Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
CD<br />
REVIEWS<br />
TYGERS OF PAN TANG<br />
BURNING IN THE SHADE<br />
Anfang der 80er <strong>Jahre</strong> gehörten die Tygers Of<br />
Pan Tang zur zweiten Reihe der New Wave<br />
Of British Metal. Doch als sie den Sprung<br />
ganz nach vorn nicht schafften, schwenkten<br />
1987 Jon Deverill (voc), Steve Lamb (g) und<br />
Brian Dick (dr) mit neuen Begleitern um,<br />
schielten über den großen Teich. Statt rau-melodiösem<br />
Power-Rock war für BURNING IN<br />
THE SHADE mainstreamiger AOR angesagt<br />
mit dominanten, oft syn<strong>the</strong>tischen Keyboardspielereien.<br />
Dabei konnte die Band doch noch<br />
satt abrocken, wie sie mit “Hit It” zumindest<br />
andeutete! Auch wenn handwerklich alles<br />
gut gemacht war, fehlten Esprit und eigene<br />
Handschrift, zumal die Fans den neuen Weg<br />
nicht mitgingen. Kein Wunder, dass die Band<br />
sich wenig später auflöste. Bei der Neuauflage<br />
gibt’s als Bonus den Videotrack “Waiting”<br />
(bezeichnenderweise vom 85er Album THE<br />
WRECK AGE).<br />
(Lemon/Cherry Red/Rough Trade, 1987,<br />
10/37:16) pro<br />
VELVET UNDERGROUND<br />
& NICO<br />
THE VELVET UNDERGROUND<br />
& NICO (45TH ANNIVERSARY<br />
EDITION)<br />
Das bekannteste Zitat zum Debüt von Velvet<br />
Underground stammt von Brian Eno. Der<br />
ehemalige Roxy-<strong>Music</strong>-Keyboarder sagte<br />
einmal, nur etwa 5000 Leute hätten das Album<br />
gekauft, „aber jeder von ihnen gründete<br />
eine Band”. Die im März 1967 veröffentlichte<br />
LP THE VELVET UNDERGROUND &<br />
NICO, auf der die deutsche Schauspielerin<br />
Nico (bürgerlich Christa Päffgen) für ein<br />
paar Lieder das Mikro von Lou Reed übernahm,<br />
war zwar kommerziell ein Misserfolg.<br />
Sie erwies sich jedoch auf längere Sicht als<br />
ebenso einflussreich wie SGT. PEPPER’S<br />
oder PET SOUNDS. Ob David Bowie, Can,<br />
The S<strong>to</strong>oges oder Sonic Youth, ob Punk,<br />
Gothic, Grunge oder Noise-Rock – sie alle<br />
wurden von dem Album mit Andy Warhols<br />
berühmtem Bananen-Cover inspiriert. Zum<br />
45. Jubiläum erscheint nun ein Neu-Remaster<br />
in unterschiedlichen Versionen. Neben einer<br />
6-CD-Box gibt es eine 2-CD-Edition sowie<br />
eine Einzel-Silberling- bzw. Vinyl-Ausgabe.<br />
Das Sechser-Set beinhaltet die Stereo- und<br />
Monoversionen des Originalalbums sowie<br />
bislang unveröffentlichte Alternativversionen<br />
und Probenmitschnitte aus Warhols Fac<strong>to</strong>ry.<br />
Enthalten ist zum ersten Mal offiziell auch<br />
die Azetat-Pressung vom April 1966, die ersten<br />
Studio-Aufnahmen der Band in den New<br />
Yorker Scepter-Studios, mit denen sie sich<br />
um einen Plattenvertrag bewarb. Zudem gibt<br />
es einen Livemitschnitt vom November 1966<br />
aus Columbus, Ohio. Überdies liegt der Box<br />
Nicos 1967er Debütalbum CHELSEA GIRL<br />
bei, dessen Songs zum Teil aus der Feder<br />
der VU-Mitglieder John Cale und Lou Reed<br />
stammen. Die 2-CD-Ausgabe umfasst die<br />
