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REVIEWS<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
Rock<br />
mischt, funkig-bluesige Sounds sorgen für<br />
eine groovige Bodenhaftung – so stehen<br />
Kopf und Bauch gleichberechtigt und spannungsgeladen<br />
nebeneinander. Eine Samba<br />
mit wunderschönen Akustikgitarrenparts<br />
sorgt für Abkühlung, bevor dann mit einem<br />
Tribut an Bluesmeister Albert King sowie<br />
schneidigen Bläserriffs die Stimmung wieder<br />
mächtig angeheizt wird. Wenn dies Mr.<br />
Browns UNFINISHED BUSINESS ist,<br />
fragt man sich, was da noch kommen soll.<br />
Ein mitreißendes Album!<br />
(Moosicus/Indigo, 2012, 9/70:49) rg<br />
GRATEFUL DEAD<br />
SPRING 1990 – SO GLAD YOU<br />
MADE IT<br />
Als der Rezensent<br />
Grateful Dead am<br />
11.7.1990 erstmals<br />
live erlebte, traute<br />
er seinen Augen<br />
nicht: Da tanzten<br />
70.000 Menschen<br />
bi bei strömendem tö Regen im RFK Stadium<br />
in Washing<strong>to</strong>n, D.C., zu eigentlich untanzbarer<br />
Musik, und das drei Stunden lang! Die<br />
Stimmung bei Dead-Konzerten auf Platte<br />
einzufangen, ist eigentlich unmöglich, und<br />
dennoch ist SPRING 1990 – SO GLAD<br />
YOU MADE IT wärmstens zu empfehlen.<br />
Diese Doppel-CD ist der höchst gelungene<br />
Extrakt aus einer 18 (!) Silberlinge umfassenden<br />
Box, die diese Tour im Frühjahr<br />
1990 zum 25-jährigen Bestehen dokumentiert<br />
– es war die letzte mit dem kurz darauf<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Keyboarder Brent Mydland.<br />
Natürlich sind einige Jamsessions zu hören<br />
(“Bird Song”, “Eyes Of The World”), aber<br />
die für Jerry Garcia, Bob Weir & Co. so typischen,<br />
schier endlosen Improvisationen<br />
sind knapp gehalten. Im Wesentlichen gibt<br />
es kompakte Songs zwischen Psychedelic<br />
Rock, Country, Rock’n’Roll und Soul,<br />
reichlich Cover-Versionen (S<strong>to</strong>nes, Spencer<br />
Davis Group, Sam Cooke) und allerlei Eigenbauten<br />
aus den verschiedenen Dekaden.<br />
Abwechslungsreich, quicklebendig, mehr<br />
als empfehlenswert!<br />
(Rhino/Warner, 2012, 11/79:41,<br />
9/79:49) pro<br />
JOE COCKER<br />
FIRE IT UP<br />
Nichts Neues musikalisch von der Joe<br />
Cocker-Front, wer hätte das auch erwartet?<br />
Viel wichtiger für den Fan des Mannes<br />
mit der unverwechselbaren Reibeisenstimme<br />
ist die Erkenntnis, ob das Sangesorgan<br />
des mittlerweile 68-Jährigen aus Sheffield<br />
weiterhin kraftvoll und dominant ist. Keine<br />
Frage: Cockers entscheidendes Pfund<br />
wiegt, wie schon auf dem überraschend<br />
starken Vorgänger HARD KNOCKS, auch<br />
auf FIRE IT UP schwer, nachdem er einige<br />
durchaus schwächere Gesangsleistungen<br />
bei den Alben davor abgeliefert hatte. Auf<br />
FIRE IT UP hingegen ist der Stilmix aus<br />
kehlig interpretierten Uptempo-Blues-<br />
Rocknummern, gepaart mit steinerweichenden<br />
Balladen gelungen, allesamt perfekt<br />
produziert, die Songauswahl exzellent<br />
zusammengestellt. Damit steht einer neuen<br />
Nummer 1 in den Charts nichts mehr im<br />
Wege. Joe Cocker steht prächtig im Saft!<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012,<br />
