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CD<br />
REVIEWS<br />
kannt geworden durch die Bogart-<br />
Verfilmungen. Die Texte sind herrlich<br />
skurril, die Musik ist wunderbar<br />
altmodisch, an Swing, Dance Hall<br />
und Cabaret der <strong>40</strong>er <strong>Jahre</strong> orientiert<br />
– indes nicht frei von Schrägtönereien<br />
à la Tom Waits und Kurt Weill.<br />
Im Jahr des Doppeljubiläums (20<br />
<strong>Jahre</strong> Bandbestehen, zehntes Album)<br />
liefern Mardi Gras.BB erneut ein<br />
ganz großartiges Werk ab.<br />
(Hazelwood/Rough Trade, 2012,<br />
16/41:35) frs<br />
THE XX<br />
COEXIST<br />
Das<br />
„schwierige<br />
zweite Album”<br />
der Londoner<br />
Band, die<br />
nach dem Ausstieg<br />
von Baria<br />
Qureshi<br />
zum<br />
Ti Trio geschrumpft ist, it was aber die<br />
Musik nicht hat mitschrumpfen lassen.<br />
Erneut machen XX Musik, die eigentlich<br />
nur noch aus reiner Gewohnheit<br />
unter „Rock” einsortiert wird.<br />
In Wahrheit handelt es sich um kühn<br />
und kühl am Reißbrett konstruierte<br />
Klanggefüge mit klaren Konturen, bei<br />
denen kein Ton zu viel gespielt wird.<br />
Gespeist wird sie aus homöopathischen<br />
Spuren der schwarzen Musik<br />
von Joy Division, Rudimenten eines<br />
Trance-artigen Rhythm & Blues, viel<br />
Minimalismus und virtuos eingesetzten<br />
Elektronikeffekten. Vor 30 <strong>Jahre</strong>n<br />
haben The Young Marble Giants<br />
schon einmal Vergleichbares zuwege<br />
gebracht. Oliver Sims Bass und Jamie<br />
Smiths Schlagzeug liefern knappe<br />
Gerüste, Keyboards den Kitt, während<br />
die Gitarre herumgeistert und<br />
die Stimmen von Gitarristin Romy<br />
Madley Croft und Oliver Sim über<br />
alledem schweben. Also keine Angst,<br />
seelenlose Robotermusik ist das<br />
wahrlich nicht. Denn das humane Element<br />
findet sich in den verhaltenen,<br />
sehr natürlich belassenen Stimmen<br />
und erst recht in den Texten, die von<br />
Ratlosigkeit und Ängsten in unseren<br />
<strong>Jahre</strong>n der Finanzkrisen, prekären<br />
Arbeitsverhältnisse und erodierenden<br />
Staaten handeln. Gemütlich oder<br />
beruhigend, gar radio-popig klingt<br />
hier nichts. Dies ist Musik für leere<br />
Parkhäuser bei Nacht und Abende<br />
an der kalten Zentralheizung statt am<br />
gemütlich prasselnden Kamin. CO-<br />
EXIST liefert alles in allem eine Art<br />
Soundtrack für dieses Jahrzehnt. Das<br />
ist eine riesige Leistung, deren wahrer<br />
Wert vielleicht aber erst retrospektiv<br />
erkannt werden wird.<br />
(Young Turks/Indigo, 2012,<br />
11/37:20) hjg<br />
RITCHIE VALENS<br />
RITCHIE VALENS + RITCHIE<br />
Hätte Ritchie Valens doch bloß<br />
nicht die Münze geworfen, um mit<br />
Crickets-Gitarrist Tommy Allsup<br />
den letzten freien Platz auszulosen!<br />
Dann hätte er nicht den Flieger betreten<br />
und wäre nicht im zarten Alter<br />
von 17 <strong>Jahre</strong>n bei jenem Crash ums<br />
Leben gekommen, der auch die beiden<br />
Rock’n’Roller Buddy Holly und<br />
Big Bopper das Leben kostete – an<br />
jenem 3. Februar 1959, der als „<strong>the</strong><br />
day <strong>the</strong> music died” in die Geschichte<br />
ein ging. So hinterließ der US-Amerikaner<br />
mexikanischer Herkunft (bürgerlich:<br />
Richard S. Valenzuela) nur<br />
ein schmales Werk. Eines jedoch, das<br />
zeigt, dass noch Großes von ihm zu<br />
erwarten gewesen wäre. Mit seinem<br />
rauen Gesang und energiegeladenen<br />
Gitarrenspiel (“Come On, Let’s Go”,<br />
“Bony-Moronie” etc.) übte er Einfluss<br />
auf spätere Beat-, Garagen-Rock- und<br />
Punkbands aus. Zugleich war er ein<br />
begnadeter – Buddy Holly kaum<br />
nachstehender – Balladensänger, der<br />
mit dem schmachtenden “Donna”<br />
(1958, US #2) seinen größten Hit feierte<br />
und mit “La Bamba” (1958, US<br />
#22) quasi der Erfinder des Chicano-<br />
Rock wurde. Nun kann man die beiden<br />
ersten Alben RITCHIE VALENS<br />
und RITCHIE, beide im Todesjahr<br />
posthum erschienen, auf einer CD<br />
in einer guten 24-Bit-Remaster-<br />
Abmischung hören, inklusive acht<br />
Bonus-Titel, (Outtakes, Demos, Live-<br />
Aufnahmen, darunter Eddie Cochrans<br />
“Summertime Blues”) sowie mit<br />
einem informativen, reich bebilderten<br />
Booklet. Besser geht es kaum!<br />
(Hoodoo/Harmonia Mundi, 2012,<br />
31/67:23) frs<br />
