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8 Lernprozesse und Kompetenzerwerb aus Sicht der Entsendeorganisationen<br />
58<br />
Hintergrund abgelehnter Interessenten für den<br />
EFD. Und schließlich sind drittens für die Träger<br />
möglicherweise auch noch andere Bildungsund<br />
Lernprozesse wichtig als die, die in der statistischen<br />
Analyse ins Auge gefasst wurden. Ob<br />
zum Beispiel ein Freiwilliger sich in einer kirchlichen<br />
EFD-Organisation im christlichen Glauben<br />
festigen kann, hängt nicht zuletzt mit seiner<br />
religiösen Erfahrung vor dem Dienst zusammen,<br />
jedoch ist weder die Glaubensfestigung<br />
auf der Seite der Variablen für Lern- und Bildungsprozesse<br />
noch die entsprechende Vorerfahrung<br />
auf der Seite der Bedingungsfaktoren in<br />
die Untersuchung mit aufgenommen worden.<br />
Ein anderer Teil der für die Lernprozesse relevanten<br />
Faktoren, und um diesen Bereich vor<br />
allem geht es in diesem Kapitel, liegt als „Umgebungsvariablen”<br />
außerhalb der Person der<br />
Freiwilligen: auf der Ebene der Einsatzstelle,<br />
der Entsende- beziehungsweise Aufnahmeorganisation<br />
oder auf der Ebene der Programmarchitektur.<br />
In stark vereinfachter Darstellung<br />
ergibt sich die in der folgenden Abbildung dargestellte<br />
Struktur.<br />
Wie in der Abbildung ersichtlich, ist die Ebene<br />
der Entsende- und Aufnahmeorganisationen zu<br />
unterscheiden von der Ebene des konkreten<br />
Projektumfeldes, also der Einsatzstelle beziehungsweise<br />
dem Aufnahmeprojekt 70 .<br />
sofern sie nicht mit der Einsatzstelle beziehungsweise<br />
dem Aufnahmeprojekt identisch<br />
sind, und die Ebene der Programmarchitektur<br />
können auf Grund der erhobenen Daten nur<br />
wenig Bezüge zu den Ergebnissen der Trägerbefragung<br />
hergestellt werden. Die einzelnen Elemente<br />
in der obigen Abbildung werden im<br />
folgenden dargestellt und erörtert, und zwar in<br />
„umgekehrter” Reihenfolge: vom Besonderen –<br />
von den Trägern beobachtete Lernprozesse der<br />
Freiwilligen – zum Allgemeinen und zunehmend<br />
Abstrakten – Umgebungsvariablen von<br />
Projekt und Entsendeorganisation bis hin zu<br />
europäischen Programmvorgaben (siehe die zusammenfassende<br />
Übersicht der angesprochenen<br />
Parameter und eine Modellierung der vermuteten<br />
Interaktionsprozesse in Abbildung 25 am<br />
Ende von Kapitel 8).<br />
8.3.1 Allgemeine Bewertung der<br />
Bildungs- und Lernprozesse im EFD<br />
Ausnahmslos alle Gesprächspartner berichten,<br />
dass nach ihrer Wahrnehmung der EFD vor allem<br />
ein sehr effektives Bildungsprogramm für<br />
die Freiwilligen ist und deshalb die in den EFD<br />
gesetzten pädagogischen Erwartungen weitgehend<br />
erfüllt. Aussagen der Gesprächspartner<br />
über weitergehende, insbesondere auch langfristige<br />
Wirkungen – etwa die Auswirkungen auf<br />
die Chancen ehemaliger Freiwilliger auf dem<br />
Arbeitsmarkt – sind selten und basieren in den<br />
meisten Fällen auf Annahmen; sie sind daher<br />
hier nur teilweise vertiefend dargestellt.<br />
Freiwillige<br />
Projektumfeld,<br />
Einsatzstelle/Aufnahmeprojekt<br />
Entsende-/<br />
Aufnahmeorganisationen<br />
EFD-<br />
Programmdesign,<br />
Förderrichtlinien,<br />
Förderpraxis,<br />
Monitoring<br />
Die Gesprächspartner bestätigen, dass nahezu<br />
alle Jugendlichen „etwas lernen”, „etwas mitnehmen”,<br />
„sich verändern”, wenn auch mit<br />
unterschiedlichen Akzenten und unterschiedlich<br />
stark. Die Zahl der Ausnahmen, der total<br />
gescheiterten oder blockierten Bildungsprozesse<br />
dürfte danach gering sein, was in gewisser<br />
Weise durch die relativ niedrige Abbrecherquote<br />
des Programms unterstrichen wird. 71<br />
Nur ganz vereinzelt wird ein Einsatz beendet,<br />
ohne dass es zu persönlichkeitsverändernden<br />
Bildungsprozessen der Freiwilligen kommt:<br />
Abb. 22: Bedingungsfaktoren der Lernprozesse im EFD<br />
Viele der von den Trägern geäußerten Ansichten<br />
zu den Einsatzstellen bestätigen die Ergebnisse<br />
der TeilnehmerInnenbefragung. Für die Ebene<br />
der Entsende- und Aufnahmeorganisationen,<br />
70 Einsatzstelle und Aufnahmeprojekt sind bedeutungsgleich verwendete<br />
Begriffe. Die Aufnahmeorganisation kann in der Praxis<br />
identisch mit der Einsatzstelle beziehungsweise dem Aufnahmeprojekt<br />
sein, es kann sich aber auch um eine die Freiwilligen an andere<br />
Einsatzstellen/Aufnahmeprojekte weitervermittelnde Organisation<br />
handeln. In den Interviews haben viele Gesprächspartner den<br />
Begriff “Einsatzprojekt“ auch zur Bezeichnung der Einsatzstelle beziehungsweise<br />
des Aufnahmeprojektes verwandt.<br />
„Es gibt allerdings – wenn auch selten – Freiwillige,<br />
die sich überhaupt nicht verändern. Die<br />
sind dann in der Vorbereitungsphase irgendwie<br />
durchgerutscht.”<br />
71 Genaue Zahlen über die Abbruchquote stehen nicht zur Verfügung.<br />
Schätzungsweise etwa 10 Prozent aller Freiwilligen beenden<br />
ihren Dienst vorzeitig, leisten also weniger als sechs Monate Dienst.<br />
Der Abbruch des Freiwilligeneinsatzes ist im Übrigen nicht unbedingt<br />
identisch mit dem Scheitern von Lernprozessen, sondern kann<br />
ganz andere Ursachen und Bedingungsfaktoren haben. Dieser Problemkreis<br />
wurde nicht untersucht.