15.03.2014 Aufrufe

Download - JUGEND für Europa

Download - JUGEND für Europa

Download - JUGEND für Europa

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse der TeilnehmerInnenbefragung<br />

Häufig wird berichtet, dass das Interesse, Menschen<br />

verschiedener Kulturen kennen zu lernen,<br />

gewachsen ist und sich die eigene Faszination<br />

für das Gastland und die Mentalität seiner BewohnerInnen<br />

noch verstärkt hat. In einigen Fällen<br />

ist dies selbst dann noch der Fall, wenn die<br />

Tätigkeit in der Einsatzstelle als „stupide und<br />

monoton” erlebt wurde, da sie keinerlei Raum<br />

für Kreativität und Eigeninitiative zuließ und einem<br />

ausbeuterischen, „unterbezahlten Arbeitsverhältnis”<br />

glich. Die Faszination für das Land<br />

und seine Menschen wird selbst durch derartige<br />

sehr unbefriedigende Arbeitsbedingungen, die<br />

jedoch immerhin einem guten Zweck dienen,<br />

nicht getrübt:<br />

„Persönlich hat der Aufenthalt in Großbritannien<br />

meine Faszination für dieses Land nur noch<br />

verstärkt, Lebensstil, Umgangsformen, Sprache,<br />

Mentalität... Das liegt sicher auch daran, dass<br />

der ‚Job‘ nur noch drittrangig war, sobald ich realisiert<br />

hatte, wie monoton und stupide er war,<br />

und dass er keinerlei Kreativität und Eigeninitiative<br />

zulässt, sondern einem unterbezahlten Arbeitsverhältnis<br />

gleicht – allerdings zum guten<br />

Zweck. Dafür rückten alle anderen Aspekte in<br />

den Vordergrund, mit dem Ergebnis, dass mich<br />

dieses Land nicht mehr loslässt. Klingt pathetisch,<br />

ist aber so.” (019)<br />

Aus ihrem Erleben, selbst eine längere Zeit als<br />

AusländerInnen in einem Gastland gelebt zu<br />

haben, gewinnen die Befragten ein neues Verständnis<br />

für Schwierigkeiten und Probleme in<br />

Deutschland lebender AusländerInnen:<br />

„Ich habe ein besseres Verständnis für Ausländer<br />

als vorher, da ich ja selbst so lange Ausländerin<br />

war.” (059)<br />

„Ich habe mehr Verständnis für Schwierigkeiten<br />

von Ausländern in Deutschland”. (042)<br />

„Zum einen habe ich die wunderbare Erfahrung<br />

gemacht, wie schwierig es ist, sich im Alltagsleben<br />

eines Landes, dessen Sprache man nicht<br />

spricht, durchzuschlagen, was einen großen Respekt<br />

gegenüber Immigranten und Flüchtlingen<br />

hervorruft.” (231)<br />

Einige TeilnehmerInnen berichten, ihr eigenes<br />

Heimatland und ihre eigene Nationalität („dass<br />

ich deutsch bin”) mehr schätzen gelernt zu haben.<br />

Durch den Auslandsaufenthalt kommt es<br />

bei einigen zu Akzeptanz und Wertschätzung<br />

der eigenen Nationalität.<br />

Es sind hier ebenfalls Aussagen zugeordnet, die<br />

beschreiben, eine Reiselust habe sich verstärkt,<br />

ein „Fernweh” oder „Reisedrang” sei geweckt<br />

beziehungsweise verstärkt worden, um neue<br />

Kulturen zu entdecken.<br />

Lediglich in einem Fall führten die Erfahrungen<br />

im Gastland Italien zu einem Verlust der Akzeptanz<br />

der fremdkulturellen Muster einer anderen<br />

Gesellschaft:<br />

„Ich habe viel Respekt der sizilianischen Gesellschaft<br />

gegenüber verloren.” (096)<br />

Eine Begründung wurde hierfür nicht angegeben.<br />

Aus dem Kontext mit anderen Fragen lassen<br />

sich jedoch Hinweise darauf finden, dass<br />

diese Freiwillige in jeder Hinsicht (Projekt,<br />

Gastfamilie und mangelnde Unterstützung der<br />

Hauptorganisation) ungünstige Bedingungen<br />

im Gastland vorgefunden hat:<br />

„Das angegebene Projekt war quasi nicht existent,<br />

die Familie, in der ich gelebt habe, war<br />

komplett wahnsinnig, und die Unterstützung<br />

der Hauptorganisation war sehr schwach.”<br />

Als Konsequenz gibt diese Teilnehmerin an, sie<br />

sei „härter” geworden und viel weniger gewillt,<br />

in Situationen, in denen es ihr schlecht geht, „zu<br />

verharren beziehungsweise diese auszuhalten”.<br />

Durch die Ablehnung der Identifikation mit<br />

den negativ erlebten Elementen der fremden<br />

sizilianischen Kultur kommt es zu einer bewussten<br />

Stärkung der eigenen Kultur und keineswegs<br />

zu einer Verunsicherung und Orientierungslosigkeit<br />

dieser Freiwilligen.<br />

Das verbindende Muster der vier Kategorien,<br />

die dem Kontext der sozialintegrativen Kompetenzen<br />

zuzuordnen sind, besteht darin, dass hier<br />

durch Umgang und Austausch mit anderen<br />

Menschen im Gastland eine differenziertere<br />

Selbstwahrnehmung und eine Vertrautheit mit<br />

einer Vielzahl unterschiedlicher kultureller<br />

Deutungsmuster und Perspektiven ermöglicht<br />

werden.<br />

7.1.3 Vergleichende Bewertung des<br />

Kompetenzgewinns in den Dimensionen<br />

„persönlichkeitsbildend” und „sozialintegrativ”<br />

Die offene Frage nach den Auswirkungen des<br />

Freiwilligendienstes auf das weitere Leben wurde<br />

im Fragebogen nach den Dimensionen „persönlich”<br />

und „beruflich” untergliedert; diese<br />

Untergliederung wurde von den Befragten problemlos<br />

akzeptiert und als Strukturierungshilfe<br />

genutzt, wobei sich die Angaben über die bislang<br />

diskutierten Kompetenzen ausschließlich<br />

auf Antworten beziehen, die unter der Rubrik<br />

„persönlich” vermerkt waren. In der folgenden<br />

Tabelle werden die Häufigkeitsangaben dieser<br />

nach „persönlichkeitsbildenden” und „sozialintegrativen”<br />

Bereichen zusammengefassten<br />

Kompetenzen deutlich.<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!