KISS<br />
MONSTER<br />
Da hör’ hin,<br />
die<br />
Altmeis ter<br />
können es auch<br />
nach <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n<br />
noch (oder wieder)!<br />
Paul Stanley<br />
und Gene<br />
Simmons setzen mit ihren Mitstreitern<br />
Eric Singer (dr) und Tommy Thayer (g<br />
und Gesang auf “Outta This World”)<br />
höllisch viel Energie frei, die sie mittels<br />
eingängiger, geradeaus abgehender<br />
Songs mit einigen Überraschungsmomenten<br />
in gelungene Bahnen lenken.<br />
Rau und erdig, alles andere als klinisch<br />
steril produziert, geht die Kiss-Post<br />
ab – wie versprochen ohne Balladen,<br />
Keyboards und Streicher. Man genieße<br />
“Shout Mercy”, “All For The Love<br />
Of Rock’n’Roll” (mit Singer-Gesang),<br />
“The Devil Is Me” oder die Mitgröhlnummer<br />
“Freak” an – da waten Kiss<br />
knietief in 70er- und 80er-Assoziationen,<br />
ohne dass es veraltet oder altbacken<br />
klingt. Und nach mehrfachem<br />
Anhören setzen sich diese Nummern<br />
auch in den Gehörgängen fest.<br />
(Universal, 2012, 12/43:45) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
WORLD OF ACID<br />
Es gehört bei solchen Kollektionen wie<br />
WORLD OF ACID schon länger zum<br />
guten Ton, Eigenlob auszuschütten und<br />
sich selbst zur „heißesten, seltensten,<br />
essenziellsten, feinsten, wildesten,<br />
obskursten” Edition zu küren. Was ja<br />
teilweise immer irgendwie ein wenig<br />
Rock<br />
zutrifft. So auch hier: Versammelt sind<br />
Bands aus den USA, Spanien, Belgien<br />
und Kanada sowie eine unidentifizierbare<br />
Combo. Die bringt, gewissermaßen<br />
zum Ausgleich, eine durchaus<br />
von psychedelischem Talent gesegnete<br />
Version des Hendrix-Klassikers “Purple<br />
Haze” – und damit den einzigen<br />
bekannten Song hier. Aber auch Pretty<br />
mit “Mustache In Your Face”, Purp le<br />
Canteen mit “Brains In My Feet”, Graffiti<br />
mit “He’s Got The Knack” oder das<br />
Johnny Thompson Quintet mit “Color<br />
Me Columbus” wissen, wo der Psycho-<br />
Hammer hängt und wie man halbwegs<br />
normale Beatsongs zur Bewusstseinserweiterung<br />
treibt. Im achtseitigen<br />
bunten Booklet bemüht man sich nach<br />
Kräften, alle wichtigen Fakten über<br />
die Interpretenschar auszubreiten, und<br />
kann immerhin auflisten, von welchen<br />
Singles der <strong>Jahre</strong> 1966 bis 1971 die<br />
kompilierten Titel stammen.<br />
(Particle/Soulfood, 2012,<br />
12/<strong>40</strong>:12) hjg<br />
ELVIS PRESLEY<br />
PRINCE FROM ANOTHER<br />
PLANET<br />
P R I N C E<br />
FROM ANO-<br />
THER<br />
PLA-<br />
NET, der Titel<br />
dieser<br />
edlen<br />
Box im Single-<br />
Format, bezieht<br />
sich auf eine Schlagzeile der „New<br />
York Times”, die damit die Bedeutung<br />
von vier restlos ausverkauften Shows<br />
des Kings Of Rock’n’Rolls im Madison<br />
Square Garden vom Juni 1972<br />
<strong>the</strong>matisierte. CD 1 liefert die (etwas<br />
längere) Show vom Samstagnachmittag,<br />
ursprünglich 1997 erstmals auf<br />
CD veröffentlicht, CD 2 dokumentiert<br />
das Abendkonzert vom gleichen Tag,<br />
das schon eine gute Woche später, am<br />
18. Juni 1972, als LP herauskam. Bisher<br />
unveröffentlicht und erst kürzlich<br />
entdeckt sind die Amateuraufnahmen<br />
der 20-minütigen Pressekonferenz,<br />
die Elvis zusammen mit seinem Vater<br />
sowie Manager Colonel Tom Parker<br />
am 9. Juni 1972 gab. Daneben liefert<br />
die DVD noch gut eine Stunde lang<br />
die Bilder des Nachmittagskonzertes<br />
vom 10. Juni, also der einmaligen<br />
Performance Presleys, die mit klasse<br />
Band im Rücken, vielstimmigem<br />
Backgroundchor und vollem Orchester<br />
einmal mehr zeigte, wie wohl er<br />
sich auf der großen Showbühne fühlte.<br />
Edel auch das voluminöse, klasse<br />
bebilderte Beglei<strong>the</strong>ft mit Liner-Notes<br />
von Lenny Kaye.<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 1997/1972/2012,<br />
25/60:45, 22/54:05) us<br />
THE DOORS<br />
LIVE AT BOWL ’68<br />
Die Aufnahme im Hollywood Bowl<br />
vom 5. Juli 1968 stellt einen Sonderfall<br />
in der Geschichte der Doors dar,<br />
denn es handelt sich dabei um das einzige<br />
Konzert der Band, das in seiner<br />
vollen Länge aufgezeichnet wurdet.<br />
Frühere Audio- oder Video-Releases<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47