Stereoversion sowie die Fac<strong>to</strong>ry-Proben und<br />
die Scepter-Studiosessions.<br />
(Verve/Universal, 1967/2012) frs<br />
AEROSMITH<br />
MUSIC FROM ANOTHER<br />
DIMENSION<br />
Im Jahr 2004 gab es<br />
mit HONKIN’ ON<br />
BOBO ja immerhin<br />
ein Cover-Album als<br />
Lebenszeichen, jetzt<br />
haben<br />
Aerosmith<br />
nach elf <strong>Jahre</strong>n wieder<br />
ein Album mit neuen Songs veröffentlicht.<br />
MUSIC FROM ANOTHER DIMEN-<br />
SION haben Steven Tyler (voc), Joe Perry<br />
(g), Brad Whitford (g), Tom Hamil<strong>to</strong>n (b)<br />
und Joey Kramer (dr) – also immer noch<br />
die Originalbesetzung – ihr neues Werk<br />
genannt. Doch keine Angst, statt neuartige<br />
Musik aus einer anderen Dimension anzustimmen,<br />
sind sich Aerosmith treu geblieben,<br />
spielen im Prinzip nichts anderes als<br />
die Musik, die man von ihnen gewöhnt ist<br />
– und erwartet! Heavy-Metal-Hymnen wie<br />
die erste Single “What Could Have Been<br />
Love”, Midtempo-Power-Balladen wie das<br />
Duett mit Carrie Underwood “Can’t S<strong>to</strong>p<br />
Lovin’ You”, rotzige Punk-S<strong>to</strong>mper wie<br />
“Lover Alot” oder straighte Rock’n’Roll-<br />
Kracher wie “Freedom Fighter”, bei dem<br />
kein Geringerer als Johnny Depp als Backgroundsänger<br />
zu hören ist.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2012, 15/68:06) tk<br />
RAY STINNETT<br />
A FIRE SOMEWHERE<br />
Nach Teenie-Band und Duo-Auftritten in<br />
Kneipen und Nachtclubs landet Ray Stinnett<br />
mit gerade mal 20 <strong>Jahre</strong>n bei Sam The Sham<br />
& The Pharaos, mit denen er mit “Woolly<br />
Bully” 1965 einen Riesenhit hat. Nach den<br />
üblichen Streitereien, die so ein schneller<br />
und unerwarteter Erfolg nach sich zieht, trennen<br />
sich die Pharaos (inklusive Stinnett) von<br />
Sam und benennen sich in The Violations<br />
um. 1967 macht sich Stinnett als Komponist<br />
selbstständig, zieht mit Frau und Sohn nach<br />
San Francisco. Freundet sich dort mit Booker<br />
T. Jones an, der mit ihm ein Album aufnimmt,<br />
das bis heute verschollen ist. Dann geht es<br />
nach Memphis, wo er mit Booker T. Jones’<br />
Unterstützung und seinen alten Freunden Jerry<br />
Peterson (die andere Hälfte des eingangs<br />
erwähnten Duos) und Mike Plunk ein Album<br />
voller bunter Musik aufnimmt – heiße Country-Twang-Nummern,<br />
souliger Boogie-Woogie<br />
und psychedelische Pop-Exkursionen. Als<br />
die LP mit dem Titel A FIRE SOMEWHERE<br />
fertig zur Veröffentlichung ist, gibt es Streit<br />
über die Art der Promotion, die Plattenfirma<br />
möchte Stinnett zum Superstar aufbauen, der<br />
wiederum möchte nur seine LP in den Läden<br />
stehen sehen. Kurzerhand schnappt sich Stinnett<br />
seine Tapes und lebt sein Vagabundenleben<br />
weiter. Jetzt erscheint diese Musik aus<br />
einer anderen Galaxie, also mit <strong>40</strong>-jähriger<br />
Verspätung, dafür aber in einem herrlich gestalteten<br />
Digipak, mit einem noch herrlicheren<br />
Booklet, in dem es die Geschichte, die<br />
Bilder und die Song-By-Song-Kommentare<br />
von Ray Stinnett gibt. Irre S<strong>to</strong>ry!<br />
(Light In The Attic/Cargo, 2012,<br />
14/52:56) us<br />
TOM GILLAM<br />
GOOD FOR YOU<br />
„Welcome once again ...” liest man, wenn<br />
man Tom Gillams neue CD aus der Halterung<br />
löst, „Tom Gillam is GOOD FOR<br />
YOU”, darauf weist einen der eindringlich<br />
blickende Herr mit ausgestrecktem Zeigefinger<br />
auf dem Backcover hin. Auch musikalisch<br />
beginnt dieses Album so entspannt, so<br />
freundlich, so gelassen, dass man sich kaum<br />
noch an den kräftigen Roots-Rock erinnern<br />
mag, mit dem Tom Gillam vor gut zehn<br />
<strong>Jahre</strong>n noch stilistischer Kollege von John<br />
Mellencamp, Bob Seger oder John Hiatt war.<br />
Doch ebenso wie mit seiner (Teilzeit- & Neben-)Band<br />
US Rails – zusammen mit Ben<br />
Arnold, Joseph Parsons, Scott Bricklin und<br />
Matt Muir – oder als Duo mit Todd Thibaud<br />
lässt er nun mehr Folk- und Country-Einflüsse<br />
zu, ist seine Musik über die letzten drei<br />
Alben hinweg ein gutes Stück in Richtung<br />
Americana gedriftet. Und somit schließt sich<br />
auch wieder der Kreis zum Titel des Albums,<br />
GOOD FOR YOU ist nämlich alles andere<br />
als eine leere Versprechung, Tom Gillams<br />
Songs klingen einfach zu gut, als dass er<br />
im letzten Stück augenzwinkernd drohen<br />
müsste : „You Better Be Good (To Me)!”<br />
(Blue Rose/Soulfood, 2012, 12/55:44) us<br />
MAD MOON<br />
CHAPTER III<br />
Über ein Jahr lang<br />
haben Mad Moon aus<br />
dem baden-württembergischen<br />
Öhringen<br />
an ihrem dritten<br />
Longplayer gebastelt.<br />
War der progressive<br />
Rock auf den beiden ersten Alben noch stark<br />
von Tom Schmidts Wechselspielen zwischen<br />
seiner 30 <strong>Jahre</strong> alten Orgel und modernen<br />
Syn<strong>the</strong>sizerklängen dominiert, lässt Rainer<br />
Webers Leadgitarre die neuen Songs auf<br />
CHAPTER III auch mal in Richtung Melodic-Rock-Gefilde<br />
driften. Der so entstehende<br />
vielschichtige Klangkosmos erinnert über<br />
weite Strecken an gute alte 70er-<strong>Jahre</strong>-Klänge,<br />
als der verspielte Prog-Rock von Bands<br />
wie Eloy, Anyone’s Daughter oder den frühen<br />
Genesis seine fruchtbarsten Zeiten erlebte. In<br />
diesem Sinne ist das dritte Album von Mad<br />
Moon dann nicht nur eine erwartete Weiterentwicklung<br />
des bisherigen Stiles, sondern<br />
bietet auch neue Töne, die dem Album so<br />
richtig gut tun, die der klasse Musik eine weitere<br />
Facette hinzufügt!<br />
(Mad Moon Records/CMS, 2012,<br />
10/58:25) us<br />
DONALD FAGEN<br />
SUNKEN CONDOS<br />
Erneut ein Meisterwerk! Fagens cooles<br />
Songwriting bildet die Basis für völlig<br />
pathos-freien Gesang, der im Dienste eines<br />
stilsicheren Mixes aus smoo<strong>the</strong>m City-<br />
Rock, Funk-Einarbeitungen, Pop-Spritzern<br />
und Jazz-Verquickungen steht. Fagens Arbeit<br />
an den Tasten versprüht eine unterkühlte<br />
