Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
REISE ZU DEN STERNEN<br />
Mit Macht<br />
durch die<br />
Decke<br />
Völliger Quatsch", tönt Bandgründer und einziges<br />
verbliebenes Originalmitglied, Schlagzeuger<br />
Dietmar Ränker. „Wir waren <strong>to</strong>tale<br />
„<br />
Science-Fiction-Fans und hatten dazu einige Songs<br />
in pet<strong>to</strong>, weshalb sich unsere erste LP auch ausschließlich<br />
diesem<br />
Genre zuwandte."<br />
REISE ZU DEN STER-<br />
NEN (1979) war ein<br />
Monument. Die Songs<br />
zwischen Heavy Rock,<br />
Keyboard-Gigan<strong>to</strong>nomie<br />
und ausufernden<br />
Melodiegebirgen klangen<br />
für Ost-Rock-Verhältnisse<br />
ungewöhnlich. h Nur das Plattencover blieb<br />
mal wieder halbherzig:<br />
Der Gestalter hatte sich<br />
eines Integralhelms bedient,<br />
um dem Weltraum<strong>the</strong>ma<br />
gerecht zu<br />
werden. Ränker bezeichnet<br />
die damalige<br />
Besetzung als echte<br />
Berlucianer. Er selbst<br />
verkörperte mit seinem<br />
exaltierten Schlagzeugspiel l den durchgeknallten Mo<strong>to</strong>r,<br />
Keyboarder Alexander Stehr war ein talentierter<br />
Songschreiber, Gitarrist Gerd Pöppel und Bassist<br />
Gün<strong>the</strong>r Briesenick gaben die unprätentiösen tiö<br />
Arbeiter, und Sänger/Gitarrist Manfred<br />
Kähler glänzte als stimmgewaltiger Berserker,<br />
dessen Organ ein außergewöhnliches<br />
Timbre besaß und der die besten<br />
Stücke der Band aus den Ärmeln<br />
schüttelte. „Manne war ein Urvieh,<br />
ein echter Typ, unser Aushängeschild",<br />
schwärmt Dietmar Ränker noch heute<br />
von seinem Frontmann. „Leider verließ eß er<br />
uns Mitte der 80er, als<br />
er glaubte, die Richtige<br />
gefunden zu haben."<br />
Bis dahin knallten<br />
Berluc aber noch<br />
durch die Decke. Zwar<br />
wurden Briesenick und<br />
Pöppel im Zuge der<br />
Aufnahmen zur zweiten<br />
LP HUNDERTTAU-<br />
SEND URGEWALTEN (1982) durch die Regenbogenund<br />
Keks-Mitstreiter Detlef Brauer (g) und Wolfgang<br />
Hoffmann (b) ersetzt, das Album geriet aber dennoch<br />
zu einem Karrierehöhepunkt. Die Band war noch<br />
härter geworden, lieferte aber weiterhin komplexe<br />
Songs zwischen straightem Brachialmaterial ("Flie-<br />
gen vor der Zeit", "Hunderttausend Urgewalten")<br />
und machtvoller Epik ("Bernsteinlegende", "Öffne<br />
ich mein Fenster") ab. Zum meistgespielten Song in<br />
einschlägigen g Jugendsendungen avancierte 1982/83<br />
allerdings lerd<br />
das Zeitgeistlied "No<br />
Bomb", dessen Eröffnungsriff<br />
fünf <strong>Jahre</strong> später<br />
ausgerechnet im Song<br />
"Bombenhagel" der<br />
westdeutschen Thrash-<br />
Metal-Formation Sodom<br />
wieder auftauchte. Die<br />
Headbanger-Nummer von<br />
Berluc passte in den „Rock für<br />
den Frieden"-Rummel der DDR-Kulturoberen, darum<br />
wurde Berluc Staatsnähe nachgesagt. Dietmar Ränker<br />
kann darüber nur lachen. „Wir waren die Band<br />
mit den meisten Ausreiseanträgen", erzählt er. „Zu<br />
