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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s 40 Jahre Musikladen (Vorschau)

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LP<br />

AGITATION FREE<br />

MALESCH + 2ND<br />

REVIEWS<br />

Nach hder CD-Wiederveröffentlichung der beiden<br />

ersten Alben der Krautrockband Agitation<br />

bi<br />

Free vor vier <strong>Jahre</strong>n legt nun das Label MiG<br />

mit schön edierten, klanglich guten Vinylausgaben<br />

nach. MALESCH (1972) und 2ND<br />

(1973) rechnen Kenner zu den besten Werken<br />

des frühen Krautrock. MALESCH entstand,<br />

nachdem die Berliner Combo auf Einladung<br />

des Goe<strong>the</strong>-Instituts durch Ägypten, Libanon,<br />

Zypern und Griechenland ge<strong>to</strong>urt war. Der<br />

Trip gen Osten hinterließ Eindruck bei den<br />

Musikern, mitunter sind Ethno-Instrumente<br />

oder arabische Tonskalen zu hören. Allerdings<br />

gehen Agitation Free in ihrer Verschmelzung<br />

von Ost und West nicht so weit wie etwa Embryo<br />

auf ihren Goe<strong>the</strong>-Institut-Tourimpressionen<br />

EMBRYO’S REISE. Die Musik ist eher<br />

als frei fließender, von jazzigen Grooves getragener<br />

Electric Space-Rock zu beschreiben.<br />

Diesem Konzept blieben die Mannen um den<br />

Gitarristen Lutz „Lüül” Ulbrich (heute bei den<br />

17 Hippies) auch auf 2ND weitgehend treu.<br />

Allerdings brachte der neue zweite, Jazz- und<br />

Westcoast-versierte Gitarrist Stephan Diez,<br />

der für Jörg Schwenke kam, einen neuen<br />

Sound ein. Den Improvisationen der Gitarrendoppelspitze<br />

Ulbrich/Diez haftet eine sonnige<br />

Leichtigkeit an, die an die kalifornischen<br />

Quicksilver Messenger Service erinnert. Insgesamt<br />

ist 2ND das rundere Album der beiden<br />

Krautrock-Meisterwerke.<br />

(MiG/Intergroove, 1972 + 1973,<br />

7/<strong>40</strong>:01 + 7/41:37) frs<br />

JETHRO TULL<br />

THICK AS A BRICK 1 & 2<br />

1972 veröffentlichten<br />

Jethro Tull mit<br />

THICK AS A TRICK<br />

ihr fünftes Album –<br />

mit einem einzigen,<br />

44 Minuten langen<br />

Song. Gedacht war<br />

es als Persiflage auf den „Konzeptalbum-<br />

Wahn”, den Frontmann Ian Anderson bei<br />

ihrem letzten Werk, AQUALUNG, den Kritikern<br />

bescheinigte. Folglich überzeichneten<br />

Jethro Tull alle (musikalischen) Kennzeichen<br />

eines Konzeptalbums und erfanden<br />

dazu noch eine unglaubwürdige S<strong>to</strong>ry über<br />

ein episches Gedicht, das von einem Achtjährigen<br />

namens Gerald Bos<strong>to</strong>ck stammen<br />

sollte. „If <strong>the</strong> critics want a concept album<br />

we’ll give <strong>the</strong> mo<strong>the</strong>r of all concept albums<br />

and we’ll make it so bombastic and so over<br />

<strong>the</strong> <strong>to</strong>p”, so Ian Anderson 2009. Das Ganze<br />

