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Liebe, Liebe, Liebe<br />
Emotionen haben schon unzählige Rock- und Popsongs inspiriert und<br />
geprägt – allen voran die Liebe. Bei Stevie Wonder war das Resultat gleich<br />
eine ganze LP; sie war Teil 2 der Trilogie,<br />
die seine kreative Explosion in den<br />
70ern markierte: Nach MUSIC OF MY MIND<br />
(1972) folgten noch im selben Jahr TAL-<br />
KING BOOK und ein Jahr später INNVER-<br />
VISIONS. Kurz vor TALKING BOOK hatte<br />
er seine Partnerin verlassen, die Sängerin<br />
Syreeta Wright, von der noch zwei Texte<br />
für dieses Album stammten. Thematisch<br />
reichten die Themen der LP von den Freuden<br />
der Liebe bis zu den Qualen einer<br />
Trennung. Es begann mit "You Are The<br />
Sunshine Of My Life", das vom Funk von<br />
"Maybe Your Baby" konterkariert wurde.<br />
Die Achterbahnfahrt einer Beziehung spiegelten<br />
auch die Songs "You And I (Toge<strong>the</strong>r<br />
We Conquer The World)", "Tuesday Heartbreak" und "You've Got It Bad, Girl"<br />
wider. "Superstition", ein zynischer Kommentar zur freien Liebe, eröffnete die<br />
zweite LP-Seite und gab den Rhythmus vor. "I Believe (When I Fall In Love<br />
It Will Be Forever)" stand als Abgesang an die aktuelle Liebe, glaubte aber<br />
Januar 1968: Walker Bro<strong>the</strong>rs in Fernost<br />
HISTORY<br />
STEVIE WONDER • TALKING BOOK • (10/43:26; 1972)<br />
Gesuchtes nach (Bank-)Noten<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes: Let It Bleed (Decca SLK 166<strong>40</strong>); Dezember 1969<br />
ROCK-CLASSICS<br />
zugleich an die Kraft der Liebe insgesamt. Musikalisch gelang Wonder eine<br />
nahezu geniale Mischung aus Soul, Funk, Pop und Rock, die er mit der Hilfe<br />
seines Produzenten musikalisch äußerst modern kreiert hatte – dem<br />
Syn<strong>the</strong>sizer-Magier Robert Margouleff,<br />
der zudem den Elektronik-Supertüftler<br />
Malcolm Cecil mit in die<br />
Arbeit eingebunden hatte. te.<br />
Diesen Weg behielt Wonder<br />
während der 70er <strong>Jahre</strong><br />
bei, in denen er die besten<br />
und mutigsten Platten<br />
seiner Laufbahn ablieferte.<br />
Stets war der Syn<strong>the</strong>sizer<br />
prominent vertreten,<br />
gleichzeitig komponierte e<br />
der Top-Star Songs, von nen etliche seitdem zum Kanon<br />
der Rockmusik gehören. TALKING<br />
BOOK bedeutete seine Emanzipation n nicht nur<br />
de-<br />
als Künstler, sondern auch vom Mo<strong>to</strong>wn-Sound. Ohne dieses Album wäre seine<br />
Entwicklung gar nicht zu verstehen; es ist das entscheidende Bindeglied in der<br />
Karriere des Stevie Wonder.<br />
mr<br />
DATENBANK<br />
Es muss wohl mächtig Kohle geflossen sein, um noch mal für ein paar Tage<br />
die Rucksäcke zu schnüren. Denn im Januar 1968 hatten die drei amerikanischen<br />
„Brüder" Scott Engel, John Maus und Gary Leeds nur noch eines gemeinsam –<br />
nichts mehr. Ego-Probleme, Depressionen, die guten alten „künstlerischen Differenzen",<br />
die ganze Palette war medial ausgekippt<br />
worden. Ihre Hoch-Zeit lag einige Monate<br />
zurück, alle drei waren bereits mit Solo-Arbeiten<br />
in den UK-Charts vertreten. Trotzdem rauften<br />
sie sich für einige Auftritte in Japan nochmals<br />
zusammen; oder auch nicht, wenn man dem<br />
gepressten Produkt lauscht: gepflegtes Neben-<br />
