Download - JUGEND für Europa
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8 Lernprozesse und Kompetenzerwerb aus Sicht der Entsendeorganisationen<br />
„Sechs oder zwölf Monate sind ein großer<br />
Unterschied. Wir ermuntern die Freiwilligen zu<br />
einem längeren Aufenthalt. Die wesentliche Erfahrung<br />
der ersten sechs Monate ist: Zurechtfinden,<br />
Verstehen, Rezeption. Nach zwölf Monaten<br />
kommt es zu ganz anderen, differenzierteren<br />
Lernprozessen: Wesen und Ziele der Einrichtung,<br />
Aufträge der Projekte, das Verständnis<br />
von Detailaktivitäten, aktiv teilnehmen können,<br />
sich qualifizieren, sein Ich einbringen.<br />
Nach sechs Monaten steigt auch das Selbstbewusstsein,<br />
und es kommt zu einer realistischen<br />
Einschätzung der eigenen und der Möglichkeiten<br />
des Projekts.”<br />
„Ein halbes Jahr ist zu kurz. Es geht auch darum,<br />
dass die Freiwilligen nicht nur Touristen in<br />
den Einrichtungen sind. Das halte ich – im Sinne<br />
einer eigenen Bestätigung [für die Freiwilligen]<br />
– vom Konzept her für notwendig: Sie müssen<br />
etwas Eigenes leisten können.”<br />
„Es gibt da einen Zusammenhang, aber irgendwann<br />
ist die Plateauphase erreicht. Ein Jahr ist<br />
eine gute Zeit, um in ein anderes kulturelles<br />
Umfeld und eine Aufgabe hineinzuwachsen.”<br />
„Ein halbes Jahr Einsatzzeit ist zu kurz. Erst bei<br />
einer längeren Einsatzdauer würden sich die<br />
Kontakte [im Einsatzland] verfestigen.”<br />
Für manche der befragten Entsendeorganisationen<br />
ist gerade die maximale Projektdauer von<br />
zwölf Monaten ein wesentlicher Grund für die<br />
Teilnahme am EFD-Programm. Sie begründen<br />
dies damit, dass es ihnen auf diesem Weg möglich<br />
ist, einen wesentlich „lernintensiveren”<br />
Freiwilligendienst anzubieten, als es bisher in<br />
ihren Einrichtungen möglich war.<br />
Außer der absoluten Dauer des Einsatzes vor<br />
Ort sind für einige Träger auch die Zahl und Anordnung<br />
der einzelnen Programmphasen wichtig.<br />
So hält es eine Gesprächspartnerin für erforderlich,<br />
die Zeitabläufe des Projekts so zu organisieren,<br />
dass das Vorbereitungsseminar mindestens<br />
vier Monate vor Einsatzbeginn liegt, um<br />
den Freiwilligen ausreichend Zeit für die individuelle<br />
Vorbereitung – als Voraussetzung für gelungene<br />
Lernprozesse später – zu geben.<br />
Einige Gesprächspartner weisen außerdem in<br />
diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine zutreffende<br />
Bewertung der Bildungsprozesse und<br />
des Kompetenzerwerbs unmittelbar nach Beendigung<br />
des Einsatzes nicht möglich ist:<br />
„Die Freiwilligen sind bei dem Auswertungsseminar<br />
noch gewissermaßen in einem ‚Zwischenraum‘.<br />
Aber die Erfahrung wirkt auch nach drei,<br />
vier Jahren noch nach. Die langfristigen Wirkungen<br />
sind erst nach sieben Jahren zu sehen.”<br />
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Nuanciert unterschiedliche Auffassungen gibt<br />
es eher über die Konsequenzen, die Gesamtkonzeption<br />
des EFD betreffend, die aus dieser<br />
Beobachtung zu ziehen sind:<br />
„Für das Angebot selbst wird eine nicht zu lange<br />
Dauer ein Vorteil sein. Für die Erfahrungen<br />
[der Freiwilligen selbst] spielt die Länge der Einsatzzeit<br />
eine ganz enorme Rolle. Wenn es wirklich<br />
um Veränderungen geht, würde ich dafür<br />
plädieren, dass auch ängstliche Leute darauf eingehen<br />
können – aber die Möglichkeit der Verlängerung<br />
anbieten.”<br />
„Ein längerer Einsatz würde vielleicht vor allem<br />
die sprachliche Kompetenz der Freiwilligen erhöhen.<br />
Das kann man aber nicht pauschalieren,<br />
auch sechs Monate sind für manche Freiwilligen<br />
ausreichend.”<br />
Begleitende Seminare sollen helfen, die EFD-Erfahrungen zu verarbeiten, Kontakte unter den Freiwilligen<br />
herzustellen und Perspektiven für die Zeit nach dem EFD zu entwickeln. Estelle hat über ihre<br />
Teilnahme am Zwischentreffen gute Kontakte zu Freiwilligen in Weimar hergestellt. So wurden gegenseitige<br />
Besuche am Wochenende<br />
immer wieder möglich. „Obwohl<br />
ich mich in Essen sehr aufgehoben<br />
gefühlt habe, bin ich<br />
doch auch gerne nach Erfurt zu<br />
meinen neuen Freunden gereist,<br />
auch weil ich Ostdeutschland<br />
kennen lernen wollte.“