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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s 40 Jahre Musikladen (Vorschau)

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Live in Concert<br />

Van Morrison<br />

Vokalarbeiter in Ekstase<br />

Van Morrisons Auftritte bleiben erfrischend unkalkulierbar.<br />

Der Meister wählte aus 78 Songs, die seine Band auf<br />

Abruf beherrschen muss, zunächst ein paar R&B-Perlen<br />

aus der Them-Zeit der Mittsechziger aus. Nach dem<br />

Opener "Brown Eyed Girl" gab es "Baby, Please Don't<br />

Go", "Here Comes The Night", es folgten "Early In The<br />

Morning" und "Rock Me Baby". Der als grantig bekannte<br />

Nordire wirkte aufgekratzt und bei Laune, er ließ sich zu<br />

witzigen Ansagen wie „Jetzt was wie von Bert Kaempfert<br />

..." hinreißen. Und Morrison zeigte Einsatz, geizte auch<br />

nicht mit herrlich saftigen Sax-Einlagen, akzentuiertem<br />

Mundharmonika-Spiel, und er setzte sich ans Piano.<br />

Doch es dreht sich bekanntlich fast alles um seine Stimme.<br />

Zeitweise hielt Morrison Maß und Übersicht, da er –<br />

wie immer – noch per Fingerzeig seine virtuose (aber mit<br />

dringend gebotenem Respekt agierende) Band dirigieren<br />

musste. Doch Leidenschaft und Emotionen brachen immer<br />

wieder durch, es war ein Kampf: Er, den Fans „The<br />

Voice" nennen, er schrie, bellte, keuchte, flüsterte. Morrison<br />

stellte Songs vom neuen Album BORN TO SING:<br />

NO PLAN B vor, brillierte mit Standards wie "I Can't S<strong>to</strong>p<br />

Loving You" und (mit Tochter Shana) "Old Black Magic".<br />

Donny & Marie Osmond<br />

Superstars, Marke USA<br />

Was zeichnet einen Superstar aus? Um diese Frage zu beantworten, sollte man<br />

sich von den in Deutschland geltenden Parametern zu diesem Begriff schleunigst<br />

verabschieden. In den USA gelten andere Dimensionen. Donny und Marie<br />

Osmond zum Beispiel sind Superstars. Nicht etwa, weil sie seit Mitte September<br />

fünfmal pro Woche den Showroom im Flamingo-Hotel ausverkaufen. Vielmehr<br />

können die Geschwister aus dem Osmond-Clan wahrhaftig alles. Vor allem Marie.<br />

Traumwandlerisch sang sie sich an diesem Abend durch Country-Songs,<br />

<strong>Music</strong>al-Arien und Pop-Perlen, schwelgte in warmen Alt-Tönen, stieg in glasklares<br />

Sopran-Vibra<strong>to</strong> hinauf. Donny ist stimmlich limitierter, hatte aber nicht<br />

die geringste Mühe, jede Note auf den Punkt zu treffen. Und er kann rocken.<br />

Seine 89er Comeback-Nummer "Soldier Of Love" kam im neuen, druckvolleren<br />

Gewand, und der Osmonds-Hit "Crazy Horses" behielt trotz fetter<br />

Bläsersätze unverkennbar seinen Hard-Rock-Touch.<br />

Getanzt wurde praktisch pausenlos. Donny sah mit seinen 54 <strong>Jahre</strong>n dabei<br />

blendend aus und ließ die gutgemeinten Hänseleien seiner Schwester wegen<br />

der 2009 von ihm gewonnenen TV-Show „Dancing With The Stars"<br />

gern über sich ergehen. Marie (52) gab sich elegant, plumpste sich für einen<br />

Gag aber auch schon mal bäuchlings aufs Parkett. Überhaupt: Humor<br />

spielte bei dem Duo eine wesentliche Rolle. Wo es passte, wurde gewitzelt,<br />

dass sich das Publikum vor Lachen bog.<br />

Die Interaktion mit den Fans war hinreißend. Zwischen liebevoll und<br />

dankbar suchten die Geschwister immer wieder den Dialog mit auffälligen<br />

Typen in den ersten Reihen, reichten ihre Hände oder stiegen über Tische.<br />

Auch herzliche Umarmungen und vertraulich anmutenden Körperkontakt,<br />

indem sie singend auf den Schößen aufgeregt-rotwangiger Anhänger<br />

landeten, scheuten sie nicht. Rührend die Szene, als Donny eine Endvierzigerin<br />

auf die Bühne holte, die sich als Uralt-Fan outete und beim Entgegennehmen<br />

eines Au<strong>to</strong>gramms in Tränen ausbrach. Erinnerungen an Schrei-Anfälle aus den<br />

Frühsiebzigern wurden wach, als die Mädchen reihenweise in Ohnmacht fielen,<br />

wenn Donny damals sein "Puppy Love" anstimmte. In Las Vegas ließen sich die<br />

Backfische von einst und Damen von heute im Flamingo bereitwillig zu Kreischattacken<br />

animieren, als Donny diesen akustischen Nostalgietrip einforderte.<br />

Edelschnulzen wie "Paper Roses" oder "Deep Purple" gab das Paar mit einem<br />

Augenzwinkern zum Besten; Kostproben aus jenen <strong>Music</strong>alaufführungen, in<br />

Düsseldorf, Mitsubishi Halle, 13. September 2012<br />

denen vor allem Donny über die<br />

<strong>Jahre</strong> immer wieder mitgewirkt<br />

hatte, kamen voller Inbrunst.<br />

Als „Dirty Joke" bezeichnete der<br />

Sänger im Nachhinein die Ankündigung,<br />

er habe es geschafft, seine<br />

Brüder für einen Auftritt nach<br />

Vegas zu lotsen. Und als die freudige<br />

Unruhe immer größer wurde,<br />

erschienen Backgroundsänger auf<br />

der Bühne, die mit dem<br />

Spätestens, als "Enlightenment" den eher elegischen<br />

Part einläutete, kulminierte die Spannung: Mit "It's All<br />

In The Game" und "Burning Ground" sang er sich endgültig<br />

in Herz und Seele der Fans; "In The Garden" war<br />

an Schönheit und Intensität kaum auszuhalten. Momente<br />

absoluter Stille in der Halle, in denen niemand<br />

einen Mucks wagte – Hochachtung vor dem Vokalarbeiter,<br />

der sich immer wieder in Ekstase sang und alle<br />

Kraft in seine Stimme und auch seine Faust presste, mit<br />

der er wiederholt gen Boden schlug. Unfassbar wertvolle<br />

Momente.<br />

Dann musste selbst der Großmeister auf den Boden<br />

zurück. Nach einem erdigen "Help Me" folgt mit<br />

"Gloria" als fetzige Zugabe ein weiterer Griff in den<br />

Fundus aus den Tagen, als er mit Them noch der rothaarige<br />

"Belfast Cowboy" war. Van Morrison kämpft<br />

vielleicht noch mit Dämonen und hadert mit der Welt<br />

– dies jedoch fließt nach wie vor in seine Kunst und<br />

Poesie ein, wird spannend in Form gebracht und zielsicher<br />

präsentiert.<br />

Text: Peter Harasim, Fo<strong>to</strong>: Thomas Brill<br />

Las Vegas, Flamingo-Hotel, 21. September 2012<br />

Star „Yo Yo" in den legendären<br />

70er-<strong>Jahre</strong>-Tanzschritten aufführten.<br />

Aber nicht nur Nostalgie<br />

wurde transportiert – unterstützt<br />

durch stimmige Leinwandeinspieler<br />

–, auch neues Material kam zu<br />

Gehör. "A Beautiful Life" zum Beispiel.<br />

Der Song stammt von DON-<br />

NY & MARIE, dem aktuellen Album<br />

des sympathischen Duos.<br />

Für einen stillen Moment sorgte<br />

schließlich Marie, als sie an ihren Adoptivsohn erinnerte, der sich 2010 mit 18<br />

<strong>Jahre</strong>n das Leben genommen hatte. Die Tränen der Sängerin wirkten echt, das<br />

Schluchzen im Saal auch.<br />

Donny und Marie machten an diesem Abend deutlich, dass Entertainment eine<br />

Erfindung der Amerikaner ist. Bis zu 260 Dollar für einen Platz an den vordersten<br />

Tischen im Saal mögen manchem schwindelerregend erscheinen – die<br />

beiden Osmonds haben allerdings über <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> Erfahrungen im Show-Biz in<br />

die Show gesteckt, was sie über ein normales Konzerterlebnis erhebt.<br />

Text: Jens-Uwe Berndt<br />

Fo<strong>to</strong>: © Jens-Uwe Berndt<br />

© Pressefo<strong>to</strong><br />

Seite 94 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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