statt Miteinander. Mitschnitte aus der Osaka<br />
Festival Hall vom 2.–4. Januar 1968 wurden –<br />
anfangs nur in Nippon – auf der Doppel-LP THE<br />
WALKER BROTHERS IN JAPAN (Philips SFL<br />
9046-7; 1968) veröffentlicht. 21<br />
Tracks waren Beleg für eine absolvierte Pflichtveranstaltung<br />
mit monumentaler Kreischbeilage. Dabei hatte das Tracklisting<br />
immenses Raritätenpotenzial: Solotitel erstmals als Gruppenaufnahme ("Lady<br />
Came From Baltimore"/Scott, "Annabella"/<br />
John, "Twinkie Lee"/Gary), dazu diverse R&B-<br />
Standards von Larry Williams, Ray Charles, Bobby<br />
Bland, Sam & Dave, Stevie Wonder, den Four<br />
Tops und anderen, die sonst nirgends als Walkers-Nummern<br />
zu hören sind, und es gab sogar<br />
ein Beatles-Cover ("Yesterday"). Eigene Mega-<br />
Hits wie "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore"<br />
und "Make It Easy On Yourself" blieben fast<br />
Randerscheinungen. Erst 1987 erfolgte ein<br />
Euro-Reissue auf Bam Caruso (AIDA 076), das<br />
– offenbar aus rechtlichen Gründen – recht flott wieder vom Markt verschwand.<br />
Offizielle CD? Fehlanzeige. Was Fans und Sammlern geblieben ist, sind die<br />
Vinylalben – als Soul- und Rock'n'Roll-Dokument der kuriosen Art. bm<br />
RAR & TEUER<br />
Wer sich selbst oder Bekannte im Dezember 1969 zu Weihnachten mit dem neuen<br />
S<strong>to</strong>nes-Album LET IT BLEED beschenken wollte, bekam schon zum zweiten Mal<br />
in nur drei Monaten eine optische Gurke. Im September<br />
waren die (in der Fertigung schwierigen)<br />
Achteck-Cover für THROUGH THE PAST, DARKLY<br />
nicht rechtzeitig fertig geworden; Fans erhielten<br />
zunächst eine Nothülle. Und nun – wegen des<br />
angepeilten Festtagsumsatzes noch ärgerlicher –<br />
gab es wieder Probleme: Für die internationale e<br />
Erstauflage der mit Spannung erwarteten LP war<br />
ein großformatiges Band-Poster der noch relativ<br />
neuen Besetzung mit Mick Taylor als Beipack vorgesehen.<br />
Die Anlieferung der Beilage aus England<br />
ging jedoch, wie schon bei der Oktagonalhülle für ... DARKLY, kapital in die<br />
Wicken – Lieferprobleme. Was tun? Das fertig auf Halde gebunkerte Cover mit der<br />
Spezial<strong>to</strong>rte konnte nicht verwendet werden, da dort der Hinweis „Full Color Rolling<br />
S<strong>to</strong>nes Poster Included" in die Frontseite eingedruckt war, das aber noch nicht existierte.<br />
Also wurde in Deutschland eiligst erneut eine Billighülle auf den Weihnachts-<br />
Markt geworfen, die den reißerischen Zusatz „Aktuelle Express-Ausgabe" verpasst<br />
bekam. Beigelegt war ferner eine kleine Karte: Wer<br />
diesen Beleg später im Plattenladen vorlegte, konnte<br />
die Schrotti-Hülle mit der unbedruckten Rückseite<br />
abgeben und gegen die reguläre (samt Poster)<br />
tauschen, was natürlich ab Januar 1970 vieltausendfach<br />
geschah. Die Folge: Unzählige Behelfstüten<br />
verschwanden auf Nimmerwiedersehen, wurden<br />
geschreddert – und sind heute gesuchte Raritäten. So<br />
selten und begehrt, dass 2010 einmal mehr clevere<br />
Bootlegger aktiv wurden und THROUGH THE PAST,<br />
DARKLY und auch LET IT BLEED in den schlichten<br />
Simpelhüllen neu in Umlauf brachten (zusätzlicher Anreiz: farbiges Vinyl). Auch<br />
diese illegalen Nachbauten sind inzwischen schon wieder Mangelware. bm<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 127