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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s 40 Jahre Musikladen (Vorschau)

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! REVIEWS<br />

HIGHLIGHTS<br />

CD<br />

KRAVETZ & FRIENDS<br />

LISZT & LIVE AUF DER WARTBURG<br />

Wenn man Jean Jacques Kravetz in Udo<br />

Lindenbergs Panikorchester oder Peter<br />

Maffays Band auf der Bühne rocken sieht,<br />

kommt man nicht unbedingt darauf, dass<br />

der Mann einst am Pariser Konserva<strong>to</strong>rium<br />

Piano und Altsaxofon studiert hat. Zumal<br />

mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der<br />

gebürtige Pariser seit den 70er <strong>Jahre</strong>n kräftig<br />

in der deutschen Rockszene mitmischt,<br />

als Keyboarder die City Preachers, Frumpy<br />

und Atlantis mitgründete.<br />

Doch der inzwischen<br />

65-Jährige hat nicht<br />

nur musikalisch schon<br />

immer über den eigenen<br />

Tellerrand hinausgeblickt.<br />

So gründete<br />

er 2008 im längst zur<br />

Heimat gewordenen<br />

Hamburg die Musikstiftung<br />

Entrée, mit<br />

der er Talente fördern<br />

will. Und der umtriebige Musiker lässt sich<br />

immer wieder Neues einfallen, spannt auch<br />

Kollegen ein, um Geld für die Stiftung einzutreiben.<br />

Sei es mit Festivals im Stadtpark<br />

der Hansestadt, sei es mit einem einzigartigen<br />

Event in der altehrwürdigen und geschichtsträchtigen<br />

Wartburg bei Eisenach. Dorthin<br />

Fo<strong>to</strong>: © Christian Barz<br />

hatte er am 9. September 2011 zu einem ganz<br />

besonderen Ereignis eingeladen, und nachdem<br />

das erste Konzert im Handumdrehen<br />

ausverkauft war, wurde flugs für den späten<br />

Abend gleich noch ein zweites angesetzt.<br />

Natürlich wurde das Ganze aufgezeichnet,<br />

und der CD-Mitschnitt sollte Anfang 2012 in<br />

den Läden stehen (siehe <strong>GoodTimes</strong> 2/2012).<br />

Aus diversen technischen und logistischen<br />

Gründen verzögerte sich die Veröffentlichung<br />

um knapp ein Jahr, doch nun liegt LISZT &<br />

LIVE AUF DER<br />

WARTBURG endlich<br />

vor, ist zu hören,<br />

womit Kravetz &<br />

Friends damals beim<br />

ersten Rockkonzert<br />

überhaupt in dem his<strong>to</strong>rischen<br />

Gemäuer<br />

für regelrechte Begeisterungsstürme<br />

sorgten.<br />

Aufhänger für das Ereignis waren der 200.<br />

Geburts- und 125. Todestag von Franz Liszt<br />

– auf der klassischen Seite eines der großen<br />

Kravetz-Vorbilder. Und so begann das Konzert<br />

und beginnt die CD mit einer Bearbeitung<br />

der Chopin/Liszt-Komposition “Wiosna<br />

Spring Opus 74 No. 2”, das Kravetz<br />

gemeinsam mit seiner Schwester Monique<br />

in<strong>to</strong>nierte, ehe der von der Entrée-Stiftung<br />

geförderte Youngster Camille Taver die Flügeltasten<br />

bei Liszts “Annees De Pelerinage”<br />

beeindruckend traktierte und Kravetz erstmals<br />

mit Friends der “Lust auf<br />

Lizt Opus 47” freien Lauf ließ.<br />

Die Freunde, die Kravetz am<br />

Vorabend bei einem feierlichen<br />

Dinner (Peter Maffay<br />

mit einer eindringlich-intimen<br />

Version von “Über sieben Brücken”)<br />

und beim eigentlichen<br />

Konzert um sich geschart hatten,<br />

lesen sich wie ein Who<br />

is who des deutschen Rock: Seine Söhne<br />

Pascal (voc, g, keys) und Julien (dr) sowie<br />

Steffi Stephan (b) und Carl Carl<strong>to</strong>n (g, voc)<br />

bildeten die „Hausband”, die das Fundament<br />

für alle Gäste lieferte: So sang sich Caro<br />

Josée inbrünstig durch ihre Glanznummer<br />

“Let It Rain”; das einst gemeinsam mit Eric<br />

Burdon verfasste und nun von Pascal Kravetz<br />

gesungene “Dead Bird On The Beach”<br />

sorgte für Gänsehautgefühle. Und nach dem<br />

getragenen, gefühlvollen Auftakt nahm das<br />

Konzert Schwung auf. Carl<strong>to</strong>n röhrte “Star-<br />

Crossed” aus seinem Songdogs-Fundus,<br />

ehe die beiden Kravetz-Freunde Peter Freu-<br />

denthaler (voc) und Volker Hinkel (g) mit<br />

den Friends im Rücken satt rockende Versionen<br />

ihrer Fools-Garden-Ohrwürmer “Life”<br />

und “Lemon Tree” anstimmten.<br />

Fast schon nostalgisches, aber knackefrisches<br />

Schwelgen in der<br />

Rockgeschichte folgte dann<br />

im Schlussdrittel: Pascal<br />

Kravetz ließ mit einer unwiderstehlich<br />

groovenden<br />

Fassung von “Bad Case Of<br />

Lovin’ You” Robert Palmer<br />

glatt vergessen, und angeführt<br />

von Carl<strong>to</strong>n gewann<br />

die All-Starbesetzung dem<br />

unverwüstlichen “Radar Love” von Golden<br />

Earring in einer langen, spiel- und improvisationsfreudigen<br />

Darbietung ganz neue Facetten<br />

ab, ehe beim großen Finale mit “How<br />

The Gypsy Was Born” (Hammergesang:<br />

Pascal Kravetz) die Freundesschar ein weiteres<br />

Highlight zum Abschluss zündete. Bei<br />

diesem unglaublich abwechslungsreichen<br />

Abend wäre man gerne dabei gewesen! Aber<br />

vielleicht bietet sich ja wieder eine Möglichkeit,<br />

denn ganz versteckt auf dem CD-Cover<br />

steht „Volume I”, was auf mehr hoffen lässt.<br />

(Jacko’ <strong>Music</strong>/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />

