Download - JUGEND für Europa
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7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse der TeilnehmerInnenbefragung<br />
38<br />
7.1.1.2 Persönliche Reife<br />
Geht es bei der vorherigen Kategorie „Autonomie”<br />
vorwiegend um den Aufbau einer eigenen,<br />
autonomen Identität, so steht bei der Kategorie<br />
„Persönliche Reife” die Problematik im Vordergrund,<br />
mit den eigenen Stärken und Schwächen<br />
umzugehen, sie zu erkennen und akzeptieren zu<br />
lernen. Die Befragten geben an, „reifer und erwachsener”<br />
geworden zu sein, mehr über sich<br />
selbst erfahren und sich selbst besser kennen<br />
gelernt zu haben. Es sind hier Aussagen subsumiert,<br />
die sich für die Jugendlichen als Zugewinn<br />
persönlicher Reife interpretieren lassen, da<br />
eine Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen<br />
und Lebenszielen und dem eigenen Ich<br />
stattfindet: „Wer ich bin und was ich überhaupt<br />
will”.<br />
„Während des EFD habe ich viel über mich<br />
nachgedacht. Wer ich bin und was ich überhaupt<br />
will.” (003)<br />
„Persönliche Weiterentwicklung ..., größeres<br />
Einschätzungsvermögen von Stärken und<br />
Schwächen wird in Krisen, bei Sozialkontakten<br />
und allen Entscheidungen helfen”. (072)<br />
Wesentliches Merkmal dieser Kategorie ist die<br />
persönliche Integrität, die Entwicklung eines<br />
Selbst-Konzeptes, welches die verschiedenen<br />
Aspekte der eigenen Persönlichkeit zueinander<br />
in Beziehung setzt und integriert. Nur wer ein<br />
solches Selbst-Konzept von sich besitzt, kann<br />
sich auch von seiner Umwelt abgrenzen und<br />
sich auf dieser Basis neu zu ihr in Beziehung setzen.<br />
Insofern bildet diese Kompetenz eine komplementäre<br />
Ergänzung zur Autonomie, bei der<br />
die Willensstärke dazu führt, Schwieriges zu leisten<br />
und auch durchzuhalten; hier werden die<br />
eigenen Möglichkeiten und Grenzen erkannt.<br />
Im folgenden Zitat wird deutlich, wie eine Teilnehmerin<br />
gelernt hat, auf ihre eigenen Gefühle<br />
zu hören und diese wichtig zu nehmen, aber<br />
auch andere Menschen um Hilfe zu bitten,<br />
wenn die eigenen Möglichkeiten einmal nicht<br />
ausreichen. Diese Erkenntnis, nicht alles allein<br />
bewältigen zu müssen, und sich einzugestehen,<br />
dass es völlig legitim ist, sich auch einmal Hilfe<br />
zu organisieren, relativiert die Autonomie und<br />
lässt persönliche Reife erkennen:<br />
„Ich habe gelernt, mich mehr zu öffnen und andere<br />
Menschen um Hilfe zu bitten. Mir ist stärker<br />
bewusst, dass ich nicht alles allein schaffen<br />
muss. Außerdem habe ich gelernt, mehr auf meine<br />
eigenen Gefühle zu hören und meine eigenen<br />
Bedürfnisse wichtig zu nehmen.” (245)<br />
Bei diesen und ähnlichen Äußerungen wird die<br />
eigene Autonomie keineswegs in Frage gestellt,<br />
sondern lediglich um die Erkenntnis bereichert,<br />
sich gegebenenfalls helfen lassen zu dürfen:<br />
„Probleme mit anderen zu teilen und sich auch<br />
helfen zu lassen.” (226)<br />
Die Begleitung und Betreuung der Freiwilligen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Projekt<br />
scheint ganz entscheidend zu sein, wenn es darum geht, den EFD als wichtige Lern- und Erfahrungszeit<br />
zu empfinden. „So viel Betreuung wie nötig, so wenig wie möglich“ nach diesem Motto handelte der<br />
Tutor von Estelle, Gregor Stratmann, von der Sport Jugend Essen. Und er scheint damit genau richtig<br />
gelegen zu haben, denn Estelle<br />
fühlte sich gut betreut. Nicht<br />
zuletzt, weil sich auch im weiteren<br />
Kollegenkreis sowie in<br />
ihrer Unterkunft, im Studentenwohnheim,<br />
vielfältige Kontakte<br />
ergeben hatten.<br />
Ebenfalls als Ausdruck persönlicher Reife sind<br />
Äußerungen über die Klärung beruflicher Ziele<br />
zu verstehen, wie zum Beispiel „Ich habe erkannt,<br />
dass ich eine soziale Tätigkeit nicht mein<br />
ganzes Leben lang machen könnte”, insoweit<br />
auch hier aus der konkreten EFD-Praxis heraus<br />
eigene Grenzen sichtbar werden. Aus dem Gesamtkontext<br />
wird dabei deutlich, dass es sich<br />
nicht um Entmutigungsprozesse handelt. So<br />
komplettieren einige der Befragten derartige<br />
„negative” berufliche Klärungen mit dem Zusatz,<br />
in diesem Bereich künftig ehrenamtlich tätig<br />
werden zu wollen. Diese Äußerungen über<br />
berufliche Klärungen werden jedoch weiter unten<br />
(Kapitel 7.1.4) bei den beruflichen Qualifikationen<br />
behandelt und sind auch dort zugeordnet.