uns kamen Musiker, die meinten, wegen unserer<br />
Popularität zu Auftritten in die BRD zu gelangen.<br />
Wegen dieser Antragsteller wurde aber nie etwas aus<br />
Westgigs." Mit einer modifizierten Version von REISE<br />
ZU DEN STERNEN kam die Band bei der Hamburger<br />
Teldec 1981 aber wenigsten zu Vinyl-Ehren.<br />
Das dritte Album, ROCKER VON DER KÜSTE<br />
(1985), wurde zu einem Sammelsurium ohne roten<br />
Faden. Alte Nummern wie "No Bomb" standen<br />
neben Pop-Fehltritten im Stil von "Traumflug".<br />
Dennoch ging die LP über die Laden<strong>the</strong>ke wie geschnitten<br />
Brot. Denn mit den Konstanten Ränker<br />
BERLUC<br />
Von Jens-Uwe Berndt<br />
Als Berluc 1978 mit "Hallo Erde, hier ist Alpha" die Wertungssendungen<br />
des DDR-Rundfunks aufmischten, war die Überraschung komplett.<br />
Man kannte die in BER-lin und LUC-kenwalde erfundene, mittlerweile<br />
aber in Ros<strong>to</strong>ck ansässige Band noch von banalem Schunkel-Pop der<br />
Debütsingle "Wer hat mein Geld?" (1977). Das Science-Fiction-Epos<br />
hingegen war ein brachialer Heavy-Metal-Knaller, der nicht nur in Melodie<br />
und Arrangement, sondern auch mit der bombastischen Produktion<br />
internationalen Standard repräsentierte. Und all das zu Ehren des<br />
ersten deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn?<br />
und Kähler behielten Berluc ihren Wiedererkennungswert.<br />
Als jedoch auch Kähler ging, riss die Erfolgsserie.<br />
Zwar existierte 1988 mit Ränker, Tino Schul<strong>the</strong>is<br />
(b), Johann Pis<strong>to</strong>r (g), Bernd Fleischer (g, keys) und<br />
Ralf Dohanetz (voc) noch einmal eine<br />
schlagkräftige Truppe, die es zu einer<br />
EP brachte – mit der Wende war jedoch<br />
auch für Ostdeutschlands einstige<br />
Vorzeige-Heavy-Rocker Schluss.<br />
Seit 1993 ist Ränker mit wechselnden<br />
Besetzungen wieder unterwegs.<br />
2010 wurden anlässlich des 35-jährigen<br />
Bandjubiläums von Ränker, Schul<strong>the</strong>is,<br />
Ronnie Pilgrim (voc), Bert Hoffmann<br />
(g) und Uwe Märzke (keys) neue Songs aufgenommen;<br />
sie sind als Bonus-Stücke auf der CD ROCKER<br />
VON DER KÜSTE (NO.2) zu finden. "In der Stille der<br />
Nacht" ist okay, die Ballade "Flieg Adler flieg" hat<br />
Berluc-Niveau, "Blind vor Liebe" und "Wenn du lebst"<br />
hingegen sind Al<strong>the</strong>rren-Rock. Ränker träumt insgeheim<br />
davon, irgendwann wieder mit Manfred Kähler<br />
auf einer Bühne zu stehen. „Als er Ende der 80er zurückkommen<br />
wollte, habe ich ihn abgewiesen", bedauert<br />
der Bandchef. „Das hat er bis heute scheinbar<br />
nicht verwunden. Mit Berluc braucht man ihm nicht<br />
mehr kommen." Wie stark die Gruppe mit Kähler war,<br />
machen zwölf TV-Aufnahmen und Videoclips aus den<br />
erfolgreichsten <strong>Jahre</strong>n der Band deutlich; Dietmar<br />
Ränker hat sie auf der DVD DAMALS WAR’S … IM<br />
FERNSEHEN (siehe S. 72) veröffentlicht.<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 6/2012 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>