12/71:07) pro<br />

DVD<br />

LED ZEPPELIN<br />

CELEBRATION DAY<br />

BOX<br />

PETER GABRIEL<br />

SO (25th ANNIVERSARY<br />

DELUXE EDITION)<br />

Jimmy Page war eigens in Tokio, John Paul<br />

Jones in Berlin, um bei Kino-Präsentationen<br />

die Werbetrommel zu rühren. Schließlich<br />

ging und geht es um die DVD-Dokumentation<br />

eines der denkwürdigsten Ereignisse,<br />

das in der letzten Rock-Dekade zu feiern<br />

war: um CELEBRATION DAY, also<br />

die Reunion von Led Zeppelin<br />

am 10. Dezember 2007 in<br />

London, genauer dort in<br />

der o2 Arena. 27 <strong>Jahre</strong> lang<br />

waren Sänger Robert Plant,<br />

Gitarrist Jimmy Page und<br />

Bassist John Paul Jones nicht<br />

mehr gemeinsam auf einer<br />

Bühne gestanden – und diesmal<br />

hatten sie sich deutlich besser<br />

vorbereitet als beispielsweise<br />

für die Knebworth-Reunion,<br />

nicht zuletzt auch ein Verdienst<br />

von Drummer Jason<br />

Bonham, der seinen Vater mehr als<br />

würdig und kraftvoll vertrat, als es darum<br />

ging, den legendären Gründer des Atlantic-<br />

Labels und Led-Zep-Förderer, Ahmet Ertegun,<br />

musikalisch zu ehren, der ein Jahr zuvor<br />

vers<strong>to</strong>rben war.<br />

Vor 18.000 Zuschauern legte das Quartett<br />

vehement los, kam bei der Präsentation seiner<br />

16 Klassiker stets auf den Punkt – von<br />

zahlreichen Kameras superb eingefangen<br />

und festgehalten. Regisseur Dick Carru<strong>the</strong>rs<br />

hat einen exzellenten Job abgeliefert bei der<br />

Umsetzung der Show, Ton und Bild erfüllen<br />

alle Wünsche. Jones lässt seine Jazzvorlie-<br />

be im Bassspiel durchschimmern, verleiht<br />

“Trampled Under Foot” an den Keyboards<br />

einen funky Touch, interagiert intuitiv mit<br />

dem brillierenden Page, und Plant röhrt sich<br />

die Seele aus dem Leib, ist wie seine drei<br />

Kollegen unübersehbar mit Herzblut bei der<br />

Sache.<br />

CELEBRATION DAY stellt<br />

THE SONG REMAINS THE<br />

SAME von 1976 locker in<br />

den Schatten, außer dass damals<br />

eben Bonham sr. seine<br />

Kollegen vorwärtstrieb.<br />

Rock und staubtrockener<br />

Blues mit allerlei<br />

Ingredienzien, angestimmt<br />

bei einer<br />

stimmungsvollen,<br />

aber nicht in Nostalgie<br />

absaufenden Party, da<br />

geht einem als Musikfan das Herz so<br />

richtig auf! Geliefert wird: brillantes High-<br />

Definition 16:9-Format in 5.1/48/24 Hi-<br />

Resolution Audio Surround Sound, mit Aufnahmen<br />

von den Proben in den Shepper<strong>to</strong>n<br />

Studios plus BBC-Footage. Manchmal einen<br />

Tick zu hektisch geschnitten, und ob es<br />

die Super-8-Aufnahmen aus dem Zuschauerbereich<br />

gebraucht hätte, ist eher zweifelhaft.<br />

Aber das sind zu vernachlässigende<br />

Kritikpünktchen. Entscheidend ist letztlich,<br />

was hinten rauskommt, sprich in diesem Fall<br />

die Musik – und die ist schlicht grandios!<br />

Auch auf der Präsentation per Doppel-CD.<br />

(Warner, 2012, CD: 8/55:07, 8:60:30) pro<br />

