Download - JUGEND für Europa
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8 Lernprozesse und Kompetenzerwerb aus Sicht der Entsendeorganisationen<br />
64<br />
8.3.3.4 Teilnahmemotive der Freiwilligen<br />
Häufig wird ferner ein enger Zusammenhang<br />
zwischen den vorgängig „mitgebrachten” Interessen<br />
und Motivationen der Freiwilligen einerseits<br />
und den tatsächlichen späteren Bildungseffekten<br />
andererseits hergestellt. Das drückt<br />
sich vor allem darin aus, dass ausnahmslos alle<br />
Entsendeorganisationen bei der Auswahl der<br />
Freiwilligen ein Verfahren entwickelt haben, um<br />
deren Motivation in Erfahrung zu bringen. Dadurch<br />
sollen Rückschlüsse auf das Interesse der<br />
Freiwilligen gewonnen werden. Die Bildungsprozesse<br />
der Freiwilligen werden von den Trägern<br />
in Abhängigkeit gesehen von<br />
- der inhaltlichen Ausrichtung der Motivation<br />
und/oder<br />
- deren Stärke und/oder<br />
- der „Offenheit” des Freiwilligen gegenüber<br />
neuen Situationen und/oder<br />
- der Flexibilität des Freiwilligen und/oder<br />
- der Bereitschaft, sich auf schlechtere materielle<br />
Verhältnisse im Ausland einzulassen.<br />
Im Hinblick auf die inhaltliche Ausprägung der<br />
Teilnahmemotivation machen die Gesprächspartner<br />
unterschiedliche Beobachtungen. Auf<br />
der einen Seite wird ein linearer Zusammenhang<br />
zwischen einem dezidierten Projektwunsch und<br />
geglückten Lernprozessen gesehen:<br />
„Die Wunschtätigkeit erhöht den Lernerfolg.”<br />
Auf der anderen Seite wird von Problemen berichtet,<br />
die aus einer zu engen, geradezu instrumentellen<br />
Herangehensweise von Freiwilligen<br />
an ihren Dienst entstehen:<br />
„Ich sehe wenig Lernerfolge bei Jugendlichen,<br />
die den Europäischen Freiwilligendienst lediglich<br />
als Teil ihrer beruflichen Karriere sehen. Bei<br />
diesen Freiwilligen ist es teilweise schwierig, zu<br />
Vereinbarungen über Ziele zu kommen, weil die<br />
sagen: Ich bin Freiwilliger, und das heißt, eigentlich<br />
hat mir keiner was zu sagen, und ich<br />
entscheide, was ich tue oder nicht.”<br />
„Die Freiwilligen, die ganz dezidierte Vorstellungen<br />
mitbringen, lernen ganz schmerzhaft.”<br />
Die Stärke der Motivation ist für manche Träger<br />
ein weiterer Gesichtspunkt:<br />
„Es müsste am Anfang ein Überschuss an Motivation<br />
vorhanden sein. Am Schluss kein Überschuß,<br />
sondern Motivation... Aber wenn am Anfang<br />
kein Motivationsüberschuss vorhanden ist,<br />
dann geht es gar nicht. Dafür ist auch ein Jahr<br />
ein bisschen lang.”<br />
In der TeilnehmerInnenbefragung finden sich<br />
ebenfalls einige Zusammenhänge zwischen Motivationen<br />
und Lerneffekten. Wenn auch nicht<br />
die Stärke der Motivation zu messen versucht<br />
wurde, ist doch inhaltlich übereinstimmend mit<br />
den Aussagen der Träger deutlich, dass eine zu<br />
„enge” oder rein instrumentelle Motivation für<br />
die Teilnahme am EFD eher ungünstig für Lernprozesse<br />
ist. Günstig scheint eher ein „breites”<br />
Interesse an einer fremden Kultur zu sein.<br />
8.3.3.5 Sprachbeherrschung<br />
Einzelne Gesprächspartner sehen in der Fremdsprachenkenntnis<br />
der Freiwilligen den entscheidenden<br />
Parameter für Lern- und Bildungsprozesse.<br />
Vor allem jene Träger, die bereits über ein<br />
eigenes Netzwerk im Ausland verfügen, in das<br />
sie ihre Freiwilligen vermitteln, und denen daher<br />
das Tätigkeitsfeld im Aufnahmeprojekt genauer<br />
bekannt ist, legen vorab großen Wert auf<br />
gute Sprachkenntnisse der Freiwilligen.<br />
Einige Träger haben die Erfahrung gemacht,<br />
dass die Anforderungen von Seiten der Aufnahmeorganisation<br />
beziehungsweise der Einsatzstelle<br />
in Bezug auf Fremdsprachenkenntnisse<br />
sehr hoch sind, sodass auch sie bestätigen, dass<br />
die Lern- und Bildungsprozesse der Freiwilligen<br />
in engem Zusammenhang mit den Fremdsprachenkenntnissen<br />
stehen.<br />
Nach der Beobachtung einer Befragten gilt die<br />
Korrelation zwischen Lern- und Bildungsprozessen<br />
und Fremdsprachenkenntnis möglicherweise<br />
insbesondere in großstädtischen Umgebungen<br />
– weil sich im ländlichen Raum die ortsansässige<br />
Bevölkerung mehr Mühe gibt, eine<br />
Kommunikation mit den Freiwilligen aufzubauen.<br />
8.3.4 Lern- und Bildungsprozesse unter<br />
zeitlichen Gesichtspunkten<br />
Lern- und Bildungsprozesse haben – wie alle<br />
Wirkungen – eine zeitliche Dimension. Die im<br />
Rahmen dieser Untersuchung befragten Gesprächspartner<br />
bestätigen durchweg, dass auch<br />
im EFD die zeitlichen Gesichtspunkte in mehrerer<br />
Hinsicht von ursächlicher Bedeutung für<br />
den Ablauf der Bildungsprozesse bei Freiwilligen<br />
sind:<br />
- im Hinblick auf die absolute Dauer des Freiwilligendienstes<br />
- im Hinblick auf die zeitliche Struktur einschließlich<br />
der Vorbereitungsphase<br />
Bei der Einschätzung, ob die Dauer des Freiwilligendienstes<br />
Einfluss auf den „Lernerfolg” des<br />
Programms hat, gibt es bei den befragten Trägern<br />
einen breiten Konsens: