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8 Lernprozesse und Kompetenzerwerb aus Sicht der Entsendeorganisationen<br />

Die Erfahrung [in Projekten, in denen mehrere<br />

Freiwillige des EFD zugleich tätig sind] ist eine<br />

ganz andere, und das muss man Freiwilligen<br />

vorher sagen.”<br />

Sie spricht sich für eine stärkere Differenzierung<br />

aus, vor allem für eine Programmöffnung auf<br />

Gruppen hin; außerdem müsse das Verfahren<br />

der Antragstellung angepasst werden, um Zeit<br />

für die inhaltliche Qualifizierung des Programms<br />

zu gewinnen.<br />

Die Träger, die sich in dieser Richtung äußern,<br />

vertreten also die Ansicht, dass es für die Integration<br />

der Freiwilligen in der Einsatzstelle<br />

günstig sei, wenn einerseits tragfähige organisatorische<br />

Rahmenbedingungen vorliegen, für<br />

deren Herstellung das Eins-zu-Eins-Konzept<br />

nicht die günstigsten Voraussetzungen bietet,<br />

und andererseits die Freiwilligen zu Gruppen<br />

zusammengefasst werden könnten, was im<br />

Eins-zu-Eins-Konzept offenbar ebenfalls<br />

Schwierigkeiten bereitet.<br />

Ein Gesprächspartner sieht die Struktur des<br />

„Eins zu Eins” als „Ideologie”, die an der Realität<br />

bereits gescheitert ist:<br />

„Wieso sind die [drei zentralen Bildungswerke]<br />

ermuntert worden, selbst Entsendeorganisation<br />

zu spielen – wenn nicht, weil ‚local to local‘ nicht<br />

funktioniert.”<br />

Als ein Indiz für das Scheitern des Prinzips „one<br />

to one”, betrachtet als „Dienstleistung” an dem<br />

Freiwilligen, kann auch die Praxis vieler Entsendeorganisationen<br />

gesehen werden, da sich<br />

diese nach unterschiedlichsten Kriterien, zumeist<br />

nach inhaltlicher Nähe zum eigenen Tätigkeitsfeld,<br />

Aufnahmeorganisationen beziehungsweise<br />

Einsatzstellen aussuchen oder ein<br />

Angebotsbündel an Einsatzstellen zusammenstellen,<br />

um sodann gezielt nach Freiwilligen für<br />

diese Stellen zu suchen.<br />

8.5.1.2 „Zusätzlichkeit” der Freiwilligentätigkeit,<br />

Substitutionsverbot<br />

Unabhängig von der Kritik an der zuweilen unreflektierten<br />

Umsetzung der Programmvorgaben<br />

zur Freiwilligentätigkeit in den Aufnahmeprojekten<br />

87 gibt es auch grundsätzliche Anfragen<br />

an die Handhabbarkeit des Kriteriums der<br />

„Zusätzlichkeit”, ja Zweifel, ob das Konzept an<br />

dieser Stelle nicht einen zentralen Widerspruch<br />

aufweist. 88<br />

„Es ist eigentlich nicht verständlich, warum rein<br />

pflegerische Tätigkeiten nicht so akzeptiert sind,<br />

obwohl sie doch im Rahmen des Freiwilligen Sozialen<br />

Jahres ganz wichtig sind. Ich bin gegen<br />

diese totale Sonderrolle des Europäischen Freiwilligendienstes,<br />

sie macht die Freiwilligen des<br />

EFD gleich zu etwas Besonderem. Und es schafft<br />

einen Konflikt: Einerseits soll der Freiwillige die<br />

ganze Routinetätigkeit nicht machen, andererseits<br />

sieht er, dass es ohne diese Tätigkeiten nicht<br />

geht. Außerdem: Woher soll der EFD-Freiwillige<br />

das Recht nehmen, das, was die anderen<br />

machen, stinklangweilig zu finden? Eine weniger<br />

scharfe Trennung würde einiges erleichtern.”<br />

„Damit der Freiwillige am meisten lernen kann,<br />

sollte es so sein, dass er am meisten in das Team<br />

[des Aufnahmeprojektes] integriert ist. Aber<br />

dann entsteht das Problem der Arbeitsplatzsubstitution<br />

– das ist der Widerspruch.”<br />

Es tritt darüber hinaus eine gewisse Unsicherheit<br />

in der „korrekten” Anwendung des Prinzips<br />

zu Tage. Zumindest ein anderer befragter<br />

Träger orientiert sich stattdessen gerade<br />

„an dem, was im anerkannten Bereich – Zivildienstleistende,<br />

Freiwilliges Soziales Jahr – gemacht<br />

wird.”<br />

Im engen Zusammenhang mit den Ungereimtheiten,<br />

die die Forderung der „Zusätzlichkeit”<br />

nach sich zieht, steht der gesellschaftspolitische<br />

Stellenwert des EFD, der von einigen Trägern<br />

als weitgehend uneinheitlich und unklar bewertet<br />

wird, was sich auf die „Attraktivität” des<br />

EFD aus Sicht der Freiwilligen auswirkt, da<br />

über die „Verwertbarkeit” oder „Anerkennung”<br />

des EFD keinerlei verbindliche Aussagen<br />

von Seiten der EU-Kommission gemacht werden.<br />

Ein anderer Gesprächspartner sieht die „Zusätzlichkeit”<br />

vor allem in einer zusätzlichen<br />

inhaltlichen Dimension des Handelns, die nur<br />

der oder die Freiwillige mitbringen kann:<br />

„Freiwillige verrichten natürlich auch Arbeiten,<br />

die professionelle Kräfte tun, aber sie tun es nicht<br />

professionell. Dass die [Freiwilligen] mal bei der<br />

Pflege oder beim Essen oder bei den Kindern<br />

oder wo auch immer helfen, ist völlig klar, sonst<br />

bekommen sie ja nicht den Kontakt. Aber das ist<br />

nicht ihre Hauptaufgabe. Sondern die Hauptaufgabe<br />

ist, eben zusätzlich als Freiwillige mit<br />

den Qualitäten, die sie haben – dass sie Ausländer<br />

sind, dass sie aus einem anderen Kulturkreis<br />

kommen –, [ihren Beitrag] mit einbringen zu<br />

können.”<br />

87 siehe unten, S. 127<br />

88 Für das Kriterium der „Zusätzlichkeit” liegen unterschiedlich<br />

nuancierte Definitionen vor. Im Benutzerhandbuch heißt es unter<br />

anderem: „Es ist nicht erlaubt, im Rahmen des [EFD] Freiwillige einzusetzen,<br />

um bezahlte Mitarbeiter zu ersetzen. Die Organisationen<br />

haben sich an die in ihrem Land geltenden Bestimmungen zu halten.<br />

Besondere Beachtung mit Blick auf die diesbezüglichen rechtlichen<br />

Bestimmungen verdienen folgende Punkte: a) Sind die Aktivitäten<br />

der jungen Freiwilligen von Nutzen für die aufnehmende<br />

Körperschaft? (Helfen sie beispielsweise, neue Initiativen einzuleiten<br />

oder bestehende weiterzuentwickeln?), und b) Sind es Aktivitäten,<br />

die nicht nur die Arbeitsbelastung des vorhandenen Personals<br />

verringern? (etwa tägliche Aktivitäten in Krankenhäusern, Kindergärten,<br />

Privathäusern, usw.)” (Benutzerhandbuch, S. 55)<br />

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