muss der Band aber so viel Spaß gemacht<br />

haben, dass sie im April dieses <strong>Jahre</strong>s mit<br />

THICK AS A BRICK 2 (Review Good-<br />

Times 3/2012) der Geschichte um Gerald<br />

Bos<strong>to</strong>ck ein zweites Kapitel anhängten. Beide<br />

Alben als hochwertige 180g Pressungen<br />

(remastert von Steven Wilson), dazu ein<br />

80-seitiges Buch voller Bilder, Zeitungsausschnitte,<br />

Tourberichte, Studio-Erinnerungen,<br />

Songtexte (u.a. auch in der deutschen Übersetzung)<br />

und (echte und fiktive) Interviews.<br />

Daneben erscheint das Album auch als <strong>40</strong>TH<br />

ANNIVERSARY SET, bei dem die remasterte<br />

Platte als CD sowie als Audio-DVD in<br />

zahlreichen audiophilen Abmischungen enthalten<br />

ist und das Begleitbuch gleichzeitig<br />

vom LP- auf DIN A5-Format schrumpfte.<br />

(EMI, 2012, 2 LPs)<br />

us<br />

FLEETWOOD MAC<br />

THE PIOUS BIRD OF GOOD<br />

OMEN<br />

Eigentlich war THE<br />

PIOUS BIRD OF<br />

GOOD OMEN gar<br />

kein „richtiges” Album<br />

von Fleetwood<br />

Mac. Vielmehr wurden<br />

auf dieser 1969<br />

veröffentlichten LP die ersten vier UK-Singles<br />

(inkl. B-Seiten) sowie zwei Stücke zusammengefasst,<br />

bei denen Peter Green (voc, g, harp),<br />

Jeremy Spencer (voc, g, p), Danny Kirwan (g),<br />

John McVie (b) und Mick Fleetwood (dr) vom<br />

amerikanischen Bluesmusiker Eddie Boyd<br />

unterstützt wurden. So erklärt sich auch die<br />

hohe musikalische Qualität dieser LP, die im<br />

Nachhinein ja nichts anders ist als eine (zugegebenermaßen<br />

sehr frühe) „Best Of”, die neben<br />

selbst verfassten, erfolgreichen Titeln wie<br />

“Albatross” und “Black Magic Woman” auch<br />

klassischen Blues(-Rock) von Elmore James<br />

und Eddie Boyd präsentiert. Die Tonqualität<br />

der 180g-Pressung ist trotz altersbedingter Patina<br />

unglaublich transparent, schließt man die<br />

Augen, könnte man meinen, Mick Fleetwood<br />

hätte seine Hi-Hat direkt vor einem im heimischen<br />

Wohnzimmer, aufgebaut.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1969,<br />

