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FLUGZEUG CLASSIC Der Angstgegner (Vorschau)

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den Wassermassen um, die für Speer zudem<br />

noch eine weitere »unscheinbar anmutende,<br />

aber gravierende Folge« hatten: Die »elektrischen<br />

Aggregate der Pumpstationen des<br />

Ruhrtales waren durchnässt und verschlammt,<br />

sodass die Industrie zum Stillstand<br />

gekommen und die Wasserversorgung der<br />

Bevölkerung gefährdet war.«<br />

Es kam nicht zum Äußersten<br />

Es hätte jedoch noch weitaus schlimmer kommen<br />

können, wie der Minister feststellte, als er<br />

im weiteren Verlauf des Tages die Sorpetalsperre<br />

besichtigte, die einen Volltreffer auf der<br />

Dammkrone erhalten hatte: »<strong>Der</strong> Bombentrichter<br />

lag jedoch glücklicherweise um wenig<br />

höher als der Wasserspiegel. Nur einige Zentimeter<br />

tiefer – und aus einem kleinen Bach<br />

wäre schnell ein reißender Strom geworden,<br />

der den aus Erde und Felsbrocken aufgeschütteten<br />

Damm mit sich gerissen hätte.« Was dies<br />

für das Ruhrgebiet bedeutet hätte, geht aus einer<br />

vom 19. Mai 1943 datierenden Mitteilung<br />

vom »Leiter des Ruhrstabes«, Dr.-Ing. Walter<br />

Roland, hervor: »Die Möhnetalsperre hatte einen<br />

Inhalt von 134000 000 m 3 , die Sorpetalsperre<br />

von 71000000. Bei einem Ausfall auch<br />

der Sorpetalsperre speicherten die beiden restlichen<br />

Ruhrtalsperren von Lister und Ennepe<br />

nur noch 33 000 000 m 3 oder 16 Prozent der<br />

notwendigen Wassermenge. Diese hätte selbst<br />

für einen Notbetrieb an der Ruhr nicht ausgereicht.«<br />

Bei einem Totalausfall der vier Ruhrtalsperren<br />

und dem daraus folgenden Kühlwassermangel<br />

für Hochöfen und Kokereien<br />

wäre Roland zufolge die Gesamtproduktion<br />

im Ruhrgebiet um 65 Prozent gesunken.<br />

»Operation Chastise« – ein Fehlschlag?<br />

Dieses Ziel hatte der britische Luftangriff eindeutig<br />

verfehlt. Zwar war mit dem Möhnetaldamm<br />

die größte der vier Talsperren zerstört<br />

worden, und tatsächlich schrumpfte als<br />

Folge beispielsweise die Industriegasproduktion<br />

um 40 bis 50 Prozent – weil zahlreiche<br />

Kokereien wegen der ausgefallenen Pumpwerke<br />

stilllagen. Doch all das war nur von vorübergehender<br />

Dauer, denn sofort wurden<br />

Gegenmaßnahmen ergriffen. Speers Bericht<br />

zur Lage, den er im Führerhauptquartier abgab,<br />

folgten Taten, wie dem Führerprotokoll<br />

vom 30. Mai zu entnehmen ist: »Wir ließen<br />

aus allen Teilen Deutschlands unverzüglich<br />

Fachleute kommen, die das Trocknen der<br />

elektrischen Wicklungen der Pumpanlagen<br />

besorgten, und beschlagnahmten zudem alle<br />

Motoren ähnlicher Bauart in anderen Fabriken,<br />

ohne Rücksicht auf Ausfälle. Dadurch<br />

gelang es innerhalb einiger Wochen, die Ruhrindustrie<br />

wieder mit dem unentbehrlichen<br />

Wasser zu versorgen.«<br />

Ein Blick zurück<br />

Eigenen Angaben zufolge wusste Albert<br />

Speer schon lange, dass man den Krieg weitgehend<br />

entscheiden könne, »wenn man statt<br />

ausgedehnten, aber sinnlosen Flächenbombardierungen<br />

versucht hätte, Zentren der<br />

Nachtjäger waren zwar Mitte 1943 ein<br />

tödlicher Gegner der britischen Bomber,<br />

doch in der Nacht des 17. Mai 1943 nicht<br />

am Himmel zu sehen: Hier eine Messerschmitt<br />

Bf 110 G der I./ NJG 1. Die Gruppe<br />

lag im Frühjahr 1943 im niederländischen<br />

Venlo<br />

Zeichnung H. Ringlstetter<br />

Rüstungsproduktion auszuschalten«. Selbstverständlich<br />

galt dies für alle kriegsführenden<br />

Parteien, auch für die Gegner. Folgerichtig<br />

machte Speer Hitler unter anderem bereits<br />

im September 1942 darauf aufmerksam, »dass<br />

wir durch einen Ausfall der Panzerzuliefe -<br />

rungen aus Friedrichshafen sowie der Kugellagerproduktion<br />

von Schweinfurt in größte<br />

Angesichts von Luftbildern, die das ganze Ausmaß der Zerstörungen offenbarten, glaubten die Briten<br />

an den Erfolg von »Operation Chastise« – doch schon bald waren die schlimmsten Schäden beseitigt<br />

Foto Peter Cronauer<br />

<strong>FLUGZEUG</strong> <strong>CLASSIC</strong> 7/2013<br />

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