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7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse der TeilnehmerInnenbefragung<br />
40<br />
Auf den ersten Blick scheint es, dass sich all diese<br />
genannten Sachverhalte ebenso den anderen<br />
Kategorien zuordnen ließen, wie etwa das<br />
„Durchsetzen in der Einsatzstelle” der Autonomie.<br />
Hier spielt nun aber sehr stark die Perspektive<br />
eine Rolle, aus der die Befragten den<br />
Kontext setzen:<br />
„Ich habe gelernt, offener auf Menschen zuzugehen,<br />
selbst die Initiative zu ergreifen und<br />
nicht darauf zu warten, dass andere den ersten<br />
Schritt tun.” (039)<br />
Der reine Inhaltsaspekt desselben Sachverhaltes<br />
„Offener auf Menschen zugehen können” kann<br />
jeweils in einen anderen Kontext gerahmt sein<br />
und sich zum einen auf eine persönlichkeitsbildende,<br />
zum anderen auf eine sozialintegrative<br />
Fähigkeit beziehen. In diesem Fall wird deutlich,<br />
dass ein aktives Zugehen auf andere Menschen<br />
gemeint ist und selbst die Initiative dazu<br />
ergriffen wird. Diese extrovertierte Haltung, die<br />
den Blick nicht so sehr auf das eigene Lebensgefühl<br />
richtet – wie im Fall der persönlichkeitsbildenden<br />
Kompetenzen – definiert diese Kategorie<br />
als eine sozialintegrative kommunikative Fähigkeit.<br />
7.1.2.2 Toleranz<br />
Ähnlich wie unter „Horizonterweiterung” wird<br />
auch diese Realkategorie zumeist wörtlich benannt,<br />
entweder allgemein „mehr Toleranz”<br />
oder auf Andersartiges und fremde Kulturen<br />
bezogen:<br />
„Ich bin toleranter geworden gegenüber Andersartigem/Fremdem.”<br />
(113)<br />
Hierbei handelt es sich um eine alltagssprachliche<br />
Kategorie, die sich selbst erklärt und eindeutig<br />
von den Freiwilligen benannt wird, ohne<br />
dass es eines Interpretationsschrittes bedarf. In<br />
den Antworten lässt sich erkennen, dass sie<br />
fremdkulturelle Muster als solche wahrnehmen<br />
und ihnen mit Toleranz und Akzeptanz begegnen<br />
können, selbst wenn diese den eigenen Auffassungen<br />
„völlig widerstreben”:<br />
„Ich bin toleranter geworden, was andere kulturelle<br />
Gewohnheiten betrifft, auch wenn sie meinen<br />
Auffassungen völlig widerstreben.”<br />
In jedem Fall wird deutlich, dass sie gelernt haben,<br />
mehr Verständnis und Respekt für fremdkulturelle<br />
Muster zu entwickeln und ihnen vorurteilsfreier<br />
und unvoreingenommener zu begegnen.<br />
Eine Teilnehmerin gibt an, dass sie<br />
durch die Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse<br />
bestehende Vorurteile gegenüber anderen Kulturen<br />
abbauen möchte.<br />
7.1.2.3 Empathie<br />
Im Unterschied zur Toleranz, bei der es vorwiegend<br />
um das Akzeptieren und „So-sein-lassen-<br />
Können” anderer Deutungsmuster geht, steht<br />
hier die Fähigkeit im Vordergrund, sich in die<br />
Sinnwelt anderer hineinversetzen und „nachfühlen”<br />
zu können. Die TeilnehmerInnen geben<br />
an, „sensibler im Umgang mit anderen Menschen”<br />
geworden zu sein, gelernt zu haben, sich<br />
in deren Perspektive hineinzuversetzen, und ein<br />
„Feingefühl für die Bedürfnisse anderer Menschen”<br />
entwickelt zu haben:<br />
„Bevor ich aburteile, mach’ ich mir Gedanken,<br />
ob ich überhaupt dieses Recht besitze oder ob<br />
Person A., die sich meiner Meinung nach Sch...<br />
verhält, nicht vielleicht doch Gründe hat, sich so<br />
oder so zu verhalten – bin in meiner Beurteilung<br />
über andere sehr vorsichtig und auch kritisch geworden,<br />
denn ein jeder hat seine eigene Geschichte.”<br />
(247)<br />
Etwa die Hälfte der hierunter zusammengefassten<br />
Antworten bezieht sich auf eine empathische<br />
Haltung gegenüber der jeweiligen Klientel<br />
der Einsatzstelle, wie beispielsweise behinderte<br />
oder alte Menschen:<br />
„Ich gehe ganz anders, viel offener mit alten<br />
Menschen und Kranken um.” (005)<br />
„... Außerdem fällt es mir nun leichter, mit behinderten<br />
und psychisch oder physisch kranken<br />
Menschen umzugehen und sie ‚normal‘ zu behandeln.”<br />
(261)<br />
Beide Antwortmöglichkeiten befinden sich in<br />
dieser Kategorie, sowohl die geäußerte Kompetenz,<br />
sich allgemein in die Sinnwelt anderer<br />
Menschen hineinversetzen zu können, als auch<br />
in Bezug auf ein bestimmtes Klientel.<br />
7.1.2.4 Interkulturelles Lernen<br />
Diese letzte der sozialintegrativen Kategorien<br />
enthält solche Aussagen, die die Fähigkeit bezeichnen,<br />
sich verstehend und kooperierend auf<br />
andere Orientierungen und Deutungsmuster<br />
des Gastlandes einzulassen und gegebenenfalls<br />
die eigenen zu relativieren und zu hinterfragen.<br />
Die TeilnehmerInnen haben das Land und seine<br />
Menschen „lieben gelernt” und ein Interesse<br />
daran, das gewonnene Verständnis weiter zu<br />
vertiefen:<br />
„Ich habe Italien und seine Menschen lieben gelernt.<br />
Überhaupt habe ich durch mein Projekt<br />
sehr viele Menschen aller möglichen (europäischen)<br />
Kulturen kennen gelernt und nie zuvor so<br />
viel aktiv über das Leben und Denken anderer<br />
Völker. Die Lust, dieses Verständnis zu vertiefen,<br />
setzt sich in meinem Studium und in meiner<br />
Freizeitgestaltung fort.” (024)