Mit seinem fünften Solo-Album vollzog Peter<br />

Gabriel eine Kehrtwende. Schon die Hüllengestaltung<br />

deutete dies an: Erstmals ließ sich<br />

der Ex-Genesis-Sänger auf dem Cover nicht<br />

verzerrt oder sonst wie verfremdet ablichten<br />

(er habe bei den Frauen punkten wollen, erklärte<br />

er), und erstmals wählte er einen,<br />

wenn auch kurzen, Titel: SO.<br />

Auch musikalisch<br />

gab sich Gabriel<br />

zugänglicher, ja,<br />

poppiger: “Sledgehammer”<br />

und “Big<br />

Time” überraschten<br />

mit Soulgrooves, das ett “Don’t Give Up” mit<br />

Du-<br />

Kate Bush (ursprünglich<br />

wollte Gabriel dafür Dolly Par<strong>to</strong>n<br />

gewinnen) mit süßem Schmelz. Der Wandel<br />

zahlte sich aus: SO verkaufte sich weltweit<br />

millionenfach (UK #1, USA #2, D #2). Bei<br />

allem kommerziellen Erfolg: Das Album ist<br />

künstlerisch äußerst anspruchsvoll. Unter<br />

der Pop-Oberfläche offenbart sich bei genauerem<br />

Hinhören eine Fülle an klanglichen<br />

Innovationen und kniffligen Arrangements.<br />

Man denke etwa an die (oft kopierten) Shakuhachi-Eröffnungstöne<br />

von “Sledgehammer”,<br />

die komplex-kompakten Grooves, die<br />

Manu Katché (dr) und Tony Levin (b) fast<br />

allen Songs geben, den Gospel-Pianopart von<br />

“Don’t Give Up”, oder wie Gabriel stimmlich<br />

glänzt – angefangen mit dem wuchtigen “Red<br />

Rain” über das zarte “Mercy Street” bis hin zu<br />

“In Your Eyes”, seinem beschwingten Duett<br />

mit Youssou N’Dour. Zum 25. Jubiläum (die<br />

LP erschien 1986, doch der no<strong>to</strong>risch langsam<br />

arbeitende Gabriel verspätete sich) erscheint<br />

nun eine schmucke, von einem 60-seitigen<br />

Buch begleitete 4-CD/2-DVD/2-Vinyl-Box,<br />

die dazu einlädt, sich noch einmal ausgiebig<br />

mit dem Albumklassiker zu beschäftigen.<br />

Das Set enthält<br />

neben einem<br />

neuen, klanglich<br />

transparenten Remaster<br />

des Originalalbums<br />

(digital<br />

wie analog) eine<br />

CD mit dem Titel SO<br />

DNA, die den Entwicklungsprozess<br />

der<br />

Songs im Studio nachzeichnet.<br />

Hinzukommen der wunderbar in<br />

Bild und Ton festgehaltene, bislang unveröffentlichte<br />

Gig LIVE IN ATHENS 1987 (auf<br />

zwei CDs bzw. einer DVD) sowie die sehenswerte<br />

Doku „The Definitive Authorised S<strong>to</strong>ry<br />

Of The Album” (siehe DVD-Rezension in<br />

diesem Heft). Schließlich gibt es noch eine<br />

Vinyl-EP mit den bisher nicht erhältlichen<br />

Stücken “Courage”, “Sagrada” und einer Alternativversion<br />

von “Don’t Give Up”. Diese<br />

Titel hätte man sich zwar auch als Bonus auf<br />

der CD gewünscht, doch abgesehen davon<br />

gibt es nichts zu mäkeln an diesem rundum<br />

zufriedenstellenden Paket.<br />

(Real World/EMI, 1986/2012, CDs/LP:<br />

9/46:16, 9/59:37, 9/58:20, 7/47:55, DVDs:<br />

117 Min., 90 Min.) frs<br />

Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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