Eleganz und Präzision, der sich die feinen<br />
Rhythmus-Arbeiter an Bass & Drums und<br />
die swingende Bläser-Crew gern anschließen.<br />
Dazu kommen meist eher unauffällige,<br />
aber perfekte Gitarrentöne. Der Song-Zyklus<br />
über untergegangene Apartmenthäuser,<br />
die Liebe in Zeiten der Finanzkrise und<br />
sogar ein verwegener Ausflug zum “Planet<br />
Rock<br />
D’Rhonda” enthält mit “Slinky Thing”,<br />
“Wea<strong>the</strong>r In My Head”, “Miss Marlene”<br />
und “Good Stuff” einige der besten Fagen-<br />
Songs der letzten 30 <strong>Jahre</strong>.<br />
(Reprise/Warner, 2012, 9/44:14) hjg<br />
THE STEVE MILLER BAND<br />
CILDREN OF THE FUTURE +<br />
SAILOR + BRAVE NEW WORLD<br />
+ YOUR SAVING GRACE +<br />
NUMBER 5<br />
Fällt der Name Steve<br />
Miller Band,<br />
denken die meisten<br />
an die großen Hits<br />
aus den Siebzigern<br />
wie “The Joker”,<br />
“Fly Like An Eagle”<br />
oder “Abracadabra” b aus den Achtzigern.<br />
Doch zu Beginn seiner Karriere spielte der<br />
„Space Cowboy” psychedelische Musik in<br />
allen Facetten, die erst in den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />
entsprechend gewürdigt wird. Edsel, eins<br />
der führenden Labels auf dem Reissue-<br />
Markt, hat nun klanglich verfeinerte CDs<br />
in sechsseitigen Digipaks mit Booklets auf<br />
den Markt gebracht, bei denen jeder US-<br />
Rock-Fan zuschlagen muss. CILDREN<br />
OF THE FUTURE bewegt sich zwischen<br />
psychedelischen Klangcollagen, Westcoast<br />
mit starkem San-Fancisco-Flair und hauchzarten<br />
Titeln (der Bonus-Track “Sittin’ In<br />
Circles”). Klasse Album, kein einziger Ausfall!<br />
Auf SAILOR gelang Miller die Quadratur<br />
des Kreises, da er sich als hervorragender<br />
Komponist präsentierte (“Dear Mary”),<br />
kräftigen Rockeinfluss in den Sound integrierte,<br />
aber immer noch verspielt-psychedelisch<br />
blieb. BRAVE NEW WORLD ist<br />
natürlich für jeden Beatles-Fan ein Muss, da<br />
Paul McCartney unter dem Pseudonym Paul<br />
Ramon auf dem Track “My Dark Hour” als<br />
Drummer, Background-Sänger und Bassist<br />
gastierte. Obwohl Millers Weggefährten<br />
Boz Scaggs und Jim Peterman die Band<br />
verlassen hatten, gelang ihm ein Album,<br />
das dem Gesamtwerk in nichts nachsteht.<br />
YOUR SAVING GRACE bewegt sich tendenziell<br />
ein wenig in Richtung Blues und<br />
Rock, gefiel den Hippies im Golden Gate<br />
Park aber immer noch, besonders wegen<br />
des offenen und freigeistigen Klangbildes.<br />
Kaum zu glauben, aber auch auf NUMBER<br />
5 kann Miller seine Kreativität voll ausspielen,<br />
ohne sich zu wiederholen oder bei anderen<br />
zu kopieren. Mit “Good Morning” und<br />
“Never Kill Ano<strong>the</strong>r Man” befinden sich<br />
zwei seiner attraktivsten Titel auf der Platte.<br />
Empfehlenswerte Neuauflagen, die ältere<br />
Reissues meilenweit überragen.<br />
(Edsel/Soulfood, 1968, 12/41:25 + 1968,<br />
10/34:33 + 1969, 9/29:59 +1969, 8/37:36<br />
+ 1970, 10:36:22) fl<br />
<strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 55