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7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse der TeilnehmerInnenbefragung<br />
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7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und<br />
zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse<br />
der TeilnehmerInnenbefragung<br />
Das folgende Kapitel bezieht sich auf die Auswertung der offenen Fragen der schriftlichen TeilnehmerInnenbefragung,<br />
in denen die Freiwilligen angeben, inwiefern sich die während des Freiwilligendienstes<br />
gesammelten Erfahrungen und Kompetenzen auf ihr weiteres Leben auswirken.<br />
7.1 Kompetenzerwerb<br />
Bei der Auswertung dieser Fragen wurde differenziert<br />
zwischen Kompetenzen und solchen<br />
Wirkungen und Einstellungsänderungen, die<br />
keinen Kompetenzgewinn erkennen lassen. In<br />
dieser Reihenfolge werden die Auswertungsergebnisse<br />
auch dargestellt. Auf Grund dieser<br />
systematisch inhaltlichen Gesichtspunkten folgenden<br />
Gliederung anstatt der eher üblichen seriellen<br />
Abarbeitung der Ergebnisse zu den einzelnen<br />
Fragen ergibt sich gelegentlich das Problem<br />
des „Hin- und Herspringens” zwischen<br />
den verschiedenen Fragen; deshalb werden jeweils<br />
die entsprechenden Referenzen angegeben.<br />
Diese ergebnis- anstatt frageorientierte<br />
Darstellungsform ist der hier eingesetzten qualitativen<br />
Auswertungsstrategie angemessen.<br />
Beim Kompetenzerwerb handelt es sich um Ergebnisse<br />
von Lern- und Bildungsprozessen, die<br />
sich nicht allein durch eine rein quantitative Bestimmung<br />
des Lernerfolges „messen” lassen.<br />
Lernen muss viel mehr verstehend und interpretativ<br />
erfasst werden, unter Berücksichtigung der<br />
Sicht der handelnden Akteure.<br />
In diesem Kapitel wird nun versucht, unter Berücksichtigung<br />
der Eigenperspektive der Befragten<br />
die erworbenen Kompetenzen aus ihrer<br />
Sinnwelt heraus zu erfassen und jene Realkategorien<br />
zu identifizieren, nach denen sie selbst<br />
angeben, bestimmte Kompetenzen erworben zu<br />
haben, und diese aus ihrem Erleben heraus voneinander<br />
abgrenzen. 46 Alternativ wäre ein Vorgehen<br />
denkbar, nach welchem sich aus beliebigen<br />
Lerntheorien analytische Kategorien deduzieren<br />
ließen, um dann zu versuchen, die<br />
Antworten der Befragten diesen zuzuordnen.<br />
Zwar wird im Folgenden auch auf solche theoretischen<br />
Kategorien Bezug genommen, in erster<br />
Linie werden diese jedoch danach hinter<br />
46 Mit „Realkategorie” sind lebensweltlich verankerte Muster alltäglicher<br />
Sinngebung bezeichnet, die letztendlich das Grundgerüst<br />
einer Alltagskultur ausmachen. So ist zum Beispiel die Differenzierung<br />
oder gar Trennung von Lebensbereichen nach den Kategorien<br />
„beruflich” und „privat” in unserer Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit,<br />
obwohl sie stark dem historischen Wandel unterliegen<br />
und in anderen Kulturen nicht verstanden würden. Das Anknüpfen<br />
an Realkategorien bildet den zentralen Ausgangspunkt<br />
jeglicher qualitativ verfahrenden Sozialforschung und unterscheidet<br />
sie deutlich vom so genannten Nominalismus einer objektivistisch<br />
verfahrenden Methodologie.<br />
fragt, wie sie aus der Sicht der Betroffenen sinnvoll<br />
erscheinen, um Lernen adäquat und verstehend<br />
erfassen zu können.<br />
Bei der ersten Durchsicht des Materials fiel auf,<br />
dass die Befragten eine grobe Unterscheidung<br />
zwischen Lernerfolgen vornehmen, die auf das<br />
eigene Selbst bezogen sind (persönlichkeitsbildend),<br />
und solchen, bei denen Probleme der<br />
sozialen Integration im Mittelpunkt stehen (sozialintegrativ).<br />
Da beides einander nicht ausschließt,<br />
wurde bei der Auswertung dieser Fragen<br />
danach unterschieden, wie die Befragten<br />
den Schwerpunkt setzen: Bei den persönlichkeitsbildenden<br />
Merkmalen wenden sie den<br />
Blick auf sich selbst, ihre eigenen Potenziale und<br />
auch Grenzen; bei den sozialintegrativen Merkmalen<br />
steht das Lernen im Umgang mit anderen<br />
und anderem im Vordergrund.<br />
7.1.1 Persönlichkeitsbildende Kompetenzen<br />
Als persönlichkeitsbildende Kompetenzen werden<br />
im Folgenden solche bezeichnet, mit deren<br />
Hilfe die Freiwilligen nach eigener Einschätzung<br />
gelernt haben, mit der neuen Situation<br />
weitgehend auf sich selbst gestellt zurechtzukommen,<br />
und daraus Mut und Selbstbewusstsein<br />
gewonnen haben. Nicht selten leben sie das<br />
erste Mal für längere Zeit von den Eltern getrennt<br />
und müssen ihr „Leben selbst in die Hände<br />
nehmen und sich alleine durchboxen”. Daraus<br />
gewinnen sie an persönlicher Reife, das<br />
heißt, sie lernen sich selbst – vor allem die eigenen<br />
Grenzen, Stärken und Schwächen – besser<br />
kennen; damit verbunden sind eine wachsende<br />
Selbstständigkeit und ein Zugewinn an persönlicher<br />
Autonomie.<br />
Dieses gesteigerte Selbstbewusstsein korrespondiert<br />
mit einer wachsenden Offenheit, das<br />
heißt einem Lebensgefühl, das es verstärkt ermöglicht,<br />
auf andere Menschen zuzugehen, und<br />
zudem oft mit einer sensibleren Wahrnehmung<br />
von Natur einhergeht. Diese offenere Grundhaltung<br />
erleichtert den Befragten dann auch die<br />
Horizonterweiterung durch das Erlernen neuer<br />
Fertigkeiten und Fähigkeiten, zum Beispiel im<br />
Bereich Sprachkompetenz.