11/42:54) mfg<br />
THE WHEELS<br />
ROAD BLOCK<br />
Diese Band aus Belfast gehört in die erste<br />
Liga des nordirischen Blues-Rock der Mittsechziger,<br />
stand aber immer im Schatten<br />
der Van-Morrison-Gruppe Them, so dass<br />
ihr offiziell nur die Silbermedaille bleibt.<br />
Die aber ist mehr als verdient, wie dieser<br />
Sampler mit ihrem Gesamt-Output drastisch<br />
beweist. Der Titeltrack “Road Block” ist ein<br />
unglaublich zündender Hammer, definitiv<br />
ein Härte-Superklassiker, der es mit Thems<br />
besten Arbeiten locker aufnimmt! Weitere<br />
Tracks (“Bad Little Woman”, “I’m Leaving”)<br />
warten mit Wolfsstimmengesang in<br />
bester Morrison-Manier (Stichwort: “Mystic<br />
Eyes”) auf, während bei “Don’t You Know”<br />
oder Graham Bonds “Tell Me (I’m Gonna<br />
Love Again)” sanftere Töne angeschlagen<br />
werden. Auch beim Reper<strong>to</strong>ire gingen The<br />
Wheels nur (zu) vorsichtig eigene Wege:<br />
“Call My Name” und den All-Time-Klassiker<br />
“Gloria” übernahmen sie direkt von<br />
Them, und mit “Kicks” (Paul Revere &<br />
The Raiders) und Bo Diddleys “Mona”,<br />
damals im Programm jeder zweiten UK-<br />
Band, sind – anständige! – Versionen weiterer<br />
Erfolgstitel dabei. Letztlich konnte die<br />
Gruppe um die Sänger Rod Demick (auch<br />
ein prima Bluesharp-Player) und Brian Rossi<br />
(auch Keyboards) sowie Gitarrist Herbie<br />
Armstrong, 1978–1982 in Diensten von Van<br />
Morrison, ihr Potenzial nicht ausschöpfen.<br />
Aber es ist schön, dass ROAD BLOCK sie<br />
vor dem Vergessen bewahrt!<br />
(Big Beat/Ace/Soulfood 2012,<br />
12/32:11) hjg<br />
NIGHT RANGER<br />
24 STRINGS AND A DRUMMER<br />
– LIVE AND ACOUSTIC<br />
Akustikversionen<br />
von Songs, die sonst<br />
von<br />
schmetternden<br />
E-Gitarrenriffs<br />
leben,<br />
sind nicht jedermanns<br />
Sache. Und<br />
doch ziehen Bands<br />
aus dem Hard’n’Heavy-Bereich ’H<br />
immer<br />
mal wieder den Stecker und tragen ihre<br />
Erfolgsnummern staubtrocken vor. Mit 24<br />
STRINGS AND A DRUMMER – LIVE<br />
AND ACOUSTIC betreten jetzt die USamerikanischen<br />
Melodic-Metal-Pioniere<br />
Night Ranger dieses Terrain. Und da die<br />
Band unter anderem mit “Sister Christian”,<br />
“Four In The Morning” oder “Don’t Tell<br />
Me You Love Me” unschlagbare Melodie-<br />
Sahne<strong>to</strong>rten im Programm hat, funktioniert<br />
auch ein an Höhepunkten zwangsläufig<br />
eher armes Akustikset ziemlich gut. Und<br />
Night Ranger setzen wie immer vor allem<br />
auf ihren Satzgesang, der gerade im ballastfreien<br />
Sound bestens rüberkommt. Diese<br />
Band erinnert ganz offensichtlich gern an<br />
die satten 80er, steht aber mit allen Beinen<br />
ganz klar im Hier und Heute. Da geht garantiert<br />
auch in den nächsten <strong>Jahre</strong>n noch<br />
eine Menge.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2012, 13/64:21) jub<br />
COLOUR HAZE<br />
SHE SAID<br />
Auch mit Album Nummer zehn bleiben<br />
sich Colour Haze treu und spielen Rockmusik,<br />
die sie selbst – absolut zutreffend –<br />
als „Heavy Psychedelic Rock” bezeichnen.<br />
Gleich der Opener ihres Doppelalbums,<br />
