Download - JUGEND für Europa
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7 Qualitative Analysen zu Auswirkungen des Dienstes und zum Kompetenzerwerb im Verlaufe des Dienstes – Ergebnisse der TeilnehmerInnenbefragung<br />
Oder anders gesagt: Die defizitäre Struktur der<br />
hier analysierten Aussagen verdankt sich weniger<br />
einer defizitären Persönlichkeitsstruktur der<br />
Befragten, sondern vielmehr einer von den Befragten<br />
als zentralisiert, bürgerfern und hochgradig<br />
bürokratisiert erfahrenen europäischen<br />
Politik. Genau diesem realen politischen Defizit<br />
sollen die Jugendaustauschprogramme ja auch<br />
entgegenarbeiten.<br />
Kategorie 2: Unverbundenheit<br />
Auch die dieser Kategorie zugeordneten Antworten<br />
beziehen sich in abstrakter Weise auf<br />
Begriffe wie „Europäische Integration”, „<strong>Europa</strong>”,<br />
„Europäisches Bewusstsein” etc., konfrontieren<br />
diese dann aber zumindest mit den von<br />
den TeilnehmerInnen im EFD gemachten Erfahrungen.<br />
Dies führt dabei allerdings typischerweise<br />
nicht zu einer Konkretisierung des<br />
Verständnisses der „Europäischen Dimension”.<br />
Vielmehr bleibt diese entweder der letztendlich<br />
unhinterfragte Maßstab, an dem das Erleben im<br />
Ausland gemessen wird, oder aber beide semantischen<br />
Ebenen bleiben unverknüpft nebeneinander<br />
stehen:<br />
„Ich habe erkannt, dass die englische Gesellschaft<br />
sich weit mehr von der deutschen unterscheidet<br />
als erwartet. Darüber hinaus wurde mir<br />
des Öfteren völlige Ablehnung seitens der EU<br />
entgegengebracht. Fazit: größere Schwierigkeiten<br />
bei der europäischen Integration als erwartet.”<br />
In dieser Aussage wird die Unverbundenheit<br />
von abstrakter Klischeebildung und eigener Erfahrung<br />
sichtbar. Wird zunächst auf das Erleben<br />
der kulturellen Unterschiede zwischen Gastund<br />
Heimatland Bezug genommen, so wird dieser<br />
Bezugspunkt dann aber nicht, wie in vielen<br />
anderen Antworten, im Sinne eines interkulturellen<br />
Lernschrittes weiterentwickelt. Vielmehr<br />
schließt sich eine weitere eigene Erfahrung (vermutlich<br />
mit der EFD-Administration) im Sinne<br />
einer bloßen Aufzählung an.<br />
Das dann gezogene „Fazit” bezieht sich wiederum<br />
im abstrakt-klischeehaften Sinne auf den<br />
Topos „Europäische Integration”, ergibt sich<br />
also keineswegs, wie der Ausruck „Fazit” an<br />
sich ja suggeriert, aus einer reflexiven Auseinander-<br />
und Inbezugsetzung der beiden aufgelisteten<br />
Erfahrungen, sondern bildet neben diesen<br />
ein weiteres, drittes, unverbundenes Element.<br />
Die „Problematisierung” der europäischen Integration<br />
verbleibt demzufolge auf der reinen<br />
Inhaltsebene, während die Begründungsstruktur<br />
der Antwort keinen reflexiven Lernschritt<br />
im Sinne politischer Bildung erkennen lässt.<br />
Diese bloße Kontrastierung unverbunden bleibender<br />
Elemente ist typisch für die in dieser Kategorie<br />
rubrizierten Antworten.<br />
Kategorie 3: Ausweichen<br />
Die hier zusammengefassten Aussagen beziehen<br />
sich unmittelbar auf das im Gastland konkret<br />
Erlebte, ohne dabei ein abstraktes Verständnis<br />
von europäischer Integration als Maßstab<br />
zu setzen, wobei sie inhaltlich auf<br />
Bedeutungskomponenten interkulturellen Lernens<br />
Bezug nehmen und damit als Antwortmöglichkeit<br />
auf die gestellte Frage eigentlich das<br />
Thema verfehlt haben:<br />
„Ich freue mich noch mehr, dass bald alles einfacher<br />
wird (Arbeiten im Ausland).” (064)<br />
„Ich gehe mehr auf Fremde zu und interessiere<br />
mich mehr für Sprachen.” (254)<br />
Während im letztgenannten Zitat überhaupt<br />
kein Bezug zur Fragestellung sichtbar wird,<br />
wird im ersten das Ausweichen vor der inhaltlichen<br />
Auseinandersetzung mit der europäischen<br />
Integration sichtbar: Die Aussage „dass<br />
bald alles einfacher wird” zeugt zum einen von<br />
einer wenig differenzierten inhaltlichen Auseinandersetzung<br />
mit der europäischen Thematik<br />
und scheut zum anderen mit dem Begriff „alles”<br />
deutlich vor der Verwendung des Topos „Europäische<br />
Integration” zurück.<br />
Reflexion: Nur in den dieser Kategorie zugeordneten<br />
Antworten lässt sich eine durch den<br />
Freiwilligendienst (mit)bedingte reflexive Auseinandersetzung<br />
mit dem Topos „Europäische<br />
Integration” erkennen. Da es sich somit um<br />
einen Kompetenzerwerb im Bereich politischer<br />
Bildung handelt, wurde die Darstellung der hier<br />
gewonnenen Erkenntnisse bereits im Kapitel<br />
zum Kompetenzerwerb geleistet und soll an<br />
dieser Stelle nicht noch einmal wiederholt werden.<br />
Die folgende Tabelle gibt Auskunft über Auswertungsstrategie<br />
und Häufigkeitsverteilung<br />
der Nennungen im Hinblick auf die Frage nach<br />
EFD-bedingten Einstellungsveränderungen<br />
zum Topos „Europäische Integration”.<br />
Kognitive Dimension: Begründungsstruktur<br />
Inhaltsaspekt: Akzeptanz der Europäischen Integration<br />
51<br />
Abstraktion Unverbundenheit Ausweichen<br />
Zustimmend (+) 38 5 18<br />
Differenzierend (d) 19 17 7<br />
Ablehnend (-) 2 3 –<br />
Reflexion: 19 ∑: 128<br />
Tab. 7: Einstellungen zur europäischen Integration 64 Häufigkeiten in absoluten Zahlen<br />
64 Die Gesamtzahl der Nennungen betrug 128; Doppelcodierungen<br />
waren möglich. Geantwortet haben insgesamt 123 Personen.