12 Tracks) us<br />

THELONIOUS MONK<br />

IT’S MONK TIME<br />

Unberechenbar,<br />

exzentrisch,<br />

manisch<br />

und grenzüberschreitend<br />

– alles Adjektive,<br />

die auf einen der<br />

wichtigsten Jazzmusiker<br />

des 20. Jahrhunderts<br />

zutreffen, der besonders durch seine<br />

Konzentration auf dissonante Harmonien<br />

bei Genrefans ankam. Doch erst ab 1962,<br />

nachdem er mit Columbia einen Vertrag abgeschlossen<br />

hatte, ereichte er ein größeres<br />

Publikum. Zusammen mit Charlie Rouse (ts),<br />

Butch Warren (b) und Ben Riley (dr) spielte<br />

der legendäre Pianist zwischen Januar und<br />

März 1964 eines seiner wohl bekanntesten<br />

Werke ein – IT’S MONK TIME. Hier konnte<br />

er sich aufgrund der gemäßigten Melodieführung<br />

ein neues Publikum erspielen, ohne<br />

es dabei an rhythmischer Komplexität fehlen<br />

zu lassen (“Lulu’s Back In Town”). Subtilität<br />

beim Songwriting (“Memories Of You”) gepaart<br />

mit swingenden Songs (“Stuff Turkey”)<br />

stehen für die gekonnte Gratwanderung zwischen<br />

seinen vielen Welten. Erstklassig!<br />

(Speakers Corner, 1964, 6 Tracks) at<br />

ANN PEBBLES<br />

STRAIGHT FROM THE HEART<br />

Ann Pebbles? Der<br />

Name der schwarzen<br />

Sängerin wird vielen<br />

zuerst nichts sagen,<br />

doch ihr erster großer<br />

Hit “I Can’t Stand The<br />

Rain” (nicht auf der<br />

Platte enthalten), der einige <strong>Jahre</strong> später von<br />

der Disco-Combo Eruption in die Charts gehievt<br />

wurde, hat eine erstaunlich hohe Halbwertszeit<br />

bewiesen. Auf ihrem 72er-Album<br />

gibt sich die Dame mit der beseelten Stimme<br />

recht bodenständig und zelebriert Black <strong>Music</strong>,<br />

wie die Hörer des Stils es lieben. Bei “I<br />

Feel Like Breaking Up Somebody’s Home<br />

Tonight” taucht sie in Soulgefilde ab, wohingegen<br />

“Trouble, Heartaches & Sadness”<br />

durch das geschmackvoll arrangierte Orchester<br />

gefällt. Als Anspieltipp kann “I Pity The<br />

Fool” genannt werden, denn hier zeigt sie ihre<br />

stimmliche Ausdruckskraft in vollem Umfang.<br />

Empfehlung!<br />

(Speakers Corner, 1972, 10 Tracks) at<br />

BILLY JOEL<br />

PIANO MAN<br />

Der Titel eines seiner<br />

erfolgreichsten (und<br />

immer noch besten)<br />

Alben wurde für Billy<br />

Joel schnell zum<br />

Spitznamen: PIANO<br />

MAN. Erwartet hatte<br />

man so ein Meisterwerk 1973 allerdings<br />

nicht. Denn nach dem relativ erfolglosen<br />

Debüt COLD SPRING HARBOUR und<br />

den daraus resultierenden Streitigkeiten<br />

mit seiner alten Plattenfirma wechselte<br />

Joel zum Branchenriesen Columbia. Und<br />

dort stellte man ihm mit Banjo-Ass Eric<br />

Weissberg, der Elvis-Presley-Rhythmusfraktion,<br />

bestehend aus Schlagzeuger Ronnie<br />

Tutt und Bassist Emory Gordy, sowie<br />

dem Gitarristen Larry Carl<strong>to</strong>n, Dean Parks<br />

und Richard Bennett die idealen Mitstreiter<br />

an die Seite, um seine edlen Songs zwischen<br />

Singer/Songwriter-Pop und Country<br />

passend zu instrumentieren. Herausragend,<br />

neben dem Titeltrack, immer noch “The<br />

Ballad Of Billy The Kid”, bei dem Joel<br />

den Outlaw mit gleichem Vornamen zwar<br />

his<strong>to</strong>risch unkorrekt, aber – besonders im<br />

letzten Vers – mit deutlich au<strong>to</strong>biografischen<br />

Bezügen schildert. Ein Meisterwerk,<br />

das durch die audiophile 180g-Pressung<br />

besser als je zuvor klingt.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1973,<br />

10 Tracks) tk<br />

ALCATRAZ<br />

VAMPIRE STATE BUILDING<br />

Die<br />

Hamburger<br />

hatten als Blues-<br />

Rock-Coverband begonnen,<br />

wechselten<br />

dann 1971 auch für<br />

ihr einziges Album<br />

zu<br />

progressiven,<br />

jazz-rockigen Eigengewächsen, die für das<br />

Publikum gewöhnungsbedürftig sein mochten,<br />

aber sicherlich einen größeren Sog auslösten<br />

als weitere Savoy-Brown-Anleihen.<br />

Manches klingt scheppernd, weniger ausgereift<br />

– so folgt im Opener “Simple Headphone<br />

Mind” auf eine ansprechende Herbie-<br />

Mann-Passage eine persiflierte Blaupause<br />

der ersten Blackmore-Breitseite in Deep<br />

Purples CONCERTO FOR GROUP AND<br />

ORCHESTRA: interessant allemal. Neben<br />

drei kürzeren Titel präsentieren Rüdiger<br />

Berghahn (voc, p), Klaus Holst (g), Klaus<br />

Nagurski (fl, sax) und Ronald Wilson (b)<br />

im 13-minütigen Titelopus auf dem Friedhof<br />

eine gar dürre Schöne im Negligé, die<br />

Vinyl<br />

sich zu allerlei Quälereien anschickt – angereichert<br />

mit Amon-Düül-esken instrumentalen<br />

Breitseiten mit Tempowechseln<br />

und Schlagzeugsolo von Jan Rieck. Ansprechendes<br />

Zeitdokument.<br />

(Malesch/Long Hair <strong>Music</strong>, 1971,<br />

5 Tracks) utw<br />

J.J. CALE<br />

COLLECTED<br />

Einen echten Schatz<br />

hält man mit dieser<br />

Dreifach-LP in Händen,<br />

sowohl was die<br />

Aufmachung<br />

als<br />

auch was den Inhalt<br />

angeht. Von den ursprünglich<br />

h60T Tracks der 2006er CD-Version<br />

sind immerhin noch 49 übriggeblieben,<br />

eine Reduktion, die durch die exzellente<br />

Tonqualität der audiophilen 180g-Scheiben<br />

mehr als wettgemacht wird. Natürlich<br />

stammt das Gros der Auswahl aus den<br />

70ern und frühen 80ern, wer wie J.J. Cale<br />

in dieser Zeit Songs wie “After Midnight”,<br />

“Call Me The Breeze”, “Changes”, “Cocaine”,<br />

“Carry On” oder “Cajun Moon”<br />

geschrieben und veröffentlicht hat, wer<br />

dazu noch in den 90er <strong>Jahre</strong>n mit vielbeachteten<br />

Spätwerken und Kollaborationen<br />

seine Klasse bewies, der kann ohne Probleme<br />

mehrere LPs mit hochklassigem<br />

Material füllen. Eine seltene Ausnahme<br />

auch das mehrseitige, LP-große Booklet,<br />

das COLLECTED beiliegt. Neben einer<br />

kurzen Einführung in Cales Werk lädt es<br />

mit Songlisten und großformatigen Bildern<br />

zum entspannten Blättern ein.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 2006,<br />

3 LPs, 49 Tracks) us<br />

HARRY NILSSON<br />

SON OF SCHMILSSON<br />

Auch in den 70er <strong>Jahre</strong>n<br />

funktionierte das<br />

Musikbusiness nach<br />

der alten Regel „Never<br />

change a winning<br />

team”. So forderte<br />

die Plattenfirma von<br />

Harry Nilsson einen möglichst schnellen<br />

Nachfolger zu seinem 1971er Erfolgsalbum<br />

NILSSON SCHMILLSON. Möglichst<br />

mit ähnlichem Titel – der mit SON OF<br />

SCHMILSSON schnell gefunden war –,<br />

und natürlich mindestens genauso guter Musik.<br />

Doch da kannten die Plattenbosse den<br />

exzentrischen Amerikaner scheinbar nicht<br />

gut genug, sonst hätten sie eigentlich wissen<br />

müssen, dass der sein Hauptaugenmerk<br />

noch nie auf unbedingten kommerziellen<br />

Erfolg gelegt hatte. Mit einer namhaften Musikerschar,<br />

darunter Nicky Hopkins, Chris<br />

Spedding, George Harry-son (!), Richie<br />

Snare (aka Ringo Starr), Klaus Voormann,<br />

Peter Framp<strong>to</strong>n und Lowell George macht<br />

sich Harry Nilsson im Laufe des Albums auf<br />

eine bizarre Reise durch orchestralen Singer/<br />

Songwriter-Pop, verzerrte Rock’n’Roll-Kracher,<br />

schräge, Akkordeon-unterstützte Chormusik<br />

und allerlei andere, spleenige Klangexperimente.<br />

Neben dickem 180g-Vinyl<br />

liefert diese Wiederveröffentlichung auch<br />

das originale 60x90-cm-Poster, auf dessen<br />

Rückseite genug Platz für alle Songtexte ist.<br />

(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1972,<br />

11 Tracks) tk<br />

Seite 56 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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