der Titeltrack “She Said”, bietet in knapp<br />
19 Minuten einen beherzten Parforce-Ritt<br />
durch meterhohe und ebenso dicke Riffwände,<br />
durch <strong>to</strong>nnenschweres, verzerrtes<br />
Tonmaterial, das immer wieder unerwartete<br />
Wendungen nimmt, so dass die Spielzeit<br />
wie im Fluge vorübergeht. Stilistisch<br />
freier wird es gegen Ende der zweiten CD,<br />
das zehnminütige “Grace” zeigt eindrucksvoll<br />
eine ganz andere, bisher eher selten<br />
gehörte Seite von Colour Haze. Gitarrist<br />
Stefan Koglek beginnt mit sanften akustischen<br />
Tönen, Streicher, Fender Rhodes,<br />
Piano und Bläser s<strong>to</strong>ßen dazu, bevor dann<br />
die Rhythmusfraktion aus Bassist Philipp<br />
Rasthofer und Drummer Manfred Merwald<br />
den Song wieder in gewohnte Sphären<br />
hinaufschießt. Starkes Ende eines souveränen<br />
Albums.<br />
(Elektrohasch/Sonic Rendezvous, 2012,<br />
3/38:10, 5/43:45) us<br />
PAUL GILBERT<br />
VIBRATO<br />
Der durch sein<br />
Mitwirken<br />
bei<br />
Racer X und den<br />
Millionen-Sellern<br />
Mr. Big bekannt<br />
gewordene Metal-<br />
Gitarrenvirtuose<br />
Paul Gilbert wartet t mit einem neuen, vielfältigen<br />
Album auf. In acht neuen Stücken,<br />
darunter vier Instrumentals, kam man seine<br />
Fingerfertigkeit, die aber nie in Selbstgefälligkeit<br />
ausartet, bewundern. Erfreulicherweise<br />
degradiert er sein Trio nicht zu Statisten,<br />
so dass Keyboardsoli und eine tighte<br />
Rhythmussektion für Abwechslung sorgen.<br />
Ein großer Sänger wird Gilbert zwar nicht<br />
mehr, die Songs gehen aber durchaus gut<br />
ins Ohr. Interessant ist eine Version von<br />
Dave Brubecks Jazzklassiker “Blue Rondo<br />
A La Turk”. Ebenso die Live-Bonus-<br />
Tracks. Hier widmet er sich drei sehr unterschiedlichen<br />
Vorlagen: “Roundabout” von<br />
Yes, Muddy Waters’ Bluesklassiker “I Want<br />
To Be Loved” und AC/DCs “Go Down”.<br />
Eine abwechslungsreiche Scheibe, die nicht<br />
nur Gitarrenfreaks Freude bereitet!<br />
(Mascot/Rough Trade, 2012, 11/67:39) rg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
KEEP THE LIGHT ALIVE –<br />
CELEBRATING THE MUSIC OF<br />
LOWEN & NAVARRO<br />
Eric Lowen und Dan Navarro haben unter<br />
eigenem Namen seit 1990 rund ein Dutzend<br />
Alben mit melodisch stets hochwertigem<br />
Soft-Pop-Rock veröffentlicht, wobei sie<br />
sich nicht vollends vom Mainstream vereinnahmen,<br />
immer noch ein paar Prozente<br />
Indie-Feeling einfließen ließen. Weltberühmt<br />
sind sie damit nicht geworden, aber<br />
für einen sehr soliden Ruf bei der Kollegenschaft<br />
hat es locker gereicht, und dass Pat<br />
Benatar ihren Song “We Belong” zum Bestseller<br />
machte, sichert wohl die Rente. Besagte<br />
„interne Wertschätzung” sorgte auch<br />
für den vorliegenden, rundum geglückten<br />
Sampler. Jackson Browne bringt als Starter<br />
eine wunderschöne Version von “Weight Of<br />
The World” und gibt damit die Grundrichtung<br />
vor: keine wilden Experimente oder<br />
Neudeutungen, stattdessen strikte Be<strong>to</strong>nung<br />
der melodischen Attraktivität. S<strong>to</strong>nehoney<br />
