songs bieten ausladende Soli, denen meist<br />
Blues-getränkte, funkige Grooves zugrunde<br />
liegen. Der großartige Jazzdrummer<br />
Marvin „Smitty” Smith sorgt für flexible<br />
Rhythmik auf höchstem Niveau und überzeugt<br />
auch als Komponist. So lässt einen<br />
der rockig-raffinierte Opener “Uncle Ray”<br />
fast schon sprachlos zurück. Ingredienzien<br />
aus Jazz und Rock werden virtuos ge-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45