packen “If I Was The Rain” und John<br />
Ondrasik “Keep The Light Alive” sanft und<br />
flauschig bis zur Stromlinienförmigkeit an.<br />
Etwas strammer pop-rockig geht es bei Phil<br />
Parlapiano (“The Opposite Of Everything”)<br />
und Severin Browne (“Open Your Heart”)<br />
zu. Bei “If You Loved Me Like That” vergisst<br />
Keb’ Mo, fast, dass er Blueser ist,<br />
und The Bangles fügen “We Belong” zwar<br />
nichts Wesentliches hinzu, drücken dem<br />
Song aber ihren eigenen Stempel auf. Unterm<br />
Strich eine zeitlos schöne Kollektion<br />
mit nicht zu viel Tiefgang, aber hohem Unterhaltungswert.<br />
(Aix/Bertus Import, 2012, 13/51:57) hjg<br />
THE FACES<br />
STAY WITH ME – ANTHOLOGY<br />
Die Karriere von<br />
The Faces mag nur<br />
ein halbes Jahrzehnt<br />
zwischen Ende der<br />
1960er und Mitte der<br />
1970er gedauert haben<br />
– dennoch besitzt<br />
dieses britische Quintett Legendenstatus!<br />
Vor allem sind The Faces Repräsentanten<br />
einer fernen wilden Ära, in der es zum guten<br />
Ton jedes Rock & Rollers gehörte, Hotelzimmer<br />
zu zerlegen, Groupies en masse<br />
flachzulegen und die Bierpulle niemals<br />
aus der Hand zu geben. Aber unabhängig<br />
von solcherart wüster Legendenbildung:<br />
Was hatten Rod Stewart, Ron Wood, Ronnie<br />
Lane, Kenney Jones und Ian McLegan<br />
musikalisch drauf? Zunächst mal einen<br />
herrlichen Mix aus Blues, Rock und Boogie,<br />
nachzuhören auf dieser bestechend<br />
zusammengestellten Anthologie. Darüber<br />
hinaus hatten The Faces ein Gespür für rüpelhafte<br />
Eingängigkeit, also für Songs, die<br />
man in Kneipen frühestens ab dem fünften<br />
Bier problemlos mitgrölen konnte. Und<br />
doch: die Faces waren keine Pub-Band,<br />
dafür fünf junge, hitzköpfige und vor allem<br />
äußerst talentierte Musiker, jeder prall<br />
voll mit Ideen, jeder prall voll mit Leben.<br />
Der Fünfer existierte in einer Zeit, als vor<br />
allem die Karrieren von Rod Stewart und<br />
Ron Wood vor der Eruption standen. Exakt<br />
dieses Prä-Eruptive macht aus Faces-Songs<br />
moderne Klassiker!<br />
(Rhino, 2012, 18/68:50 +<br />
18/74:37) mfg<br />
MARDI GRAS.BB<br />
CRIME STORY TAPES<br />
Mardi Gras.BB sind musikalisch schon<br />
lange nicht mehr nur in New Orleans zu<br />
Hause. Klangen die ersten Alben der vor<br />
20 <strong>Jahre</strong>n von dem ehemaligen Guru-Guru-Bassisten<br />
Uli Krug gegründeten Combo<br />
noch stark nach Swamp-Blues und Brass-<br />
Band-Jazz, so hat sich die Palette der<br />
Mannheimer über die <strong>Jahre</strong> kontinuierlich<br />
erweitert; es schlichen sich z.B. Country<br />
und Chanson ein. Auf ihrem letzten Album<br />
VON HUMBOLDT PICNIC (<strong>GoodTimes</strong><br />
3/2010) traten sie gar eine musikalische<br />
Reise um die Welt an. Wie schon dieser<br />
ambitionierte Vorgänger ist auch CRIME<br />
STORY TAPES ein Konzeptalbum. Statt<br />
auf den Spuren des Naturforschers Alexander<br />
von Humboldt sind Mardi Gras.<br />
BB diesmal dem Krimiau<strong>to</strong>ren Raymond<br />
Chandler auf den Fersen, dem Schöpfer<br />
des Privatdetektivs Philip Marlowe – be-<br />
Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>